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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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mit diesem Mann noch einmal zusammentreffen
zu müssen, mehr als ich es sagen kann. Ich kann auch Millicent
nur raten, nicht mehr an ihn zu denken. Er ist es nicht wert, trotz
seiner Herkunft und seines Aussehens.
    Lady
Battingfield hat mich indessen nicht ganz uneigennützig zu sich
eingeladen. Ihre Mutter, Lady Wellesley, ist schon vor Weihnachten
abgereist und jetzt scheint sie sich hier auf Dullham Manor recht
einsam zu fühlen. Sie ist eine Dame, die die Betriebsamkeit
Londons liebt, mit seinen Festen und Veranstaltungen, seinen
Geschäften und Teegesellschaften. Es ist schon seltsam: Lord
Battingfield und seine Gattin scheinen der Inbegriff eines perfekten
Paares zu sein; er ein erfolgreicher Marinemilitär mit Bildung
und Geschmack, Titel und Vermögen, sie eine überaus schöne
(du erinnerst dich sicher, sie war die ungekrönte Königin
des Balles auf Millford Hall) und nach den Erfordernissen der
Gesellschaft erzogene Frau von sehr vornehmer Herkunft und sogar mit
Reichtum gesegnet. Trotzdem wirken sie nicht recht zufrieden, obwohl
es mir als Gast nicht ansteht, darüber zu urteilen.
    Manchmal
frage ich mich allerdings, ob es sinnvoll ist, sich nicht nach der
Wahl des Herzens, sondern mehr nach rationalen und wirtschaftlichen
Erwägungen zu verheiraten. Selbst wenn alle objektiven
Bedingungen günstig erscheinen. Andererseits habe ich am
Beispiel meiner Eltern erlebt, welch leidvolle Konsequenzen es haben
kann, der Stimme des Herzens gegen alle Widerstände zu folgen.
Meine Eltern liebten sich zwar, aber vor allem meine Mutter hat einen
vielleicht zu hohen Preis gezahlt, der nicht nur sie, sondern auch
ihre Angehörigen betraf. Wer weiß, was richtig ist und wer
mag das rechte Urteil fällen?
    Ob
es uns gelingen wird, den richtigen Weg zu finden? Ich wünsche
einmal mehr, wir Frauen wären freier in unserer Wahl. Aber ich
befürchte, mein Weg ist durch Lady Millford schon sehr deutlich
vorgezeichnet.
    Nun
noch etwas Wichtiges: Lady Battingfield plant einen Ball auf Dullham
Manor. Ich habe versprochen, ihr bei den Vorbereitungen zur Hand zu
gehen. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass dies wiederum nicht
ganz uneigennützig von mir ist. Hoffe ich doch, ihr vorschlagen
zu können, euch einzuladen, was mir sicher gelingen wird. So
können wir uns wieder einmal sehen. Vielleicht gibt es ja auch
bei einem solchen Anlass den einen oder anderen aussichtsreichen
Kandidaten, der auch Lady Millford besänftigen kann, zu
entdecken. Ich werde euch so bald als möglich Nachricht
schicken, wann das Fest stattfinden soll.
    Nun
bleibt mir nur noch, dich zu bitten, deine Familie und dabei
besonders deine Eltern (ich hoffe, dein lieber Vater befindet sich
wieder wohl und die Gicht plagt ihn nicht mehr) sowie natürlich
Millicent und Edward zu grüßen. Ich bitte dich, es mir
nicht gleichzutun, sondern mir recht bald zu schreiben.

    Deine
Charlotte

    Charlotte
legte die Feder zögernd zurück in das Schreibpult. Hatte
sie in ihrem Schreiben zu viel von dem verlauten lassen, was sie
keinesfalls verraten wollte? Immer wieder hatte sie sich in den
vergangenen Wochen hingesetzt, um einen Brief an Mary Fortescue zu
schreiben, die sich sicherlich schon über das Ausbleiben der
versprochenen Nachrichten wunderte. Aber was sollte sie schreiben,
ohne das verabscheuungswürdige Verbrechen Terencys zu verraten?
Unzählige Male hatte sie ihr Vorhaben verschoben und die
begonnenen Zeilen vernichtet. Nun ließ es sich aber nicht
länger aufschieben. Vielleicht zweifelte Mary schon jetzt an
ihrer Freundschaft, die Charlotte doch ehrlich zu vertiefen hoffte.
    Ihr
derzeitiger Aufenthalt auf Dullham Manor und der bevorstehende Ball
schien aber eine willkommene Möglichkeit zu sein, ein
ausführliches Schreiben zu rechtfertigen und das unerfreuliche
Thema Mr Terency so unerwähnt wie möglich zu lassen.
    Tatsächlich
war die Einladung nach Dullham Manor, die Lady Battingfield vor
einiger Zeit ausgesprochen hatte, Charlotte entgegengekommen.
Erleichtert hatte sie zugesagt. Nicht nur, dass sie sich jetzt
wirklich intensiv ihren umfangreichen Aufgaben widmen konnte, ohne
sich der ständigen Missbilligung ihrer Tätigkeit durch Lady
Millford gewiss zu sein, sie genoss es auch, der immer bedrückender
gewordenen Atmosphäre auf Millford Hall entfliehen zu können.
Es ließ sich nicht leugnen, dass Sir Alistair dem Tode näher
war als der Genesung. Sein Leiden ließ sich nicht mehr
verbergen und mit jedem Tag, an dem seine Kraft abnahm, wurde

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