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Philadelphia Blues

Philadelphia Blues

Titel: Philadelphia Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathilda Grace
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nicht?“
    Für seine eher schmächtige Statur war Kilian verdammt schwer zu bändigen, aber Colin hielt ihn fest. Er ließ seinen Neffen fluchen und toben und schreien, bis Kilian nicht mehr konnte und nach Atem ringend in seinen Armen mehr hing als stand. Auf diesen Augenblick hatte Colin gewartet. Jetzt konnte er hoffentlich zu seinem Neffen vordringen und den dazu bringen, ihm zuzuhören.
    „Manchmal vergisst der Verstand Dinge, um mit ihnen klarzukommen, Kilian“, sagte er leise und wartete einen Moment, ob Kilian darauf vielleicht etwas sagen wollte. Aber sein Neffe schwieg, was Colin als gutes Zeichen wertete. „Es kann gut sein, dass du dich eines Tages wieder an alles erinnerst. Es ist aber genauso möglich, dass du nie wissen wirst, was bei dem Unfall passiert ist. Egal wie, es ist okay, hörst du?“
    „Aber...“, fing Kilian an, doch Colin unterbrach ihn sofort, weil er nicht wollte, dass sein Neffe anfing Schuldgefühle wegen etwas zu haben, für das er nicht das Geringste konnte. Vielleicht hatte Gwen Kilian ja wirklich gebeten, sie sterben zu lassen. Vielleicht hatte Kilian auch einfach einen schweren Schock erlitten. Das war ihm mittlerweile völlig gleichgültig. Colin war einzig und allein die Tatsache wichtig, dass Kilian den Unfall überlebt hatte und jetzt bei ihm war.
    „Es war ein Unfall. Nichts kann daran etwas ändern und das steht auch in der Akte. Adrian hat herausgefunden, dass die Polizei die Akte, die du für mich mitbekommen hast, auf Anraten des Arztes und dem Anwalt deiner Mum geändert hat. Sie wollten nicht, dass du auf diese Weise erfährst, dass du dabei warst, und es tut mir so leid, dass ich sie nicht weggeräumt habe.“
    „Aber ich...“
    „Nein“, unterbrach Colin Kilian ruhig. „Die Polizei hat das Auto untersucht. Ob du dich erinnerst oder nicht, spielt keine Rolle am Ergebnis. Es war nicht deine Schuld.“
    Kilian schüttelte den Kopf. „Und wenn ich etwas weiß? Vielleicht haben wir ja gestritten oder Mum war sauer oder...“
    „Kilian!“ Colin drehte Kilian zu sich herum und nahm sein Gesicht in beide Hände, um ihm in die Augen sehen zu können. „Wenn du dich erinnern willst, dann können wir dir einen Psychologen suchen und es versuchen, aber niemand erwartet das von dir. Oder glaubst du, deine Mum würde wollen, dass du dir Vorwürfe machst? Glaubst du, ich will das?“ Kilian schüttelte den Kopf und schlang die Arme um ihn, bevor er bitterlich zu weinen begann. „Ach, Kilian“, murmelte Colin leise und zog Kilian fest in seine Arme. Wie lange hatte er auf diesen Moment gewartet? „Ist okay, hörst du? Es ist okay.“
    „Ich war nicht mal bei ihrer Beerdigung“, schluchzte Kilian. „Die Frau von Mums Anwalt hat mich gefragt, aber ich wollte nicht. Ich wollte nicht, dass Mum tot ist. Ich wollte, dass sie wiederkommt.“
    „Wenn du ihr Grab gesehen hättest...“, murmelte Colin verstehend und Kilian nickte, während er immer heftiger weinte.
    Colin hielt seinen Neffen an sich gedrückt und zog ihn auf seinen Schoß, als er sich auf Kilians Bett setzte. Er konnte ihn verdammt gut verstehen, denn er war auch nicht an Gwens Grab gewesen, als er mit Adrian in Irland gewesen war. Colin hatte nicht mal darüber nachgedacht. Gwens Grab zu sehen, hätte ihren Tod Realität werden lassen und er hatte sich dem bislang genauso wenig stellen wollen wie Kilian. Selbst der Zusammenbruch in Adrians Armen in Baltimore hatte daran nichts geändert. Aber je länger er mit seinem Neffen hier saß und ihn tröstete, desto mehr wurde ihm klar, dass sie es tun mussten. Sie würden eines Tages nach Irland fliegen müssen, um Gwen die letzte Ehre zu erweisen.
    Irgendwann, Colin hatte keine Ahnung wie viel Zeit vergangen war, beruhigte sich Kilian und wurde ganz still. Colin dachte im ersten Moment, dass sein Neffe eingeschlafen war, aber dann regte er sich und setzte sich etwas anders hin. Da Kilian ihn dabei aber nicht losließ, hielt Colin ihn weiter fest in seinen Armen, während er seinen Blick durch Kilians Zimmer schweifen ließ. Es herrschte das übliche Chaos, was Colin unwillkürlich grinsen ließ. Dann bemerkte er eine Zeichnung auf Kilians Nachttisch und aus dem Grinsen wurde ein gequälter Blick. Die Zeichnung war ein Portrait von Mikael.
    „Warum?“, fragte Colin leise und Kilian hob den Kopf, um ihn mit rotgeweinten Augen anzusehen. Colin deutete auf den Nachttisch und Kilian verstand.
    „Ich wollte nicht rumschnüffeln.“ Kilian seufzte. „Ich wollte

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