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Pferdesommer mit Lara

Pferdesommer mit Lara

Titel: Pferdesommer mit Lara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Isbel
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Sonne, das war mir schon öfter aufgefallen, und hielt sich am liebsten im Schatten auf. Immerhin sahen ihre Augen und ihre Lidränder besser aus. Arnes Augentropfen schienen gewirkt zu haben.
    Als ich vorsichtig ihre Flanken berührte, spürte ich die Rippen deutlich unter dem Fell und dachte: Sie darf nicht weiter abnehmen, sie ist sowieso viel zu dünn! Hoffentlich kann der Tierarzt den Durchfall stoppen...
    Heute war einfach nicht mein Tag. Normalerweise verlief der Dienstagnachmittag im Fotoladen schnarchlangweilig. Mein Vater hatte sich oft genug darüber beklagt, dass manchmal stundenlang kein Kunde kam, höchstens einmal jemand, der eine Postkarte kaufte.
    Doch diesmal war es wie verhext. Die Leute gaben sich die Türklinke in die Hand, stellten Fragen, die ich nicht beantworten konnte, und verlangten nach Ware, die wir nicht vorrätig hatten oder die ich nicht fand.
    Schließlich tauchte als Krönung des Nachmittags ein dicker rotgesichtiger Mann auf und verlangte, ich sollte Passbilder von ihm machen, und zwar sofort.
    »Tut mir leid«, sagte ich, »das geht jetzt nicht. Wenn es dringend ist, können Sie gegen sechs wieder kommen, dann ist mein Vater zurück. Oder morgen früh. Ich kann leider keine Aufnahmen machen, weder Passfotos noch andere.«
    Er blies die Backen auf, veranstaltete einen Riesenaufstand und sagte, es wäre doch wohl nichts dabei, ein paar einfache Passbilder zu machen, schließlich wäre das ein Fotogeschäft, er würde sich beschweren. Dabei trampelte er im Laden auf und ab wie ein wütender Elefant.
    »Tut mir leid«, wiederholte ich, schon weniger höflich. »Ich bin hier nur zur Aushilfe. Wenn Sie die Passbilder undingt sofort brauchen, müssen Sie nach Michelsburg fahren, da gibt es zwei Fotogeschäfte und einen Automaten im Bahnhof.«
    Er wurde so puterrot, dass ich dachte, ihn würde gleich der Schlag treffen. Eine andere Kundin, die schon eine Weile ungeduldig wartete, murrte, sie hätte ihre Zeit nicht gestohlen und wollte jetzt endlich ihre Filme abholen. Während ich nach dem Umschlag suchte, blieb der rotgesichtige Mann im Laden stehen und beobachtete mich mit finsterem Blick.
    »Ich werde mich beschweren!«, wiederholte er ständig. »Sie werden doch wohl in der Lage sein, auf ein Knöpfchen zu drücken?! Reicht Ihr IQ nicht so weit?«
    »Nein«, sagte ich genervt. »So weit reicht er eben nicht. Und in Ihrem jetzigen Zustand wäre es auch höchst unvorteilhaft, wenn jemand Sie fotografieren würde, denn die Bilder würden Sie sich bestimmt nicht hinter den Spiegel stecken, geschweige denn für Ihren Reisepass benutzen.«
    Seine Stirnadern schwollen an. Er öffnete den Mund, glotzte mich an, klappte den Mund wieder zu, drehte sich um und trampelte aus dem Laden, wobei er die Tür so heftig hinter sich zuknallte, dass ich dachte, das Glas würde aus dem Rahmen fallen.
    »Leute gibt’s!«, sagte die Frau, die ich gerade bedient hatte. »Du hast Glück gehabt, dass er dich nicht hinter dem Ladentisch hervorgezerrt und geohrfeigt hat.«
    Jetzt merkte ich erst, dass ich vor Ärger und Aufregung zitterte. Trotzdem fand ich, dass ich mich tapfer geschlagen hatte.
    Gegen fünf wurde es ruhiger. Ich konnte einiges aufräumen, was ich im Eifer des Gefechts unter dem Ladentisch und in den Regalen abgestellt hatte. Zwei Abholzettel für Filme waren verschwunden, und ich kroch gerade auf dem Boden herum, um sie zu suchen, als sich die Tür öffnete und Arne hereinkam.
    »Hi!«, sagte er. »Was machst du da unten?«
    »Ich suche was.« Ich richtete mich auf und strich mir die Haare aus dem Gesicht. »Was hat der Tierarzt gesagt?«
    »Nicht viel. Lara hat ihn gar nicht erst an sich herangelassen.«
    Vor Schreck setzte ich mich auf den Boden. »Echt? Und? Was hat er dann gemacht?«
    »Er hat gesagt, um sie gründlich zu untersuchen, müsste er sie betäuben, und das kam mir dann doch zu hammermäßig vor. Ich hätte es auch nicht entscheiden können, da hätte ich dich erst fragen müssen. Eigentlich fand ich den Typen ziemlich arrogant. Außerdem kann er nicht mit schwierigen Pferden umgehen. Er hatte Angst, dass Lara ihn in die Hand beißt, und hat sie angesehen, als wäre sie ein Monster.«
    »Das heißt also, er hat ihr kein Blut abgenommen?«
    »Nein. Er hat nur ein Mittel gegen Durchfall dagelassen, das ich von früher kenne. Es ist die reine chemische Keule. Gegeben hab ich ihr noch nichts davon.«
    Ich stand auf. Ratlos sahen wir uns an. »Vielleicht könnte ich Doktor Jansen

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