Philosophenpunsch
wem war sie beisammen? Hat es Auffälligkeiten gegeben?«
»Sie ist mit einer Runde zusammengesessen und hat diskutiert«, berichtete Leopold. »Wir nennen es den Philosophenzirkel, weil sie einmal in der Woche versuchen, gemeinsam eine Debatte über anspruchsvolle Themen zu führen. Aber Thomas war bei dem Gespräch dabei und weiß viel mehr darüber.«
So erzählte Thomas Korber von Bianca Roths Hang zum Übernatürlichen und ihren ständigen Ausfällen gegen Veronika, die sich wohl daraus erklären ließen, dass Bernhard Klein, mit ihr quasi Begründer des Zirkels, seine Aufmerksamkeit mit der Zeit immer deutlicher auf Veronika Plank gerichtet hätte. Auch Rudolf Caha, ehemaliger Mathematiklehrer Veronikas auf dem Gymnasium, und Gernot Stolz, ein eher zufällig zu der Runde gestoßener Gast aus Meidling, seien von der jungen Toten sehr angetan gewesen. Veronika habe den Männern eben zu erkennen gegeben, dass sie gegen einen kleinen Sprung ins Bett nichts einzuwenden hatte.
»Was mir aufgefallen ist«, erinnerte sich Leopold, »ist, dass Veronika ziemlich spät gekommen ist, zusammen mit Franz Jäger. Das ist doch sonst ein Einzelgänger und, wie man hinter vorgehaltener Hand sagt, Muttersöhnchen. Einigermaßen aufgelöst schien sie auch.«
»Ja, das stimmt«, bestätigte Korber. »Sie hat uns aber nicht wissen lassen, was da vorgefallen ist. Komisch. Veronika ist auch wieder mit Franz gemeinsam gegangen. Das war sonst nie der Fall. Und es gab auch noch diesen ungehobelten Kerl von der Weihnachtsfeier am Nachbarstisch, der Streit mit ihr gesucht hat«, fiel ihm ein.
»Ja, der ist ziemlich wütend auf sie gewesen«, fuhr Leopold fort. »Es hat später noch eine kleine Auseinandersetzung vor den Toiletten gegeben. Dann hat der Kerl behauptet, sie habe ihm Geld gestohlen, und ist ihr nachgelaufen. Ohne zu zahlen natürlich.«
Juricek notierte die Details eifrig. »Wie der Herr heißt, wisst ihr nicht?«, fragte er.
»Er ist bei der Firma Frick beschäftigt«, gab Leopold Auskunft.
»Mario heißt er«, meldete sich da plötzlich Julia Leichtfried aus der Versenkung. »Mario irgendwas. Aber der ist ausgesprochen nett und hat das sicher nicht getan. Eure Veronika hat ihn, glaube ich, ziemlich übers Ohr gehauen.« Nach diesem kleinen Energieanfall war sie aber auch schon wieder ruhig.
»Wir dürfen nicht den seltsamen Typen vergessen, der an der Theke einen großen Braunen getrunken hat«, erwähnte Leopold noch. »Ein Glatzkopf, etwa 1,85 groß, so um die Mitte 40. Schmale Lippen, buschige, helle Augenbrauen, eine große Nase und Augen, die einem jeden sofort genau zeigen, wo sie hinschauen. Er hat ständig auf Veronika gestarrt und vermutlich nur eins gesehen: nackte Haut. Ein Spanner der übelsten Sorte, wenn ihr mich fragt. Er muss kurz vor ihr gegangen sein. Von dem weiß ich sonst leider gar nichts, er war das erste Mal hier.«
Juricek schrieb weiter gewissenhaft mit seiner kleinen, nur für ihn lesbaren Schrift in sein Notizbuch. »Schau doch morgen wegen eines Phantombilds von dem Kerl bei uns vorbei«, forderte er Leopold auf. »Wie könnt ihr mir die Tote beschreiben?«, erkundigte er sich dann.
Korber überlegte kurz. »Ich glaube, über Veronika kann man zwei Dinge sagen«, meinte er dann. »Erstens war sie, wie hier jetzt schon mehrfach angedeutet worden ist, nicht prüde. Schon in der Schule gab es Debatten, wie vielen Burschen sie die Jungfräulichkeit genommen hat. Bis heute scheint sich an ihrer sexuellen Aktivität nicht viel geändert zu haben. Aktiv ist sie zweitens auch bei einer Gruppe ziemlich radikaler Tierschützer. Die haben einigen Geschäften hier im Bezirk schon ganz schön zu schaffen gemacht.«
»Ich glaube, jetzt sagt mir der Name etwas«, erinnerte Juricek sich. »Veronika Plank, natürlich. Die Farbspray-Attacke bei Esswein & Schauer. Ihr Vater hat damals alles bezahlt und sie aus der Sache rausgeboxt. Dass mir das nicht gleich eingefallen ist, als ich vorhin den Namen zum ersten Mal gehört habe.«
»Ob das wohl etwas mit dem Mord zu tun hat?«, wollte Korber wissen.
»Mag sein. Wir werden der Sache jedenfalls nachgehen. Da gibt’s doch noch so einen angeblichen Tierschützer, Jochen Angerer heißt der, glaube ich. Na gut! Wovon ich mir abschließend ein Bild machen möchte, sind die Uhrzeiten. Wann haben die für uns wichtigsten Personen das Lokal verlassen? Wann ist die Leiche gefunden worden?«, fragte Juricek weiter.
Leopold hatte sich im Geist schon das
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