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Philadelphia Blues

Philadelphia Blues

Titel: Philadelphia Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathilda Grace
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gesehen.“
    Adrian seufzte. „Ja, das habe ich. Aber anstatt hinzugehen und zu fragen, wer der Junge ist, ziehst du falsche Schlüsse.“
    „Ich will überhaupt nicht wissen, wer das ist“, fluchte Colin und raufte sich die Haare. Dieser Anwalt war wirklich unmöglich.
    „Warum streiten wir dann?“, hielt Adrian ihm vor. „Wenn es dir so egal ist, wie du behauptest, warum schiebst du Mikael Corvin dann nicht einfach beiseite und vergisst ihn? Es gibt Millionen anderer Männer auf der Welt, die du dir angeln kannst.“
    „Die will ich aber nicht!“, platzte aus Colin heraus, bevor er es verhindern konnte und daraufhin herrschte Schweigen. Fassungsloses und entsetztes Schweigen. Zumindest auf seiner Seite, denn ihm war bewusst, was er Adrian gegenüber gerade zugegeben hatte. Er musste sofort das Thema wechseln. „Was ist eigentlich aus Eve geworden?“
    „Sie lebt in Miami, hat wieder geheiratet und ist heute stolze Mutter von Zwillingen.“
    „Hm“, machte Colin leise, denn etwas anderes fiel ihm dazu nicht ein. Er hätte nie gedacht, dass eine Gruppe so verschiedener Leute so eng zusammenhalten konnte. Andererseits hatte er damit auch keinerlei Erfahrung, obwohl Devin, Sally und Frank eine tolle Familie waren. Dennoch waren sie nur zu dritt. Diese Truppe jedoch bestand aus... Moment mal, wie viele Leute waren das eigentlich?
    Colin geriet ins Grübeln. Da gab es Pärchen oder Familien in Los Angeles, Miami, Baltimore, Cumberland und Cape Elizabeth. Zwanzig? Vermutlich sogar noch mehr. Colin wusste es nicht sicher, aber es mussten um die zwanzig Personen aus verschiedenen Familien sein, die über das ganze Land verstreut lebten. Wie das funktionierte, war Colin zwar ein Rätsel, aber das tat es. Und irgendwie wäre es schön, zu dieser Gruppe dazuzugehören.
    „Worüber grübelst du?“
    Colin schreckte auf und schüttelte anschließend den Kopf. „Nichts Wichtiges. Ich habe mich nur gefragt, ob wir erst ins Hotel sollen oder ob ich gleich zu meiner Sippe fahre.“ Das war zwar eine Lüge, aber auf eine mehr oder weniger kam es nun auch nicht mehr, dachte Colin und sah demonstrativ aus dem Fenster, um Adrians forschendem Blick zu entgehen, der ihm natürlich kein Wort glaubte.

    Die Entscheidung fiel zu Gunsten des Hotels aus und so fand sich Colin erst am späten Abend, nachdem sie ihre Sachen in ihre Zimmer gebracht und er eine Dusche genommen hatte, vor dem Haus seiner Kindheit wieder, welches er nach seinem Weggang damals eigentlich nie mehr hatte betreten wollen. Auf den ersten Blick hatte sich nicht viel verändert. Das Haus war noch dasselbe, wie Colin es in Erinnerung hatte. Nur die Farbe am Putz und an den Fensterläden war verblasst und blätterte an vielen Stellen ab. Dafür waren die Blumenbeete im Vorgarten allerdings perfekt bepflanzt.
    Für seine Mutter war der äußere Schein immer wichtig gewesen. Das hatte für das Haus genauso gegolten wie für seine Bewohner. Seine Eltern hatten niemals zugelassen, dass Gwen oder er mit dreckigen Sachen herumliefen. Ob Schule oder privat, es hatte für sie keinen Unterschied gemacht. Colin erinnerte sich noch verdammt gut daran, wie merkwürdig die ersten Wochen in Philadelphia gewesen waren, wo es kein Schwein interessiert hatte, dass er mit einem Ölfleck auf der Jeans durch die Straßen lief, oder mit einem dreckigen Overall einkaufen ging. Er war frei gewesen. Frei, um zu tun, was immer er wollte und diese Freiheit würde für nichts in der Welt aufgeben.
    Die Frau, die ihm auf sein Klopfen hin die Tür öffnete, erkannte Colin auf den ersten Blick nur schwer wieder. Seine Mutter war alt geworden und das lag nicht an den Falten in ihrem Gesicht und den grauen Haaren. Sie wirkte verbraucht. Ihm fiel kein besseres Wort dafür ein, dabei betitelte man doch eher Nutten oder Süchtige mit diesem Wort, sobald sie... Colin schüttelte den Gedanken ab. Wie kam er denn jetzt darauf? Seine Mutter war weder das Eine noch das Andere. Nie gewesen. Sie war eine gläubige Frau, die Gott ständig über alles gestellt hatte. Sogar über ihren eigenen Enkel, wurde ihm schmerzlich bewusst und er straffte sich.
    „Hallo“, sagte er ruhig, denn das 'Mum' bekam er nicht über die Lippen. Sie war schon lange nicht mehr seine Mutter. Sally war für ihn mittlerweile das, was einer Mutter am nächsten kam. „Erinnerst du dich noch an mich?“
    „Colin“, flüsterte seine Mutter nach den ersten Schrecksekunden und sah ihn verblüfft an. „Ich hatte nicht geglaubt,

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