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Philippas verkehrte Welt

Philippas verkehrte Welt

Titel: Philippas verkehrte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schroeder
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praktischerweise sind Tante Susanne und Onkel Rainer gerade auf Korfu«, fuhr Mariel fort. »Ihr könntet also getrost eine Weile dort unterschlüpfen.«
    Obwohl ich wenige Stunden zuvor genau diese Idee selber schon gehabt hatte, behagte mir der Gedanke, tagelang in einer Schrebergartensiedlung zu hausen, überhaupt nicht. Noch nie hatte ich mich so sehr nach meinen Eltern und meinen Geschwistern gesehnt wie in diesem Moment, und am liebsten hätte ich mich einfach hier von ihnen finden lassen – wenn es dieses verdammte juristische Problem nicht gegeben hätte.
    Während ich noch wie belämmert in der Küche herumstand, hasteten Mariel und Celia durch die Wohnung, rafften Waschzeug, Kleidung und die Lebensmittel zusammen und stopften alles inklusive meiner Geldbörse und dem Handy in meinen Rucksack.
    Â»Hier«, sagte Mariel und hielt mir ein paar Klamotten hin. »Zieh das Zeug einfach über dein Nachthemd. Hat Celia auch gemacht.«
    Fünf Minuten später waren wir abflugbereit. Mariel, unsere geniale Katastrophenmanagerin, warf sicherheitshalber noch einen Blick durchs Fenster in den Innenhof. »Alles ruhig. Niemand zu sehen. Kein Licht im Vorderhaus«, fasste sie zusammen. Also nix wie los, Mädels!«
    Wir schlüpften durch die Haustür ins Freie, Mariel schloss hinter uns ab, dann ging es in lautloser Hast die Treppe hinunter, durch den Innenhof und schließlich in den um diese Zeit absolut stockfinsteren Torweg. Wir mussten Licht machen, weil wir sonst den Eingang zum Vorderhaus und Frau Deggers Briefkasten nicht gefunden hätten.
    Nachdem ich den Schlüssel hineingeworfen hatte, warf ich einen Blick zum Himmel hinauf, der mir mittlerweile gar nicht mehr so dunkel vorkam. »Wie spät ist es überhaupt?«
    Â»Viertel nach zwölf«, wisperte Mariel. »In zehn Minuten fährt die letzte U-Bahn Richtung Hauptbahnhof. Allerbestes Timing.«
    Wir atmeten alle drei noch einmal tief durch, dann legte ich meine Hand auf die Klinke und zog die Stahltür langsam auf.
    Als ich den Transporter gegenüber am Straßenrand bemerkte, wusste ich, dass es gelaufen war. Mein Herzschlag setzte aus und in meinem Kopf wurde es Nacht. Und nur einen Atemzug später baumelte ich an Papas Hals. Mein Vater übersäte mein Gesicht und meine Haare mit Küssen und drückte mich so fest an sich, als wollte er mich nie wieder loslassen.

    Kurz darauf saßen wir alle zusammen um unseren Marillenstraßen-Küchentisch herum: Mama, Papa, Margarethe und Bernhard von Helsing, Celia, Mariel und ich.
    Mama hatte als Erstes Birgitta angerufen, um ihr zu sagen, dass sie uns gefunden hätten und auch Mariel bei uns war. Dann hatte sie Kakao gekocht und noch eine Packung Kekse aus dem Vorratsschrank hervorgezaubert.
    Celia, Mariel und ich hockten wie die Hühner auf der Küchenbank und hielten uns an den Händen, als hätten wir Angst, dass man uns auseinanderreißen und auf verschiedene Kontinente verteilen könnte.
    Frau von Helsing hatte auf meinem Stuhl Platz genommen und blickte unschlüssig zwischen Celia und mir hin und her. Ab und zu lächelte sie angestrengt, dann seufzte sie, fuhr sich nervös über die Hände und seufzte wieder.
    Papa hatte sieben Trinkbecher auf den Tisch gestellt, den Kakao eingegossen und sich ebenfalls hingesetzt. Niemand sagte etwas. Offenbar traute sich keiner, den Anfang zu machen.
    Â»Seit wann weißt du es?«, durchbrach Celia schließlich die drückende Stille.
    Ihre Mutter sog geräuschvoll Luft ein. »Seit einem halben Jahr.«
    Celia schluckte. Der Druck ihrer Hand um meine wurde fester. »Und woher?«, fragte sie.
    Â»Wir erhielten einen Brief von einer Krankenschwester, die vor zwölf Jahren auf der Säuglingsstation der Universitätsklinik gearbeitet hat«, begann Frau von Helsing. Noch immer konnte sie weder Celia noch mir richtig in die Augen sehen. Niemals hätte ich gedacht, dass etwas sie so sehr verunsichern könnte, und plötzlich fand ich sie beinahe sympathisch. »Sie teilte uns darin mit, dass sie euch wenige Stunden nach eurer Geburt vertauscht habe.«
    Ich nickte, denn das hatte Mariel uns ja schon erzählt.
    Â»Hat sie auch geschrieben, warum?«, fragte ich dann.
    Â»Ja, das hat sie. Allerdings sind die Gründe für ihr Handeln nur schwer zu begreifen«, erwiderte Margarethe von Helsing. »Celia und du, ihr seid damals in einem

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