Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall
ich. Aber hier…das wirkt reichlich blauäugig.«
»Wo ist die Gegenleistung für Süßholz’ Beratertätigkeit?«
»In unregelmäßigen Abständen gehen Honorare ab.«
Katinka stöhnte. Sie fühlte sich auf fremdem und ungeliebtem Terrain.
»Verstehst du«, erklärte Cuno, »das kann auch Erpressung sein. Sie verbuchen die Summen, die er ihnen abverlangt, als Honorare.«
»Ich verstehe nicht, warum sie das auf ihrem Rechner haben.«
»Ich sage es dir doch! Irgendwie mussten sie die Übersicht behalten. Die ganzen Chiffren merkt man sich doch nicht auswendig.« Cuno fummelte an seiner Indianerfeder. »In großen Unternehmen werden jede Nacht Backups gemacht, da kannst du gar nichts Schräges auf einem PC haben, ohne dass es einer merkt. Aber in einem Betrieb, der aus zwei oder drei Leuten besteht…die haben ihren Kram höchstens alle zwei Wochen gesichert. Kann sein, dass sie die kompromittierenden Daten extra speicherten und in einen Banksafe legten. Die Files, die ich gefunden habe, betreffen nur das Jahr 2005.«
»Wir haben Oktober 2005.«
»Ja, eben. Die Geschäftchen haben doch sicher früher begonnen? In den Größenordnungen steigt man nicht ein, jedenfalls nicht am 2. Januar, an dem die erste Buchung belegt ist.«
»Was machen wir jetzt?«, fragte Katinka.
Cuno stützte die Ellenbogen auf den Tisch.
»Schieb’s den Bullen rüber. Manchmal zahlen sie eine Beratungsgebühr. Außerdem haben sie sicher die Daten und kommen demnächst auf das gleiche.« Er stand auf. »Ich suche mir jetzt ein nettes Restaurant. Schönen Gruß an Paula.«
»Halt, warte. Sehe ich das richtig: Die Handelsagentur Stephanus , also Hagen und Josef Wertinger, wickeln illegale Geschäfte ab?«
»Zumindest könnten sie einiges an der Steuer vorbei laufen lassen.«
»Vielleicht Curare?«
Cuno wiegte den Kopf.
»Ich weiß nicht, es waren ausdrücklich Stückzahlen angegeben.«
»Stückzahlen?«
»Stell dich doch nicht so blöd, Mensch. Stückzahlen halt!«
Katinka riss das Fenster auf, um den Rauch abziehen zu lassen.
»Zeig mir die Unterlagen!«
Cuno zwitscherte mürrisch ab und druckte die Sachen in Paulas Arbeitszimmer aus.
»Schau«, begann er betont geduldig, als er zurückkam. »Hier. 2. Januar, 27 Stück angekauft«, sein Finger fuhr über eine Liste. »Diese Tabelle kriegst du über einen Link aus dem Buchhaltungsprogramm. 23 Stück Pb, 4 Stück Pt. Das sind keine Kilogramm oder Liter oder so was.«
»Verflucht, was ist das nur?« Katinka nahm einen Kuli und kringelte die Zahlen ein.
»In der Chemie steht Pb für Blei. Plumbum.«
»Klugscheißer«, regte Katinka sich auf und knallte das Fenster zu. »Und wofür steht Pt?«
»Vielleicht Platin?« Cuno sah nicht überzeugt aus. »Überleg doch mal. Das kann es nicht sein. 23 Stück Blei und 4 Stück Platin? Stück? Wie geht das zusammen?« Er schüttelte den Kopf.
»Ich krieg’s raus. Ich frage Wertinger.«
»Du spinnst ja. Wenn du ihn jetzt drauf ansprichst, weiß er, was wir wissen. Die Bullen werden’s dir danken, wenn du ihm die Gelegenheit gibst, alles rechtzeitig zu vernichten. Wenn Wertinger überhaupt etwas weiß!«
»Meinst du, Hagen hat die Geschäfte allein durchgezogen?«
Cuno deutete entsetzt mit dem Finger auf sich selbst.
»Ob ich das meine? Hör mal, ich stecke seit zwölf Stunden in dem Fall. Ich habe keine Ahnung!«
»Nimm deinen Arsch mit. Wir fahren zur Firma.«
»Du musst auf Paula aufpassen!«
Katinka klopfte an die Wohnzimmertür und stieß sie auf.
»Entschuldigen Sie, Herr Jäger«, sagte sie an Paulas Vater gewandt. »Paula? Kann ich dich einen Moment sprechen?«
»Was ist denn!« Genervt kam Paula in den Flur. Eine Wolke aus Zigarettenqualm umgab sie.
»Cuno hat eine heiße Spur entdeckt. Wir müssen zu Wertinger.«
»Echt? Was für eine Spur?«
»Wertinger und Hagen haben irgendwas…Schräges laufen.«
»Stop, das erklärst du mir erst mal. Hagen? Wieso Hagen?«
Katinka fluchte innerlich.
»Paula, das ist eine Sache, bei der wir dich nicht brauchen können. Kommst du ein oder zwei Stunden alleine klar? Vielleicht bleibt dein Vater so lange bei dir.«
Paulas Gesicht färbte sich rot.
» Ich habe euch engagiert. Ich will wissen, was ihr rausgefunden habt.«
Cuno kicherte affektiert. Katinka kam sich vor wie ein Dienstmädchen.
»Dann schick deinen Papa die Sterne angucken! Wir haben nicht ewig Zeit! Wenn wir Wertinger heute noch erwischen wollen…«
»Josef hockt immer bis zehn in der Firma. Mindestens.
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