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Pferdesommer mit Lara

Pferdesommer mit Lara

Titel: Pferdesommer mit Lara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Isbel
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Zügeln reißt, verursacht das dem Pferd natürlich Schmerzen. Es gibt viele Reitschüler, die davon offenbar keine Ahnung haben. Man braucht sich nur vorzustellen, dass wir selbst so einen Riemen in den Mundwinkeln hätten, an dem jemand gewaltsam zerrt. Als ich in der Reitschule war, hab ich mich oft darüber geärgert, dass die Reitlehrer sich nicht besser um die Pferde gekümmert haben. Die meisten wollten einfach ihr Programm durchziehen, und die Pferde mussten alles über sich ergehen lassen, was die Reitschüler mit ihnen machten.«
    Er zeigte mir, wie ich den linken Fuß in den Steigbügel setzen, mich hochziehen und das rechte Bein über Fees Rücken schwingen sollte. Plötzlich erschien sie mir ungeheuer groß. Ich war sicher, dass ich es nicht schaffen würde, doch Arne stemmte mich mit einem kräftigen Druck gegen den Schenkel nach oben, und ich saß im Sattel, ehe ich richtig begriff, was passierte.
    Es war, als würde ich auf dem Dach eines Kirchturms sitzen. Nie hätte ich gedacht, dass es sich auf dem Rücken eines Pferdes so schwindelerregend hoch anfühlen könnte. Voller Panik klammerte ich mich am Sattelrand fest.
    Arne erriet, was in mir vorging. »An die Höhe gewöhnt man sich schnell«, versicherte er. »Versuch jetzt mal, den Sattel loszulassen und die Zügel aufzunehmen. Du greifst von oben in die Riemen, der kleine Finger bleibt außerhalb - ja, so, ganz locker. Schau mal, wie ich das mache.«
    Locker! Ich wollte nichts anderes, als mich festklammern, hätte mich am liebsten vorgebeugt und die Arme um Fees Hals geschlungen. Trotzdem tat ich folgsam, was Arne sagte, hielt die Zügel vorschriftsmäßig, sodass die Schlaufe rechts an Fees Hals herunterhing.
    Es ging auch alles ganz gut, bis die Stute den ersten Schritt tat. Um ein Haar wäre ich vornübergekippt. Automatisch fasste ich wieder mit einer Hand nach dem rettenden Sattel.
    Arne blieb cool und sagte geduldig: »Wenn du dich gerade hältst und versuchst, in der Bewegung mitzugehen, kann dir nichts passieren. Ich kenne dieses Klammeraffengefühl, aber das hat man nur anfangs. Du kriegst durch den geraden Rücken und die anliegenden Knie einen sicheren Halt. Nur kein Hohlkreuz machen … Ja, so ist’s besser! Ich führe Fee jetzt ganz langsam am Führstrick über die Wiese. Keine Panik, du schaffst das locker!«
    Nein, dachte ich, das schaffe ich nicht! Wie soll ich mich jemals aufrecht im Sattel halten, wenn das Pferd erst galoppiert?
    Einer, der Seiltanzen lernt, konnte sich nicht unsicherer fühlen.
    Ronja hätte das bestimmt viel besser gemacht. Sie hätte keine Angst gehabt. Eigentlich hatte sie sich nie vor etwas gefürchtet. Aber vielleicht hätte sie ja noch leben können, wenn sie nicht so furchtlos und draufgängerisch auf ihrem Fahrrad durch die Gegend gekurvt wäre …
    »Versuch, dich zu konzentrieren«, hörte ich Arne sagen. »Und entspann dich ein bisschen. Ich könnte dich anfangs mit der Hand seitlich stützen, wenn du dich dann sicherer fühlst. Mein Vater hat das auch mit mir gemacht, als ich das erste Mal auf einem Pferd saß.«
    Er legte die rechte Hand mit leichtem Druck gegen mein Knie und ging neben Fee und mir her. Wir bewegten uns nur langsam vorwärts. Ich spürte, wie sich meine Panik etwas legte, denn Arnes Hand gab mir wirklich ein Gefühl von Sicherheit.
    »Mach doch mal die Augen zu und spüre die Bewegungen unter dir«, schlug er vor. »Es ist wichtig, dass du ein Gefühl für den Rhythmus eines Pferdes kriegst, besonders beim Leichttraben. Außerdem hilft es, die Kontrolle etwas loszulassen.«
    Ich hatte geglaubt, ich würde mich noch wackliger fühlen, wenn ich nichts sah, aber es stimmte nicht. Die wiegenden Bewegungen waren angenehm und irgendwie vertraut und die Anspannung in meinem Bauch und meinem Nacken ließ nach.
    Als ich die Augen wieder öffnete, waren wir fast am anderen Ende der Weide angekommen. Zwischen den Baumwipfeln sah ich die drei Kamine von Eulenbrook aufragen.
    Arne ließ seine Hand sinken und sagte: »Nicht schlecht für den Anfang. Würdest du dir zutrauen, jetzt noch ein Stück ohne mich zu reiten? Natürlich auch nur im Schritt. Du kannst dich voll auf Fee verlassen, sie rast nicht plötzlich los.«
    Ich nickte. Mein Mund war trocken, ich schwitzte und eigentlich hatte ich genug für heute, aber ich wollte es trotzdem versuchen. Arne löste den Führstrick, trat zurück und schnalzte leicht mit der Zunge.
    »Kehr um, Mädchen, und geh zurück! Ja, zurück, so ist’s fein

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