Pferdesommer mit Lara
anrufen?«, fragte ich. »Ich meine, er kennt Lara doch, er hat ihr das Attest ausgestellt, als ich sie gekauft habe. Außerdem behandelt er die Pferde hauptsächlich mit Naturheilmitteln.«
»Du meinst, er soll uns am Telefon sagen, was wir Lara geben sollen?« Arne machte ein zweifelndes Gesicht. Er musste direkt von der Koppel gekommen sein, denn seine Jeans und sein Sweatshirt waren schmutzig, und er roch durchdringend nach Pferden.
»Ich weiß nicht, ob er das macht. Ferndiagnose ist so eine Sache. Aber vielleicht kennt er einen Kollegen, der hier in der Gegend arbeitet. Am besten wäre natürlich eine Frau. Lara hat einfach Angst vor Männern, die sie nicht kennt.«
»Okay«, sagte ich. »Ich ruf ihn gleich an. Weißt du die Nummer?«
Wir gingen zum Telefon. In diesem Augenblick kamen zwei Frauen mit einem kleinen Mädchen in den Laden und sagten, sie wollten eine Kinderkamera kaufen, stabil, aber leicht und möglichst einfach zu handhaben.
Arne und ich wechselten einen Blick. »Soll ich für dich anrufen?«, fragte er halblaut. Ich nickte ihm zu und führte die beiden Frauen und das Kind zu dem Regal neben dem Schaufenster, in dem die preiswerten kleinen Kameras lagen. Von den insgesamt fünf Apparaten, die infrage kamen, wollten sie jeden einzelnen gezeigt und erklärt bekommen. Ich sagte nicht, dass ich mich selbst nicht besonders gut auskannte, sondern las mit ihnen die Beschreibungen durch, während ich mit einem Ohr auf Arnes Stimme lauschte.
Er hatte Dr. Jansen offenbar erreicht und erzählte ihm von Laras Durchfällen und den Problemen mit dem hiesigen Tierarzt.
»Doktor Eisner, ja«, sagte er. »Ein typischer Schulmediziner … Nein, der Eiweißgehalt im Blut ist noch nicht untersucht worden. Wir dachten …«
Jetzt fragte mich die ältere der beiden Frauen nach dem Preis für die kleinste Kamera, die dem Mädchen gefiel, weil sie nicht schwarz, sondern pinkfarben war und eine bunte Kordel zum Umhängen hatte. Das Preisschild musste auf der Schachtel kleben, aber die war irgendwie verschwunden, und während ich sie suchte, hörte ich Arne sagen: »Ja, das wäre prima, ich schreib es nur rasch auf...«
Er sah sich nach einem Zettel um. Ich deutete auf den Tisch neben dem Telefon, worauf er nickte und etwas aufs Papier kritzelte.
»Friedrun?«, fragte er. »Ist das der Nachname? Und haben Sie die Nummer?«
Endlich hatte ich die Schachtel gefunden. Sie war mit einem riesigen Tyrannosaurus verziert, der einen kleineren Dino in seinen Pranken hielt. Das Preisschild klebte auf dem Deckel.
Die Mutter und Großmutter des kleinen Mädchens überlegten, ob sie die pinkfarbene Kamera nehmen sollten oder eine schwarze, die etwas teurer war. Während sie noch diskutierten, legte Arne den Hörer auf und nickte mir zu.
»Alles paletti!«, sagte er.
Noch ehe die Frauen eine Entscheidung getroffen hatten, kam mein Vater zurück.
Er nahm sich kaum Zeit, seine Aktenmappe wegzulegen, und stürzte sich sofort auf die beiden Kundinnen, wobei er Arne und mir misstrauische Blicke zuwarf.
»Wir suchen nach einer Kamera für meine Tochter«, sagte die junge Frau. »Aber Ihre Mitarbeiterin hat uns schon sehr gut beraten. Wir wissen nur noch nicht, ob wir das pinkfarbene oder das schwarze Modell nehmen sollen.«
Natürlich pries mein Vater sofort die schwarze Kamera an, nicht weil sie teurer war, sondern weil er sie für »solider« hielt. Arne stand jetzt bei mir am Ladentisch und sagte: »Ich wollte noch zwei Filme mitnehmen, jeweils mit 24 Bildern.« Halblaut fügte er hinzu: »Doktor Jansen hat mir die Nummer einer Tierheilpraktikerin gegeben, die in Moosheim ihre Praxis hat. Er sagt, er kennt sie von seiner homöopathischen Zusatzausbildung. Sie hat sich offenbar auf Pferde spezialisiert.«
Moosheim war nicht allzu weit von unserem Städtchen entfernt. Jetzt kamen die Frauen mit dem kleinen Mädchen, stellten sich neben Arne und sagten, sie hätten sich für die pinkfarbene Kamera entschieden.
»Tanja soll die haben, die ihr am besten gefällt«, sagte die Großmutter. Die Kleine lächelte mich an, sodass ich ihre Zahnlücken sah, und ich lächelte zurück.
Arne zahlte für die Filme. »Der Zettel liegt beim Telefon«, murmelte er, während mein Vater den Garantieschein für die Kamera ausfüllte. »Am besten, du rufst heute noch an, vielleicht kann sie gleich morgen vorbeikommen.«
Ich begleitete ihn zur Tür. Dann fiel mir plötzlich etwas ein, und ich fragte: »Hast du noch ein paar Minuten Zeit? Ich
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