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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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als Gouvernante weit weg von Millford
besorgen, vielleicht beim weniger angesehenen irischen Adel. Nun,
möglicherweise sah so der Plan ihrer Tante aus. Vielleicht
rechnete sie damit, dass Charlotte sich blamieren und in der hiesigen
Gesellschaft durchfallen würde, um sie auf diese Weise ein für
alle Mal loszuwerden. Offenbar hatte sie ihrem Gatten in diesem Punkt
nichts entgegensetzen können, obwohl Charlotte den Eindruck
gewonnen hatte, dass Sir Alistair zwar ein liebenswerter, aber kein
willensstarker Mensch war. Umso bemerkenswerter, dass er sich nach
all den Jahren doch gegen seine Frau hatte durchsetzen können,
mit seinem Wunsch, Charlotte in sein Haus aufzunehmen. Sie hatte das
Gefühl, dass er die Verbannung seiner Schwester bedauerte und er
bereit war, den »Skandal«, wie es Lady Millford immer
wieder betonte, der Vergangenheit angehören zu lassen. Er schien
ehrliche Reue über das Schicksal seiner Schwester zu empfinden.
    Charlotte
beschloss, sich nicht so leicht den geheimen Plänen Lady
Millfords unterzuordnen und ihr Bestes zu geben, was diesen Ball
anbetraf. Obwohl sie solchen Festivitäten, wie sie auch
gelegentlich in Surrey stattgefunden hatten und zu denen sie als
Lehrerin von manchen ihrer Schülerinnen hin und wieder
eingeladen worden war, wenig Unterhaltendes hatte abgewinnen können.
Erschien es ihr doch im Innersten mehr ein Pferdemarkt zu sein, bei
dem die erwachsenen Töchter der Gentry und der Peers sozusagen
zur Begutachtung und Wertsteigerung des familiären Vermögens
feilgeboten wurden. Charlotte musste sich bei diesem Gedanken das
Lachen verbeißen. Mrs Longbottom hätte bestimmt einen
ihrer berühmten nervösen Anfälle bekommen, wenn er ihr
zu Ohren gekommen wäre. Charlotte verstand ihre Mutter
inzwischen gut, die damals aus diesem gesellschaftlichen Korsett
ausgebrochen war und – wenn auch um den hohen Preis der Ächtung
durch Familie und Gesellschaft – den Mann geheiratet hatte, der
ihr Herz erobert hatte. Sie fragte sich allerdings, ob ihre Mutter
diesen Schritt wohl jemals bereut hatte. Ihr Bruder jedenfalls
bedauerte den Verlust seiner Schwester zutiefst, dessen war sie sich
sicher.
    Sie
war unversehens bei der hohen Tür, die vorhin einen Spalt offen
gestanden hatte, angelangt und erinnerte sich an den herrlichen
Flügel, der hinter dieser Tür darauf wartete, von einem
willigen Musikanten beehrt zu werden. Vorsichtig näherte sie
sich und öffnete leise die Tür. Ja, da stand er!
Walnussfarben und mit herrlichen bunten Einlegearbeiten verziert,
prangte er in einem lichtdurchfluteten Raum, der vermutlich als
Aufenthaltsraum bei gesellschaftlichen Anlässen genutzt wurde.
Gefällig angeordnete Sitzgruppen lockerten den hohen,
mittelgroßen Saal auf und in der Ecke befand sich ein
prächtiger, gekachelter Ofen, der auch in der kälteren
Jahreszeit Besucher zum Verweilen einladen konnte. Nahe dem Flügel
stand ein hoher Vitrinenschrank, der angefüllt war mit
Notenblättern und einigen weiteren Instrumenten, wie Flöten
und sogar einer Laute. Ja, dies war der geliebte Flügel ihrer
Mutter, kein Zweifel. Er war ihr oft beschrieben worden.
    Charlotte
setzte sich andächtig auf die Klavierbank. Fast vermeinte sie
die Anwesenheit ihrer Mutter zu spüren und schluckte, um die
aufsteigenden Tränen zu verdrängen. Dann – vorsichtig
und in der Furcht, die Stille des Raumes allzu grob zu durchbrechen –
schlug sie ein paar Tasten an. Der Klang war wunderbar und dadurch
ermutigt, spielte sie die ersten Töne einer kleinen Suite von
Purcell (6), hörte jedoch sofort wieder auf, als das Instrument
Unschönes von sich gab. Der Flügel war leider völlig
verstimmt. Seit dem Fortgang ihrer Mutter aus Millford Hall hatte
wohl kaum jemand mehr auf ihm gespielt und noch weniger sich um das
edle Instrument gekümmert. Ein Jammer! Die liebevolle und
kundige Hand eines guten Klavierstimmers, etwa Mr Hover aus Surrey,
würden diesem königlichen Instrument wieder Leben
einhauchen können. Wenn es sich ergab, wollte sie ihren Onkel
darum bitten. Bei Lady Millford rechnete sie sich kaum Chancen aus,
obwohl es ihr möglich schien, im Zuge der Vorbereitung auf den
Ball auch ihr Glück bei ihrer Tante zu versuchen. Nur musste es
geschickt vorgebracht werden.
    Entschlossen
erhob sich Charlotte von der Klavierbank und machte sich auf den Weg
zurück in ihr Zimmer. Ihre Tante würde zweifellos zu
gegebener Zeit nach ihr rufen lassen. Sie konnte in der Zwischenzeit
ihre wenigen Besitztümer

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