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Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Titel: Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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berührt. Sie ließ mich in mich selbst hineinhorchen, was ich nicht oft tat, weil ich Angst vor dem hatte, worauf ich dort stoßen mochte. »Du hättest dem Apotheker nicht helfen können«, sagte ich. »Mit Stunk hättest du seine Situation nur noch verschlimmert.«
    »Ich denke, alle hier haben’s notiert«, sagte Don. »Guy Burgess wurde gerade dabei ertappt, wie er einen ernsthaften Kommentar abgibt.«
    »Ich wäre dir dankbar, wenn du das nicht herumerzählst«, sagte ich, »sonst verdirbst du mir noch meinen Ruf als Taugenichts.«
     
    Zwei Wochen später aß ich mit Kim in einem Pub in Holborn zu Mittag. Er arbeitete ganz in der Nähe, für vier Pfund wöchentlich als Redakteur bei der
Review of Reviews,
einem runtergekommenen Monatsblatt voller langweiliger aus amerikanischen und englischen Zeitschriften geklauter Artikel. Die Autoseite war das Einzige, was das Blatt halbwegs lesbar machte, die und gelegentlich noch ein Leserbrief, der, da die
Review
keine Briefe bekam, von Kim (natürlich unter Pseudonym) selbst geschrieben wurde. »Gott, was man nicht alles tut, um was zu essen auf den Tisch zu bekommen«, sagte er mit einem Seufzer, als wir in unsere Nische rutschten. Eine Frau mit mächtigem Vorbau wischte ein paar Bierpfützen vom Tisch. Der Lappen, den sie dazu benutzte, war so nass, dass man ihn nur hätte auswringen müssen, um ein frisches Glas zu füllen. Sie zauberte einen Block und einen Buntstift hervor und sah mit offen stehendem Mund zwischen uns hin und her. »Was möchtet ihr, Gents?«
    »Dich«, sagte ich.
    Sie schluckte das müde Lachen einer Frau herunter, die schon alles gehört hatte. »Kein Grund, hier vorlaut zu werden.«
    »Lass uns bestellen«, sagte Kim.
    »Was für Pies habt ihr?«, fragte ich.
    »Eine nach Art des Hauses, Schätzchen. Steht alles in Goßbuchstaben auf der Tafel.«
    Wir folgten beide ihrer Empfehlung und bestellten dazu ein Pint Bitter.
    »Wie erträgt deine magyarische Amazone das Exil in Maida Vale?«, fragte ich.
    »Das Leben hier ist schlicht zu stumpfsinnig für sie«, sagte Kim.
    »Nach Wien war es zu erwarten, dass sie London langweilig findet«, sagte ich. »Ist sie Kommunistin?«
    »Na, und ob!«, sagte er. »Das ist es, was sie vermisst, Guy. Sie hat das Gefühl, aufs Abstellgleis geschoben worden zu sein. In Wien stand sie im Zentrum der Geschehnisse, war Mitglied des Bereichskomitees, und wichtige Genossen trafen sich in ihrer Wohnung. Sie holte Flugblätter aus geheimen Druckereien und brachte sie zu den kommunistischen Zellen in den Arbeiterwohnblocks.«
    »Du solltest eine Aufgabe für sie finden. Warum lässt du sie nicht im Hyde Park Flugblätter verteilen, um die Eingeborenen daran zu erinnert, dass das Ende nahe ist?«
    »Gestern waren wir bei der M-M-Maikundgebung; dort war es wie in Wien. Da müssen rund dreißigtausend Leute unterwegs gewesen sein. Litzi strahlte nur so. Heute ist ihr v-v-verdammter G-G-Geburtstag, und ich habe noch kein Geschenk für sie.«
    »Wie alt wird sie?«
    »Vierundzwanzig.«
    »Ihre Augen sind doppelt so alt.«
    »Du hast es erfasst. Sie hat D-D-Dinge gesehen, die sie lieber vergessen würde«, stimmte mir Kim zu.
    »Was treibt dein alter Herr dieser Tage eigentlich so?« Die neuesten Unternehmungen des heiligen John waren immer für eine Viertelstunde Unterhaltung gut.
    »Ach, der will in seinem Ford-Kombi von Dschidda nach England fahren, durch Transjordanien und Nordafrika, und dann bei den Säulen des Herakles nach Europa übersetzen. Ich versuche ihn gerade dazu zu bringen, unterwegs ein Reisetagebuch für die
Review
zu schreiben. Ich habe ihm vorgeschlagen, es
Von Mekka nach Maida Vale
zu nennen. Ist doch ein t-t-toller Titel, oder?«
    Unser Bier kam. Die Pies ließen auch nicht mehr lange auf sich warten. Eine Weile lang aßen wir schweigend.
    »Hör zu, Kim, arbeitet dein Vater eigentlich für den Geheimdienst? Alle behaupten, es könne nicht anders sein.«
    »Nicht, dass ich wüsste. Mit einigen der Spitzenleute, die er aus seiner unschuldigen Jugend kennt, ist er immer noch eng befreundet, weigert sich aber kategorisch, Namen zu nennen. Warum fragst du?«
    »All dies Herumgewandere durch die saudische Wüste macht einen doch argwöhnisch. Und die Hälfte seiner Zeit scheint er ibn Saud Honig ums Maul zu schmieren. Mann, das wär das Größte, Kim. Ich hab eine fantastische Idee: Wir sollten Spione werden.«
    »Wie witzig, ich habe gerade
Spione
verstanden.«
    »Du hast ganz richtig gehört. Überleg doch

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