Pflege daheim oder Pflegeheim
Mühe machen und sich die Bewertung des jeweiligen Heimes in einzelnen Kriterien ansehen.
Kritik
Andere Pflegekritiker wie Claus Fussek (der seit Jahren in den Medien und mit seinen Büchern auf skandalöse Zustände in Heimen aufmerksam gemacht hat) beklagen, dass es inzwischen Heimträger gibt, die lieber einen „Coach“ engagieren, um sich beraten zu lassen, wie man das Notensystem „austricksen“ kann. Es fehlt beispielsweise ein deutschlandweites Register, mit dessen Hilfe man erkennen könnte, ob ein großer Heimbetreiber mit Standorten in mehreren Bundesländern schon häufiger negativ aufgefallen ist. So aber werden negative Prüfergebnisse zu schnell als bedauerliche Einzelfälle abgetan. Es werde sich so lange nichts Grundlegendes an der Pflegequalität verbessern, bis ein paar strukturelle Dinge geändert werden: Es gibt zu wenig qualifiziertes Pflegepersonal, und das wird auch noch schlecht bezahlt. Deshalb gibt es immer wieder Vernachlässigungen, und für „Menschlichkeit“ bleibt schon gar keine Zeit mehr. Hinzu kommt, dass manche Heimbetreiber absichtlich zu wenig Personal einstellen, um möglichst hohe Gewinne zu erzielen. Das ist zwar Betrug – an den Pflegebedürftigen und an den Kassen –, denn eine Mindestmenge an professionellen Pflegekräften je nach Anzahl der Heimbewohner ist gesetzlich vorgeschrieben und gilt als Grundlage für die Pflegesatzberechnungen. Aber den Erwischten drohen in der Regel nur Verwarnungen oder Bußgelder.
Und schließlich – auch das ist ein strukturelles Problem unseres Pflegesystems – wird gute Pflege sogar „bestraft“. Denn wenn es tatsächlich mal gelingt, einen Pflegebedürftigen wieder etwas mehr auf die Beine zu bringen und selbständiger zu machen, kann er unter Umständen bei der nächsten Überprüfung eine Pflegestufe zurückgesetzt werden – und das Heim verliert Geld.
GUT ZU WISSEN
Betreuungsassistenten
Es ist sicher nicht die Lösung des Problems „Pflegepersonalmangel“, aber zumindest eine Entlastung – und eine konkrete Hilfe für Pflegebedürftige in Heimen: Mit der Pflegereform 2008 wurde festgeschrieben, dass Heime ein Anrecht auf kostenlose „Betreuungsassistenten“ haben, einer pro 25 Bewohner. Die Kosten übernehmen die Pflegekassen. Hierfür wurden bundesweit Arbeitslose 200 Stunden lang geschult, um dann das Pflegepersonal zu unterstützen. Sie sollen den Bewohnern vorlesen, mit ihnen spazieren gehen oder sich mit ihnen unterhalten. Bislang wird dieses Angebot allerdings zu wenig in Anspruch genommen, die Helfer stehen zwar bereit, aber die Heime fordern sie nicht an. Das Hauptargument vieler Heimträger: Sie seien nicht ausreichend motiviert und auch nicht genügend qualifiziert, um mit den äußerst schwierigen Pflegebedürftigen richtig umzugehen. Die einzelnen Pflegekräfte, die im Minutentakt von Bewohner zu Bewohner hetzen müssen, sehen das vermutlich anders. Und die betroffenen alten Menschen erst recht.
Nicht jede Grundsatzkritik am Pflegeheim trifft zu
Positive
Stimmen
Inzwischen ist es aber fast Mode, Alten- und Pflegeheime grundsätzlich als „Ort der Hölle“ zu beschreiben. Doch ebenso wie es berechtigte Kritik gibt, stimmt andererseits auch dieses Pauschalurteil nicht. Vielerorts treffen die Zustände, die zum schlechten Ruf der Heime geführt haben, gar nicht mehr zu. In einem evangelischen Online-Magazin ( http://chrismon.evangelisch.de ) kam im Juli 2011 zum Beispiel der Senior Konrad Franke zu Wort, der sich mehr als 300 Heime angesehen hat. Seine Schlussfolgerung: In der Mehrzahl werde man gut bis sehr gut betreut und finde Anregungen und Gesprächspartner. Schon deswegen solle man nicht zu lange mit der Entscheidung warten.
Schon heute (und noch mehr in Zukunft) haben sehr viele Heime nichts mehr zu tun mit den „Altenverwahranstalten“ früherer Zeiten (ein interessantes Beispiel findet sich unter www.tagesspiegel.de/wirtschaft/wie-in-einer-familie/4694056.html ). Wohnliche Architektur und gepflegte Gebäude, rücksichtsvolles und aufmerksames Personal, Orientierung am Alltagsleben der Bewohner, schmackhaftes und abwechslungsreiches Essen – alles das lässt sich heutzutage durchaus finden. Für zahlungskräftigere Senioren dürfte dies jedoch noch leichter sein.
Auch der unabhängige Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen schrieb in seinem in vielen Punkten sehr kritischen Gutachten (2009) zur Pflegesituation, der „Übergang in eine stationäre
Weitere Kostenlose Bücher