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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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Welten zu entdecken,
obwohl ich hoffe, vielleicht einmal als Erster einen unbekannten
Kometen erspähen zu dürfen. Ich begnüge mich mit der
Beobachtung. Leider lässt auch unser englisches Wetter an der
Küste nicht oft das Vergnügen eines wolkenfreien Himmels
zu, sodass ich an viel zu wenigen Nächten meiner Leidenschaft
nachgehen kann.«
    » Für
meinen Geschmack bist du viel zu oft dort«, nörgelte Lady
Battingfield. »Stellen Sie sich vor, Miss Millford, er bringt
ganze Nächte dort zu, besonders im Winter, weil da die
Beobachtungszeit länger ist, sagt er. Und das bei der Kälte!
Nachdem er mich zwei Mal genötigt hat mitzukommen, habe ich ihm
gesagt, ohne einen guten Ofen würde ich mich einfach weigern,
noch einmal meinen Fuß in dieses dumme Observatorium zu
setzen.«
    » Und
ich habe das Gewünschte eingebaut, aber du bist seitdem trotzdem
nicht mehr dort gewesen«, gab Battingfield reserviert zurück.
    » Ich
kann auch nicht verstehen, was daran so interessant sein soll«,
klagte Lady Battingfield und schürzte schmollend die Lippen.
»Der nächtliche Himmel ist wunderschön und oft genug
romantisch, aber das genügt mir vollauf. Ich muss nicht wissen,
wie viele Monde um einen Planeten kreisen. Wen interessiert das? Sie
kreisen auch, ohne dass wir davon wissen.«
    » Da
haben Sie wohl recht, Lady Battingfield«, brachte sich nun Dr.
Banning wieder in den Disput ein. »Aber genau dies ist der
eigentliche Antrieb, der uns Menschen beseelt seit den Tagen des
Paradieses: die unbedingte und oft genug zweckfreie Neugier des
Menschen, ohne die kein Fortschritt möglich wäre. Natürlich
erscheint die Erforschung unserer Herkunft – das Sujet, mit dem
sich unser reizender Gast gerade so hingebungsvoll beschäftigt –
und die Erforschung unserer Welt mit allen Tieren, Pflanzen und
Landschaften, die Beschäftigung mit den Wundern, die uns
umgeben, zunächst sinnlos. Aber ist es nicht auch unsere heilige
Pflicht, uns die Erde anzueignen, wie es uns die Schrift lehrt? Gott
hat uns einen fragenden Verstand gegeben und wir sollten ihn nutzen.«
    » Das
mag wohl Aufgabe der Männer sein, aber uns Frauen soll man damit
verschonen, denn übertriebene Neugier hat schon Eva im Paradies
geschadet, nicht wahr, Miss Millford?« Lady Battingfield drehte
sich beifallheischend ob dieser für ihre Verhältnisse recht
schlagfertigen Bemerkung zu Charlotte um, die nicht wusste, was sie
darauf antworten sollte, ohne ihre Gastgeberin oder sich selbst zu
kompromittieren. Sicher entsprach die eben geäußerte
Meinung genau dem, was auch im Longbottom’schen Institut
vertreten wurde, sie selbst hätte aber am liebsten laut
ausgerufen, dass sie nichts lieber tun würde, als ihren Verstand
in genau dieser Weise, wie es so viele Männer als Entdecker,
Forscher und Künstler schon taten, zu nutzen. Das wäre
jedoch in höchstem Maße ungehörig gewesen, und so zog
sie es vor, unbestimmt zu lächeln und sich intensiv ihrem
Roastbeef zu widmen.
    » Miss
Millford, Sie sollten sich wirklich eine Ruhepause gönnen«,
insistierte Dr. Banning erneut und mit Nachdruck. »Ich trage es
Ihnen auf! Sie leisten ja ohnehin die Herkulesarbeit am Vermächtnis
Ihres Vaters. Zu meinem Leidwesen kann ich selbst leider nicht mehr
Zeit zur Verfügung stellen. Allerdings sehe ich auch mit großer
Bewunderung, dass Sie diese Aufgabe souverän und mit
beachtlichem wissenschaftlichen Sachverstand, der den Besten unserer
Zunft zur Ehre gereichte, erledigen, sodass Sie meiner bescheidenen
Beiträge kaum bedürfen.«
    Charlotte
hub zum Widerspruch an, doch das ehrliche Lächeln Dr. Bannings
ließ sie schließlich das Kompliment überrascht und
mit Stolz entgegennehmen. Immer wieder wunderte sie sich über
die recht unkonventionelle Haltung Dr. Bannings hinsichtlich vieler
gesellschaftlicher Fragen. Er war ein echter Freigeist, was
vielleicht auch der Grund dafür war, dass er den schlichten
Pfarrdienst in einer Landgemeinde einer glänzenden Karriere an
einer Universität wie Oxford, die ihm aufgrund seiner brillanten
Geistesgaben und Kenntnisse sicher gewesen sein dürfte,
vorgezogen hatte. Stattdessen hatte er sich dem Wohl der einfachen
Bevölkerung verschrieben und einen nicht zu unterschätzenden
und überaus positiven Einfluss auf Captain Battingfield
gewonnen, dem er als väterlicher Freund und Ratgeber seit über
zwanzig Jahren zur Seite stand. Das tiefe Vertrauen zwischen den
beiden Männern war trotz ihres Altersunterschieds und ihrer
Stellung nicht zu

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