Philadelphia Blues
dass du je... Also... Dass du wiederkommen würdest.“
„Wundert mich nicht“, murmelte er und ignorierte sowohl Adrians prüfenden Blick, als auch den ratlosen seiner Mutter. „Ist er da?“
„Nein, er ist im Pub. Wie jeden Abend, das weißt du doch“, sagte sie und ihr Blick heftete sich auf Adrian. „Ist das...?“
„Mein Freund?“, half Colin aus, als seine Mutter die Frage offen ließ, und ballte die Fäuste. Sie konnte es nicht mal aussprechen. Selbst nach all den Jahren nicht. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen hierherzukommen. „War es das, was du uns fragen wolltest?“, setzte er bissig nach und zuckte zusammen, als Adrian ihm eine Hand auf die Schulter legte.
„Ich bin Adrian Quinlan. Colins Anwalt.“
„Oh.“ Seine Mutter seufzte hörbar erleichtert. „Nun... Wollen Sie hereinkommen?“
„Gilt diese Einladung nur für mich, oder auch für Ihren Sohn?“
Seine Mutter wurde rot, was Colin insgeheim eine große Genugtuung verschaffte. „Natürlich gilt sie auch für Colin. Möchten Sie einen Tee? Ich habe soeben frischen gemacht.“
Sie fragte nicht, ob er etwas wollte. Das hatte sie schon früher nie getan, sobald Gäste ins Haus gekommen waren. Von Gwen oder ihm war immer nur erwartet worden, sich anzupassen und ruhig zu sein, um ihren Eltern ja keine Schande zu machen. Colin holte tief Luft, nachdem seine Mutter sie hereingebeten und die Haustür geschlossen hatte, um ihnen den Weg ins Wohnzimmer zu zeigen, weil Gäste doch nicht in der Küche sitzen konnte. Er hatte es ganz vergessen. Wie wichtig ihr solche Dinge waren und wie weh es ihm jedes Mal getan hatte, vom Sohn praktisch zu einem Ding degradiert zu werden, das nur dazu da war, Tee nachzufüllen und ein liebes Kind zu sein.
Oh ja, seine Mutter war immer eine formvollendete Gastgeberin für ihre Besucher gewesen. Sie hatte allerdings nie verstanden, warum Gwen nach solchen Tagen immer weinend zu ihm ins Bett gekommen war und er selbst sich, je älter er wurde, vor solchen Besuchen lieber geprügelt hatte, um mit Hilfe von Verletzungen von ihren Teerunden ausgeschlossen zu werden. Materiell gesehen, hatte es Gwen und ihm all die Jahre an nichts gefehlt, aber eine richtige Familie waren sie dennoch nie gewesen.
„Bitte setzt euch doch.“ Seine Mutter wies auf Couch und Sessel. „Colin, würdest du...“
„Nein!“, fuhr er ihr abrupt über den Mund und brauchte dann einen Moment, um sich zu beruhigen. Sie machte es schon wieder. Es hatte sich wirklich rein gar nichts geändert. „Wir sind nicht gekommen, um Tee zu trinken. Ich bin nur hier, weil ich etwas wissen will.“
„Nun ja...“ Seine Mutter war sichtlich aus dem Konzept gebracht. „Das ist schön... Ich... Was möchtest du wissen?“
Zwecklos. Colin wurde es in dem Moment klar, als seine Mutter die Frage stellte. Sie begriff überhaupt nichts. Er hätte genauso gut in Philadelphia bleiben und mit einer Wand reden können. Wie hatte er auch annehmen können, hier vielleicht etwas zu erreichen? Seine Eltern würden sich nicht ändern. Niemals. Colin sah zu Adrian, der die Maske des unnahbaren Anwalt aufgelegt hatte, und er hätte eine Menge dafür gegeben, dasselbe tun zu können.
„Ihr werdet euch nie ändern.“ Colin schüttelte den Kopf. „Und ihr werdet auch nie verstehen, warum ich gegangen bin.“
„Was meinst du damit?“, fragte seine Mutter und rang die Hände. „Du sprichst in Rätseln, Colin. Genauso wie früher. Dabei habe ich immer versucht, zu verstehen, was mit dir nicht stimmt und...“
„Mit mir stimmt alles, Mum! Aber das hast du nie kapiert!“ Colin war so wütend, enttäuscht und verletzt. „Du wolltest es auch nicht verstehen. Gwen und ich waren dir völlig egal.“
„Das ist nicht wahr“, verteidigte sie sich leise, aber ihr Blick verriet sie. Für seine Mutter war er der Schuldige. Das war immer so gewesen.
„Ach nein? Warum hast du mich dann nicht zurückgehalten, als ich damals weggegangen bin? Warum hast du Gwen nicht geholfen, als sie mit Kilian schwanger wurde? Warum hast du deinen eigenen Enkel mit einem Stück Papier einfach aus deinem Leben verbannt?“, sprudelten im nächsten Moment all die Vorwürfe aus Colin heraus, weil er auf einmal das Gefühl hatte, an ihnen zu ersticken. „Und was ist mit den Bildern? Du und Dad, ihr habt Gwens Bilder verbrannt und ihre Sachen weggeworfen. All ihre Erinnerungen. Kilians Erinnerungen an seine Mutter. Was gab euch das Recht dazu? Was, Mum?“
„Ich habe
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