Pferdesommer mit Lara
echt keine angenehme Arbeit.«
Ich kniete neben Bonnie und fütterte sie mit einem Stück Leberwurst, das ich beim Frühstück für sie eingesteckt hatte. Sie fraß es mit begeistertem Schmatzen, versuchte, mich dann zu küssen und mir die Hände abzulecken.
»Was ich versprochen habe, halte ich auch«, erwiderte ich.
In der Nähe des Koppelgatters, das zum Glück aus Holzlatten bestand, lagen mehrere große Rollen Draht, der mit grünem Kunststoff ummantelt war. Arne gab mir Handschuhe und eine Zange.
»Ich hab die stärksten Arbeitshandschuhe genommen, die ich kriegen konnte«, sagte er. »Aber pass auf, die Stacheln bohren sich durch, wenn man nicht richtig hinfasst.«
Mit der Zange versuchte ich, den alten Draht aus den Verankerungen an den Zaunpfosten zu lösen. Es ging ganz gut, aber ich lernte den Stacheldraht bald hassen, als ich ihn aufrollte. Er war widerspenstig und rostig und immer wieder pikte ich mich an den Stacheln. Es war ein richtiger Kampf. Das Abzwicken, wie Arne es machte, hatte allerdings auch seine Tücken. Man brauchte jede Menge Kraft, um die Zange zu handhaben.
Wir stöhnten beide abwechselnd, schwitzten und schimpften auf die Stacheldrahtmafia. Zum Glück spendeten die Bäume Schatten, doch da, wo die Sonne durch das Laubdach schien, wurde es bald unerträglich heiß. Auch die Fliegen, angelockt von den Pferden, begannen, lästig zu werden.
Nach ungefähr einer Stunde Schufterei tauchte Arnes Schwester Elisa auf und wurde von Bonnie stürmisch begrüßt. Sie nickte mir zu und murmelte etwas Unverständliches, kam aber nicht in meine Nähe und gab mir auch nicht die Hand.
»Besonders weit seid ihr ja noch nicht gekommen«, sagte sie nur.
Ich ärgerte mich, aber Arne blieb cool. »Fang erst mal an, dann siehst du schon, ob du schneller vorwärtskommst als wir«, erwiderte er. »Die Handschuhe und eine Zange liegen beim Gatter.«
Robin, der Rotfuchs, trabte zu uns herüber, als er Elisa sah. Sie streichelte ihn und rieb ihn zum Schutz gegen die Fliegen und Bremsen mit Citronell-Öl ein. Vielleicht mochte sie Pferde ja lieber als Menschen. Jedenfalls verhielt sie sich so. Oder konnte es sein, dass sie mich einfach unsympathisch fand?
Verstohlen beobachtete ich sie. Sie sah mit ihrer gebräunten, samtig schimmernden Haut, den langen silberblonden Haaren und der kleinen, kindlichen Nase wirklich gut aus. Nur ihre Augen waren seltsam - ein verwaschenes Graublau, das mich an Nebelschwaden erinnerte. Arnes Augen dagegen hatten einen warmen Braunton mit Sprenkeln darin, die in der Sonne golden wirkten.
Elisa fing ein ganzes Stück von uns entfernt zu arbeiten an. Nach einer Weile hörte ich sie sagen: »Das ist echte Sklavenarbeit. Warum lassen wir keine Handwerker kommen?«
»Weil wir dafür nicht auch noch Geld ausgeben können«, erwiderte Arne leicht genervt. »Der Umbau des Hauses kostet schon mehr als genug.«
Jago, der Apfelschimmel, wälzte sich in einer Mulde unter den Erlen. Er streckte die langen, knochigen Beine in die Luft und scheuerte seinen Rücken im Gras. Man sah ihm richtig an, wie wohl er sich fühlte.
Bonnie wühlte in einem Maulwurfshügel. Es wurde von Minute zu Minute heißer, selbst im Schatten der Bäume. Meine Hände waren feucht und klebrig in den dicken Handschuhen.
Schließlich legte Arne die Zange weg, streifte seine Handschuhe ab und sagte, er hätte Mineralwasser und kalten Pfefferminztee mitgebracht.
Ich war froh über die Pause. Meine Handgelenke schmerzten und einer meiner Daumen blutete. Noch hatten wir erst knapp die Hälfte des Stacheldrahts entfernt. Arne gab mir ein Tütchen mit einem Wundreinigungstuch, damit ich den Riss am Daumen säubern konnte. Er hatte an alles gedacht. In seinem Rucksack waren auch Rosinenbrötchen und Butterbrezen.
»Die Butter hab ich ganz dünn gestrichen«, sagte er mit einem Lächeln. »Extradünn!«
Wir setzten uns ins Gras unter den Erlen. Bonnie und die Pferde kamen, um sich ihren Anteil an den Rosinenbrötchen zu holen, und wir verjagten die Fliegen, die den Pferden mit bösartiger Hartnäckigkeit um die Augen schwirrten. Als wir gerade nicht hinsahen, fraß Bonnie eine ganze Butterbreze.
Elisa trank nur Mineralwasser. Dann legte sie sich auf den Rücken, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schloss die Augen. Ein mürrischer Ausdruck lag auf ihren ebenmäßigen Zügen.
»Was macht der Muskelkater?«, fragte Arne.
»Es ist auszuhalten«, sagte ich.
»Möchtest du denn weitermachen?«
»Ja«, sagte
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