Pfefferbeißer - Harz Krimi
ihm vor der Wahl finanziell das Wasser bis zum Hals stand,
hatte ihn de Groot nicht hängen lassen, hatte mit Schwarzgeldern seine
Wahlkasse aufgebessert. Und er wusste, was er tat. Sandrock war eine gute Bank.
Irgendwann würde der Tag kommen, an dem er seine Schulden plus Zinsen
zurückzahlte.
»Hör auf damit, Geert. Hauke ist tot und mit ihm seine Erpressungsversuche«,
sagte er jetzt in den Hörer, aber weniger, weil er davon überzeugt war, sondern
mehr, um sich selbst zu beruhigen.
»Ich frage mich, wer der Maulwurf ist«, beharrte Sandrock. »Es muss
eine undichte Stelle geben, die nach wie vor undicht ist …«
Fred de Groot dachte weiter. Nicht nur der Maulwurf blieb
gefährlich, es war auch zu befürchten, dass Hauke noch genug Zeit gehabt hatte,
Minen zu legen. Wenn dem so war, konnten die illegalen Wahlspenden also immer
noch jederzeit auffliegen.
Für Fred gab es nur eine Person, die einen ausreichenden Einblick in
die Schwarzgeldaffäre haben konnte.
»Vielleicht hat der Maulwurf Schnittlauchhaare, ist Anfang vierzig
und sitzt nebenan …«
Sandrock schien zuerst nicht zu verstehen, dann reagierte er fast
empört.
»Du meinst Maren? Ausgeschlossen. Ich kann mich hundertprozentig auf
sie verlassen.«
Fred schwieg, wunderte sich nur, wie naiv Sandrock manchmal war.
Geld machte auch vor Maren Brandstätter, der Sekretärin des OB , nicht halt. Sie hörte überall mit, sie roch überall
hinein. Warum sollte sie ausgerechnet von den illegalen Wahlspenden nichts
gewusst oder zumindest geahnt haben?
»Ich könnte es ihr noch nicht einmal übel nehmen bei dem Gehalt.
Jeder wird irgendwann schwach, kommt nur auf die Höhe des Angebotes an. Dabei
meine ich durchaus auch mich«, sagte Fred mit einem Anflug von Selbstironie und
legte mit einem kurzen harten Lachen auf.
Dann erhob er sich und schaute aus einer der getönten Scheiben. Sein
Blick blieb an einem Reisebus haften, der sich die Okerstraße entlang in
Richtung Oberharz bewegte, und er malte sich die Strecke aus, die der Bus
nehmen würde, vorbei an der schäumenden Oker bis zu ihrem Stausee, der mehrere
Täler füllte, und darüber hinaus, nach Altenau oder bis Torfhaus oder Braunlage
oder weiter in den Osten.
Der Erpresserbrief, den ihm sein Bruder überreicht hatte, als er aus
Leipzig zurückgekommen war, kam unzweifelhaft aus der Ecke der Konkurrenz. Und
der Mitbewerber um die Finanzierung der neuen Fußgängerpassage war die IIT , die International Investment Transfer, die von
Hauke vertreten wurde. Hauke war tot, die erste Gefahr beseitigt. Aber jetzt
sägte Klawitter an Sandrocks Stuhl, um ihn zu beerben. Wenn Hauke vor seinem
Tod sein Wissen an Klawitter weitergegeben hatte, würde der nächste Erpressungsversuch
nicht lange auf sich warten lassen …
Eines war sicher, seine illegalen Wahlspenden an Sandrock durften
auf keinen Fall an die Öffentlichkeit gelangen. Der unausweichliche
Steuerskandal würde den Ruf von De Groot Pharma auf Jahre ruinieren.
Als sein Bruder Henk mit dem Erpresserschreiben in der Hand vor ihm
gestanden hatte, war ihm nichts anderes übrig geblieben, als auszupacken.
»Was hat das zu bedeuten?«, hatte Henk gefragt.
Das hatte zu bedeuten: Fred war aufgeflogen. Er hatte Henk hoch und
heilig versprochen, ihn in alles, was die Firma betraf, einzuweihen. Aber er
hatte auch gewusst, dass Henk nie im Leben mit einer schwarzen Kasse
einverstanden gewesen wäre.
»Ich wollte nicht alles für mich behalten …«, hatte er
gestammelt. »Es geht dabei um unsere Sicherheit, um meine und deine. Man weiß nie, wie die Zeiten werden. Warum sollen wir dem Finanzamt
alles in den Rachen werfen? Wenn wir irgendwann aussteigen, muss es sich für
uns gelohnt haben …«
»Wie viel?«, hatte Henk nur kalt gefragt.
»Drei Millionen.«
Henk hatte geschwiegen, ohne seinen Blick von ihm abzuwenden, aus
dem tiefste Enttäuschung sprach. Das Vertrauen zwischen ihnen war zerbrochen.
Noch nie hatte sich Fred so geschämt wie in diesem Augenblick. Er hatte seinen
Zwillingsbruder hintergangen, und es machte den Anschein, als hätte er ihn
betrügen wollen.
Während Fred de Groot von der Chefetage auf die Straße starrte,
verfluchte er das Geld. Wenn er nur Henks Vertrauen wiedererlangen könnte.
***
Nach der Beerdigung fuhren Sina und Niebuhr ins Präsidium
zurück. Dort wartete ein neuer Bericht auf sie. Der Wagen von Rupert Stör war
auf Fasern und Blutspuren untersucht worden. Ergebnis negativ. Keine Faser,
kein Härchen,
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