Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall
Der ist brav angetrabt.«
»Was seine Freundin sicher toll fand.«
Cuno gab Katinka Feuer.
»Im Internat hatte Marie sich gefangen und schaffte ihr Abi. Aber im Studium ging das Schlamassel von vorne los. Hagen hat mal versucht, aus dem Schwesteraufpasszwang rauszukommen, indem er ein Jahr in Schwerin arbeitete, zu weit weg, um ständig anzureisen. Aber dann entschieden sich er und Paula, eine eigene Firma auf die Beine zu stellen.«
Katinka musste Paula fragen, warum sie ihr Geschäft ausgerechnet in Schweinfurt angesiedelt hatten. Sie machte ein paar Züge und fand den Geschmack widerlich.
»Was sagt Bernhild über Paula?«
»Paula ist die Buhfrau. Ganz klar. Wenn Hagen sie nicht geheiratet hätte, dann hätte er sich besser um Marie gekümmert, und Marie wäre nun ein munteres und nützliches Mitglied der Gesellschaft.« Cuno verdrehte die Augen.
»Das kann Bernhild nicht im Ernst glauben!«
»Tut sie aber. Die alte Stephanus ist besessen von dem Gedanken, dass es einen Schuldigen an Maries Misere geben muss. Wer bietet sich an?«, fragte Cuno und steckte sich eine neue Zigarette an.
»Hagen. Aber jetzt ist er nicht mehr, und da bleibt nur Paula.«
»Wusstest du, dass Paula Hörgeschichten für Kinder produziert?«
Katinka drückte die halb aufgerauchte Zigarette aus.
»Du machst Witze.«
»Doch! Sie bietet sie im Internet an. Ich hab’s mir angeschaut. Kannst du dir runterladen. Vier Euro pro Hörbuch. Sie schreibt die Märchen selbst und spricht sie auch. Arbeitet Musik ein, die ihr jemand extra komponiert. Tolle Sache, was?«
Katinka saß stumm da und sah in die Dunkelheit hinaus. Warum hatte Paula ihr davon nichts erzählt? Cuno kritzelte die Webadresse auf die Zigarettenschachtel und schob sie Katinka hin.
»Schau’s dir an.«
»Schon o.k.« Sie ärgerte sich, dass ausgerechnet Cuno davon erfahren hatte. »Was ist mit der anderen Sache?«
»Die Bilanzen? Ich konnte herauslesen, dass Stephanus und Wertinger einen kleinen Parallelhandel aufgemacht hatten. Was auch immer sie verschoben haben, es lief nicht offiziell, war aber schon zu ausgebufft, um ganz und gar nebenbei abgewickelt zu werden. Sie brauchten eine Buchhaltung, um die Geschäfte zu dokumentieren.«
»Was handelten sie denn?«
»Keine Ahnung.« Cuno hob die Arme und ließ sie fallen. »Das steht da nicht. Nur blöde Kürzel. Pb und Pt.« Er schnappte sich die Zigarettenschachtel wieder und schrieb die Buchstaben auf.
»Pb, Pt«, murmelte Katinka. »Was soll das heißen?«
»Das sind keine standardisierten Abkürzungen. Kann für wer weiß was stehen.«
»Wie viel Kohle haben Hagen und sein Angestellter damit umgesetzt?«
»Nochmal soviel wie mit den normalen Geschäften.«
»Wie bitte?« Katinka sah ihn an. »Das machst du mir nicht weis.«
Cuno grinste. »Stimmt nicht ganz. Aber das, was sie offiziell verdienen, reicht gerade, um sich die Gehälter auszuzahlen.«
Katinka erzählte Cuno von ihrem Gespräch mit Wertinger und der Insolvenz, die ihnen zwei Jahre zuvor gedroht hatte.
»Die Daten von 2003 sind nicht auf der CD«, erwiderte Cuno. »Aber wenn es nur ein klein wenig schlechter gelaufen ist als dieses Jahr, standen sie mit einem Fuß im Nest des Pleitegeiers.«
»Im Horst. Geier leben in Horsten.«
»Pleitegeier aber nicht, du Schlauschwätzerin!«
»Wo wurde das Geld eingezahlt?«, fragte Katinka schnell, obwohl sie Cuno am liebsten mit Juckpulver außer Gefecht gesetzt hätte.
»Das interne Konto für die Buchhaltung hat eine Nummer. Nummer 3.«
»Aber was ist das für ein Konto?«, fragte Katinka. Sie spielte mit der Schachtel herum. »Bei welcher Bank?«
»Das weiß ich nicht. Schau auf einen Atlas: Schweiz, Luxemburg, Liechtenstein…Können auch Bareinzahlungen gewesen sein. Ein internes Konto muss kein Bankkonto sein. Es ist einfach eine Schublade, in die Geld gelegt wird.«
»Sakra.« Katinka sprang auf und lief in der Küche auf und ab.
»So was nennt man Schwarze Kassen«, sagte Cuno. »Kommt darauf an, was sich hinter Pt und so weiter verbirgt. Wahrscheinlich nichts Legales. Oder etwas Legales, bei dem Steuern oder staatliche Fixpreise umgangen werden. Manche wollen auch nur nicht autorisierte Vertriebswege gehen.« Er richtete seinen Pferdeschwanz. »Komisch, irgendwie. Im Import-Export gibt es eine Menge an Absicherungen, wie die Exporteure an ihr Geld und die Importeure an die Ware kommen. Man traut sich nicht über den Weg, arbeitet mit Dokumenteninkasso oder Akkreditiven oder was weiß
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