Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition)
machen, wenn ich dieser inneren Stimme nachgebe.“
Er fand sich tatsächlich langsam mit der Vorstellung von Lilja als Mutter ab. Auch wenn es nach wie vor mit einigem Unbehagen einherging.
„Habt ihr euch überlegt, wo das Kind aufwachsen soll?“
„Bei uns auf der Erde“, entgegnete Alex überzeugt.
Luzifer konnte ein widerwilliges Gesicht nicht verbergen. Der Gedanke, dass der Nachwuchs auf der Erde leben sollte, beunruhigte ihn zutiefst. Immerhin könnte es sich hierbei auch um seinen Nachfolger handeln. Falls ihn nicht doch noch die Vatergefühle überkamen.
„Du wirkst nicht begeistert“, kam es leise von Alex.
„Was soll ich dazu sagen? Du hast vor, das Kind auf der Erde aufzuziehen. Das ist nicht gerade etwas, das ich mir für das Kind wünsche.“
„Was hast du gegen die Erde? Ich dachte, du magst die Menschen.“
Lautlos stieß Luzifer einen Seufzer aus, als er erwiderte: „Sie zu mögen heißt noch lange nicht, dass ich mir wünsche, dass dieses Kind unter ihnen aufwächst. Hast du schon mal daran gedacht, was passiert, wenn jemand herausfindet, dass es nicht ganz so normal wie andere ist?“
„So weit wird es nicht kommen.“
„Sagst du. Aber was wenn doch? Was wenn das Kleine aus Versehen jemanden in Flammen aufgehen lässt? Das ist bei einer Mutter wie Lilja gut möglich.“
„Ich sagte doch, das wird nicht passieren“, hielt Alex eisern dagegen.
Die Hartnäckigkeit des Mannes war wirklich beeindruckend.
„Es hat vielleicht keine Ähnlichkeit mit dir.“
„Mag sein. Aber es ist mein Kind und das reicht mir.“
Die Vorstellung, bald Onkel zu sein, ließ ihn erschaudern. Somit war es Luzifer unbegreiflich, wie der Mann so ruhig bleiben konnte.
„Habt ihr einen Geburtstermin?“
„Nächstes Jahr im Frühling.“
Sie kamen eben an einer Gruppe Wesen vorbei, als eine verzweifelte Stimme an Luzifers Ohren drang.
„Aber sie muss doch hier irgendwo sein.“
„Was ist denn los?“, wollte Luzifer wissen.
„Ein Dämonenkind ist verschwunden.“
„Wie konnte es dazu kommen?“
So gleichgültig die Frage gestellt war, so aufgebracht fühlte sich Luzifer. Immerhin gab es nicht viele Dämonenkinder. Und jedes von ihnen war wichtig.
„Ich weiß nicht. Wir wollten zur dritten Höllenpforte, um meine Eltern zu besuchen. Dann kam uns eine Gruppe Imps mit Fingerknochengirlanden entgegen. Wir haben ihnen beim Aufhängen zugesehen. Und kaum drehe ich mich zu der Kleinen um, ist sie auch schon weg.“
„Und die Imps?“
„Die waren auch fort.“
„War ja abzusehen“, murmelte Luzifer.
Seine Augen huschten zu den Dämonen, als er meinte: „Jeder von euch hat die Aufgabe, das Dämonenkind zu finden. Wenn ihr sie habt, bringt sie zum dritten Höllentor. Und du“, erklärte er an die Mutter gewandt, „wartest dort.“
„Ja, Herrscher.“
Die Dämonen stoben mit einem Mal in alle Richtungen davon.
„Willst du nicht nach dem Kind suchen?“, fragte Alex.
„Wir suchen sie. Aber nicht bewusst, denn nur dann rücken die Imps das Kind heraus. Einer ihrer jährlichen Streiche. Normalerweise ist es aber was Kleineres, das sie mitgehen lassen. Eine Seelenkugel oder ein Mistelzweig. Ein Dämonenkind ist eher selten.“
Ihm entging nicht, dass sich Alex nach dem Kind umsah. Womit man kaum seine Aufmerksamkeit auf die Dekoration lenken konnte. Erst als sie an einer Feuerstelle mit Gewürzwein vorbeikamen, legte sich dieser Umstand.
„Und deine Familie? Was muss ich über die wissen? Ich meine, außer, dass sie meine Schwester nicht leiden können.“
Dabei nahm Luzifer einen Schluck von dem erwärmten Seelenwasser. Der Lakritzgeschmack breitete sich auf seiner Zunge aus und hinterließ ein angenehmes Gefühl.
„Meine Mutter ist Lebensberaterin und hält nichts von Weihnachten. Mein Vater wird den Abend vermutlich bei seiner Geliebten verbringen, und dann hab ich noch einen Bruder. Der ist wahrscheinlich grad dabei, mit den Eltern seines Freundes zu feiern.“
„Und eine Schwester hast du nicht?“
Luzifer kam der Gedanke, dass seine Worte falsch gewählt waren. Zumal Alex betreten den Kopf senkte.
„Sie ist tot, nicht wahr?“, fragte er nach einiger Zeit des Schweigens nach.
„Sahra war die einzige, die mich immer verstanden hat. Sie war dreißig Jahre, als sie starb. Ironie des Schicksals, dass es gerade der Weihnachtsabend war. Sie wollte uns besuchen, kam aber nie an. Ich hab zwei Stunden vorher noch mit ihr gesprochen. Gemeint, sie solle vorsichtig fahren. Hat
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