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Philosophenpunsch

Philosophenpunsch

Titel: Philosophenpunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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passiert sein. Das ist ein ganz kurzer Weg.«
    Bollek deutete auf die gegenüberliegende Straßenseite, wo sich ein jetzt ruhig daliegender öffentlicher Parkplatz befand, der untertags vor allem von Besuchern des Floridsdorfer Hallenbades genutzt wurde. Leopold begann zu verstehen. Bollek meinte, dass der Mord in oder vor einem Auto geschehen sein könnte, das auf diesem Parkplatz abgestellt gewesen war und dem Täter gehörte. Immerhin möglich, musste Leopold zugeben. Woher kamen so viel Hausverstand und logisches Denken? Und warum war er da nicht selbst drauf gekommen? Leopold wunderte sich jedenfalls immer mehr. »Kann sein«, gab er kleinlaut zu.
    »Na, sehen Sie. Das sind eben die Dinge, die einem Polizisten sofort ins Auge springen. Ihnen als Hobbydetektiv muss das nicht so auffallen.« Zufrieden rieb sich Bollek die Hände.
    Noch ehe Leopold auf diesen von ihm schon längst erwarteten Untergriff reagieren konnte, spürte er die Schwere einer wohlbekannten Hand auf seiner Schulter. »Servus Leopold«, klang die sonore Stimme seines ehemaligen Schulfreundes, des Oberinspektors Richard Juricek von der Mordkommission, in sein Ohr.
    »Servus, Richard«, erwiderte er. »Scheußliche Sache, was?«
    »Ja, furchtbar. Mir tut jeder Mensch leid, der auf unnatürliche Art und Weise früher ins Gras beißen muss, als er eigentlich sollte. Aber bei so einem jungen Geschöpf ist das doppelt tragisch. Und so knapp vor Weihnachten noch dazu. Wie sollen wir das bloß den armen Eltern beibringen?«
    »Veronika Plank heißt sie«, erklärte Leopold. »War gerade noch vorn bei uns im Kaffeehaus.«
    »Auf dem Heimweg erwürgt«, meinte Juricek. »Was mag jemanden dazu veranlasst haben? Geld? Hass? Eifersucht? Trieb? Kalkül? Manche Dinge werden wir wohl nie begreifen. Aber sag, wieso bist du schon wieder bei einem Mord dabei?«
    »Rein zufällig. Ich hab schon alles protokolliert«, hörte man Bollek aus dem Hintergrund.
    »Ach, du riechst die Dinge schon wieder einmal kilometerweit gegen den Wind, Leopold«, begriff Juricek. »Da hast du mir sicher einiges zu erzählen. Ich habe fürs Erste hier genug gesehen, den Rest kann Bollek allein erledigen. Wollen wir nicht die Dinge bei einer guten Schale Kaffee besprechen?«
    So wandten sich die Schritte von Korber, Leopold und Juricek noch einmal in Richtung Café Heller. »Euer Bollek ist ja richtig umgänglich geworden«, meinte Leopold auf dem Weg dorthin.
    »Das fällt auf, was? Nun, wir bemühen uns ja, etwas aus ihm zu machen. Wir haben ihn auf eine kriminalpsychologische Schulung geschickt«, erklärte Juricek. »Zuerst hat er sich ein wenig gesträubt, aber dann hat ihm die Sache mit einem Mal sehr gefallen. Seither ist er ein richtiger Fortbildungsfanatiker geworden und hat noch verschiedene andere Kurse besucht. Und nicht zu vergessen: Er hat jetzt eine Freundin. Das beruhigt.«
    »Na, dann geht es ja steil bergauf mit ihm«, befand Leopold nicht ohne Spott.
    »Mach dich nicht lustig über ihn und unterschätze mir Bollek nicht. Ich möchte nicht, dass du wieder Schwierigkeiten mit ihm bekommst.« Mit diesen Worten öffnete Juricek die Tür des Kaffeehauses, wo sich eine ziemlich aufgelöste Julia Leichtfried an einer Tasse alkoholfreien Tees labte und im Gespräch mit Frau Heller versuchte, wach zu bleiben. »Dauert das jetzt noch lange?«, wollte sie wissen.
    »Nicht unbedingt«, sagte Juricek. »Sie können Ihre Aussage übrigens gern morgen auf dem Kommissariat machen und jetzt gehen.«
    »Geht nicht«, schüttelte Julia müde den Kopf. »Ich muss noch auf Thomas warten.«
    Juricek stutzte einen Augenblick. »Erklär ich dir alles später«, zwinkerte Leopold ihm zu. Damit setzten sich die drei auf eine Bank am Fenster und bestellten noch drei helle, nicht zu starke Schalen Melange.
    Das Café Heller lag verlassen vor ihnen. Die schüttere Beleuchtung war jetzt kein Zeichen vorweihnachtlicher Romantik mehr, sondern dafür, dass beinahe alles Leben aus dem Lokal gewichen war. Die einzelnen Lichtpunkte stellten eine Art Notversorgung für die paar Verbliebenen dar, eine kleine Insel im Meer der sie umgebenden Dunkelheit. Die Stille wirkte unangenehm und bedrückend. Die Stimmen blieben leise und gedämpft, obwohl niemand herinnen war, den sie gestört hätten. Die mächtige Hand der Sperrstunde hatte alles abgewürgt, so wie draußen ein unbekannter Mörder die arme Veronika Plank.
    »Die junge Dame war also vor ihrem Tod hier im Kaffeehaus«, resümierte Juricek. »Mit

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