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Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Titel: Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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»Kim, wir haben nie wirklich darüber gesprochen …«
    »Was gibt es da auch zu bereden? Was geschehen ist, ist geschehen. Das gehört zur Kategorie verschüttete Milch.«
    »Wir waren beide ziemlich voll …«
    »Ich habe dir nie V-V-Vorwürfe gemacht, Guy, höchstens mir selbst. Du hast dich einfach so verhalten, wie es deiner Natur entspricht.«
    »Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich dich gedrängt habe, weiter zu gehen, als du eigentlich wolltest.«
    »Ich hatte deine Entschuldigung schon angenommen, lange bevor du sie ausgesprochen hast.«
    »Weiß deine Ungarin davon?«
    »Sie weiß, dass da etwas war. Sie weiß, was
buggered
heißt, aber nicht, dass du es warst.«
    »Auch gut.« Ein Gedanke ließ mich lächeln. »Und ja, es stimmt, da gab es einen Jungen im Metropol.«
    »Hab ich’s mir doch gedacht. Diese plötzliche Begeisterung für Sowjetrussland. All dieses G-G-Gerede, NKWD-Spion zu werden.«
    »Er hieß Igor. Wenigstens hat er das gesagt. Famoser Kerl. Natürlich haben wir gevögelt.«
    »War das klug? Vielleicht versuchen sie dich jetzt zu erpressen …«
    »Womit sollten sie mich denn erpressen? Ich mach doch kein Geheimnis draus.«
    »Das stimmt.«
    »Hinterher habe ich ihn in eine kleine Kneipe in einer Gasse gegenüber vom Kreml eingeladen, auf der anderen Flussseite. Das Essen war fürchterlich. Igor holte eine Papiertüte mit Frühlingszwiebeln hervor, die seine Mutter ihm mitgegeben hatte, und teilte die Zwiebeln mit mir, als sie den angeblichen Borschtsch brachten. Er erzählte von Stalin, der Metro, die von einem Ukrainer namens Chruschtschow gebaut wird, und den großen Staudämmen, die den Strom für riesige Fabriken liefern. Das war keine Propaganda, Kim. Das war die Wahrheit. Er war ein Patriot, stolz darauf, Russe zu sein und beim Aufbau des Kommunismus mithelfen zu können. Beim Abschied nannte er mich ›Genosse‹,
Towarischtsch
auf Russisch. ›Towarischtsch Guy‹, flüsterte er, als wir am Lenin-Mausoleum vorbeikamen, ›nur damit du es weißt. Ich reiße im Metropol Ausländer auf und berichte der Geheimpolizei, was sie sagen.‹«
    »So hilft Igor beim Aufbau des Kommunismus?«
    »Du wirst lachen, aber die Antwort ist: Ja. Igor tut, was er kann. Jeder nach seinen Fähigkeiten. Und ich habe begriffen, … wie soll ich das erklären? Ich habe begriffen, dass unsere nächtelangen Diskussionen über
Das Kapital
in Mathews Café, dass die Wochenenden, an denen wir für die sozialistischen Kandidaten auf der anderen Seite der Eisenbahnbrücke in Romsey Town Plakate geklebt haben – dass das alles reine Luftschlösser waren. Du warst der Einzige von uns, der dahin gereist ist, wo unsere sozialistischen Ideale wirklich erprobt werden. Dafür bewundere ich dich, Kim. Ehrlich. Ich habe nichts Vergleichbares vorzuweisen.«
    »Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.« Er ließ den Blick schweifen, um sicher zu sein, dass uns niemand zuhörte. »Ganz unter uns und dem Mikrofon, das angeblich in jeder Wand versteckt ist, Guy. Ich versuche, in die Britische Kommunistische Partei einzutreten.«
    »Hast du ihnen einen Brief geschrieben?«
    »Das P-P-Porto habe ich mir gespart. Ich war in ihrem Büro in der King Street.«
    Ich war fasziniert. »Du bist einfach so von der Straße zu denen rein? Ohne Empfehlungsschreiben, ohne Passwort oder sonst was? Was um alles in der Welt haben sie dazu gesagt?«
    »Ein sehr schwerfälliger Telefonist war die einzig sichtbare menschliche Kreatur. Er hat sich meinen Namen, Rang und die Mitgliedsnummer aufgeschrieben. Mitglied der Cambridge Socialist Society. Wien. Murmelte was davon, dass sie mich überprüfen müssten, und wollte die Namen von drei Leuten, die für mich bürgen könnten. Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, Guy, aber ich habe auch dich angegeben, zusammen mit Don Maclean und Anthony Blunt.«
    »Was passierte dann?«
    Die Pie schien Kim auf den Magen zu schlagen. Er holte eine Pillendose von Arm & Hammer aus der Tasche, bot mir eine Tablette an und nahm, als ich ablehnte, selbst eine. »Der Kerl schien nicht unbedingt überwältigt von meiner Kandidatur«, sagte er, und die Worte klangen etwas verwaschen, weil er die Tablette lutschte. »Sagte, ich würde innerhalb von sechs Wochen von ihnen hören.«
    Ich glaube, ich stieß einen Pfiff aus. »Sechs Wochen! Wahrscheinlich hast du dir nicht unbedingt einen Gefallen getan, als du mich angegeben hast. Aber nun ist es so.« Ein kleiner Korb mit der Rechnung landete auf unserem

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