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Phantom des Alexander Wolf

Phantom des Alexander Wolf

Titel: Phantom des Alexander Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Gasdanow
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Donner, und wieder prasselten Wasserströme mit der vorigen Wucht auf das Dach des Automobils. Ich wagte mich nicht zu rühren, um Jelena Nikolajewna nicht zu wecken, mir fielen die Augen zu und sackte der Kopf nach hinten, und während ich einschlief und sofort wieder aufwachte, dachte ich über vieles gleichzeitig nach, vor allem darüber, dass ich, ganz gleich, wie sich mein Leben weiter gestalten und welche Ereignisse eintreten würden, mich immer an diese Nacht erinnern würde, an den Kopf der Frau auf meinen Knien, an diesen Regen und den Zustand halbschläfrigen Glücks, den ich dabei empfand. Nach der alten Gewohnheit, jedes meiner Gefühle festzuhalten und zu ergründen, überlegte ich, woher und weshalb ich schon so lange und so blind wusste, dass ich eines Tages dieses Glück erleben würde und auch gar nichts Überraschendes daran wäre, sondern geradezu etwas Gesetzmäßiges, Natürliches, das mir seit jeher beschieden war. Nun kam mir der Gedanke, wenn ich alles begreifen und irgendwo im fernen Raum den fiktiven Augenblick finden wollte, da alles anfing, wenn ich restlos klären wollte, wie es dazu gekommen und weshalb es möglich geworden war und wie es mich jetzt im Sommer, nachts, bei Regen in den Wald verschlagen konnte, mit einer Frau, von deren Existenz ich noch vor ein paar Monaten nichts gewusst hatte und ohne die ich mir nun mein Leben nicht mehr vorstellen konnte, dann müsste ich dazu Jahre der Arbeit und strapaziöser Gedächtnisanstrengungen aufwenden, und bestimmt könnte ich darüber einige Bücher schreiben. Dieses gleichmäßige Rauschen des Regens, dieser Kopf, der auf meinen Knien lag – und meine Muskeln gewöhnten sich bereits an die runde und sanfte Schwere, die sie spürten –, dieses Gesicht, auf das ich im Dunkeln blickte, gleichsam über mein eigenes Schicksal gebeugt, und diese unvergessliche Empfindung seliger Fülle – wie war das nur möglich gewesen? Im Lauf meines Lebens hatte ich so viel Tragisches oder Abscheuliches gesehen, so oft hatte ich Treubruch, Feigheit, Abtrünnigkeit, Habsucht, Dummheit und Verbrechen gesehen, ich war dermaßen davon vergiftet, dass ich nicht mehr hätte imstande sein dürfen, überhaupt etwas zu fühlen, was einen auch nur fernen Widerschein einer auch nur kurzzeitigen Vollkommenheit in sich trug. Während dieser Stunden war ich weit weg von den Zweifeln, die mich gewöhnlich nie verließen, von der stets zu spürenden Traurigkeit, vom Spott – von allem, was meine ständige Einstellung gegenüber dem bestimmte, was mir widerfuhr. Mir schien, wäre nicht gewesen, was nun war, so hätte ich mein Leben umsonst gelebt, und das würde immer so sein, ganz gleich, was noch passieren sollte.
    Ich hatte das nie mit solcher Klarheit empfunden wie in dieser Nacht; ich musste mir einfach eingestehen, dass es eine solche Reinheit der Empfindungen in meinem Leben noch nie gegeben hatte. Alles war in dieser Zeitspanne auf einen einzigen Gedanken konzentriert; und obwohl er alles umschloss, was ich wusste und dachte und alles, was dieser Zeitspanne unmittelbar vorausgegangen war, lag darin natürlich jenes Element der Unbeweglichkeit, von dem Wolf gesprochen hatte. Letztlich hatte er vielleicht recht: Wenn wir nichts vom Tod wüssten, wüssten wir auch nichts vom Glück, denn wüssten wir nichts vom Tod, hätten wir keine Vorstellung vom Wert unserer besten Gefühle, wir wüssten nicht, dass einige niemals wiederkehren und dass wir sie nur jetzt in ihrer ganzen Fülle begreifen können. Davor war uns das nicht beschieden, danach würde es zu spät sein.
    Das vor allem war einer der Gründe, die mich bewogen, Jelena Nikolajewna die Geschichte Wolfs nicht zu erzählen. Ich hatte nicht vorgehabt, sie zu verschweigen, im Gegenteil, ich hatte mehrfach überlegt, wie ich sie erzählen könnte. Aber in diesen Tagen wollte ich nicht, dass in unsere Welt etwas Fremdes und Feindliches eindränge. Ich nehme an, dass Jelena Nikolajewna ebenso dachte wie ich, denn in der gesamten Woche entsann sie sich nicht der »Begegnung mit einem Phantom«, die ich ihr gegenüber erwähnt hatte.
    Mehrfach kam mir in den Sinn, dass nur unverständlicher Unsinn herausgekommen wäre, peinlich ob seiner Gedankenlosigkeit, wenn ich in dieser Zeit meine Gespräche mit Jelena Nikolajewna notiert hätte. Dieser Unsinn begleitete nur das Schillern der Gefühle, das jene Zeitspanne kennzeichnete; außerhalb davon existierte für uns nichts, und alles, was uns umgab, erschien nur lustig

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