Pferdesommer mit Lara
ich. »Ich will’s versuchen. Wenn ich dich nicht zu sehr nerve.«
Unvermittelt sprang Elisa auf. »Ich hab jetzt keinen Bock mehr!«, murmelte sie. »Wenn ihr noch arbeiten wollt, bitte.«
»Du weißt, dass das ziemlich unfair ist.« Wie immer blieb Arne ruhig, aber ein Muskel an seiner Kinnlade zuckte und verriet mir, dass er sich einfach nur zusammennahm.
Sie warf ihm einen flüchtigen Blick zu und schüttelte ihr Haar mit einer selbstbewussten Bewegung zurück, lässig wie ein Model bei einem Fototermin.
»Dafür versorge ich abends die Pferde und putze sie.«
»Danke, aber um Fee brauchst du dich nicht zu kümmern. Das mach ich lieber selbst.«
Elisa zuckte mit den Schultern. »Auch recht. Ich reite jetzt mit Robin zum See. Wie ich diese Affenhitze hasse!«
Arne gab keine Antwort. Ich trank meinen letzten Schluck Tee und beobachtete, wie Elisa ihren Rotfuchs über die Koppel führte. Mit hängendem Kopf trottete er neben ihr her. Wahrscheinlich wäre er lieber bei den anderen Pferden geblieben und hätte im Schatten gedöst. Auch Bonnie schien keine Lust auf einen Spaziergang zu haben. Obwohl Elisa nach ihr rief, blieb sie bei uns liegen, den Kopf auf den Vorderpfoten, und verdaute die Breze.
Später gingen Arne und ich zum Bach am anderen Ende der Koppel. Es war ein kleiner Nebenarm unseres Wildbachs, dessen Quelle irgendwo in den nahen Bergen entsprang. Im Sommer führte der Bach nur wenig Wasser, doch er war immer klar und ziemlich kalt, sogar jetzt.
Wir wuschen unsere Gesichter, Arme und Beine und tauchten die schmerzenden, geschwollenen Hände lange ins Wasser. Nach einer Weile erschien auch Fee am Bach, um zu trinken, und mit ihr der Apfelschimmel Jago, der Arnes Vater gehörte. Er war ein schwerer, knochiger Wallach, ziemlich schreckhaft und total auf Arnes Vater fixiert, wie Arne erzählte.
»Jago würde schon nicht mehr leben, wenn wir ihn nicht gekauft hätten«, sagte er. »Er leidet an Hufrollenentzündung, einer chronischen Entzündung des Hufgelenks, und kann kaum noch geritten werden. Seine frühere Besitzerin wollte ihn unbedingt loswerden. Sie hatte ihn schon halbwegs einem Händler versprochen, der in unserer Gegend Pferde aufkaufte und zum Schlachten nach Frankreich brachte. Irgendwie kommt es mir so vor, als hätte Jago begriffen, dass mein Vater ihn gerettet hat. Er hängt unheimlich an ihm, mehr, als ich das je bei einem Pferd erlebt habe.«
Mir gegenüber war Jago total misstrauisch. Er kam nicht in meine Nähe und beobachtete mich argwöhnisch, ehe er den Kopf senkte und trank. Fee dagegen platschte dicht neben mir im Wasser herum, schnaubte und prustete und scharrte spielerisch mit dem Vorderhuf zwischen den Steinen.
Bonnie hatte sich flach in eine Vertiefung gelegt, die wie ein kleiner Teich zwischen Baumwurzeln entstanden war.
»Sie ist total verrückt aufs Wasser«, sagte Arne. »Ich hab überlegt, ob ich den Bach irgendwo stauen könnte, damit sich eine Art Weiher bildet. Im nächsten Sommer vielleicht.«
Wir beschlossen, uns heute nicht länger mit dem Stacheldraht abzuplagen, sondern stattdessen den neuen grünen Draht zwischen die Pfosten zu spannen. Das ging vergleichsweise leicht, auch wenn der Draht immer wieder ringförmig in seine ursprüngliche Form zurückschnellen wollte. Wir befestigten ihn an den alten Haken, die noch in den Zaunpfosten steckten.
Mittlerweile fühlten sich meine Hände richtig taub an, aber ich hielt durch. Die Koppel musste eingezäunt sein, damit die Pferde dort unbeaufsichtigt weiden konnten, das wusste ich; und ich wollte Arne nicht mit dem Rest der Arbeit alleinlassen.
Am späten Nachmittag war eine Hälfte der Weide mit Stacheldraht und die andere mit einfachem grünem Draht umfriedet. Wir waren beide total geschafft.
»Mann!«, sagte Arne und streckte sich. »So hab ich schon lange nicht mehr geschuftet. Und du hast mit durchgehalten! Sicher bist du fix und fertig.«
»Es geht so. Aber irgendwie spüre ich meine Hände nicht mehr.«
Die Bewunderung in seinen Augen tat mir gut. »Gibt’s hier irgendwo in der Nähe eine Gartenwirtschaft?«, fragte er.
Ich nickte. »Die Alte Mühle. Aber da wird jetzt unheimlich viel Betrieb sein.«
»Wir finden schon einen Platz. Kommst du mit? Wir trinken was und essen eine Kleinigkeit. Ich lade dich ein.«
Ich hatte keinen Hunger, aber umso mehr Durst. Wir gingen noch einmal zum Bach, wateten darin herum und wuschen uns, so gut es ging.
Arne füllte seine Mineralwasserflasche und goss sich
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