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Philosophenpunsch

Philosophenpunsch

Titel: Philosophenpunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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ahnend.
    »Dieses Nachthemd hier auf der Küchenbank.«
    Also hatte Julia wirklich überall ihre Spuren hinterlassen. »Es ist meins«, versuchte Korber es mit einer weiteren Lüge. Ihm fiel nichts Besseres ein.
    »Deins?«, reagierte Geli ungläubig.
    »Ja, meins. Ich schlafe in letzter Zeit lieber so. Du wirst lachen, aber man fühlt sich da drin nicht so eingeengt … auch als Mann.«
    »Sag mal, bist du schwul, Thomas?«
    »Wieso? Tragen nur Schwule Nachthemden?«
    »Nein, aber deins hat einen schönen Aufdruck: Boys, come on and get me! Das ist doch reichlich merkwürdig.«
    Korber spürte eine immer größere Aversion gegen seine neue Untermieterin in sich aufsteigen. Vorsichtig meinte er zunächst: »Hör zu, ich kann das erklären.«
    »Da bin ich aber gespannt«, war Geli bereits ziemlich in der Höhe. »Thomas, hast du etwa einen Rückfall? Du hast mir doch versprochen, dass du dich nicht mehr leichtfertig auf oberflächliche sexuelle Beziehungen zu irgendwelchen Damen, die du in diversen Bars kennenlernst, einlässt. Und was ist das? Der Beweis, dass du so etwas nicht länger als ein paar Wochen durchhältst.« Korber hob an, etwas zu seiner Verteidigung zu äußern, aber Geli ließ es nicht zu. »Mir tust du damit nichts Schlechtes, oh nein«, sprudelte es aus ihr heraus. »Mir kann das alles egal sein. Ich habe ja weiter nichts mit dir zu tun. Es geht allein um dich, Thomas: um dein Privatleben, mit dem du nicht zurechtkommst, und um die Lügengebäude, die du darum herum aufbaust und die jedes Mal in kürzester Zeit zusammenbrechen. Wenn du wenigstens zu dem stehen würdest, was du tust. Dann würde es unsere Bekanntschaft nicht so sehr belasten.«
    Korber atmete tief durch. »Es ist anders, als du denkst, Geli«, nahm er einen erneuten Anlauf. »Es hat nichts mit irgendwelchen Sexspielchen zu tun. Das Nachthemd gehört einer Dame, okay. Aber zu der habe ich keinerlei Beziehungen.«
    Gerade jetzt, im ungünstigsten Augenblick, hörte man ein kurzes Schlüsselgeräusch, und die Eingangstür öffnete sich. »Ich bin der Pizzamann, der alles kann, und komme mit der Pizza an«, sang Julia Leichtfried vergnügt. »Quattro stagioni, frisch und heiß, einmal für dich und einmal für mich, Thomas. Riechst du, wie das duftet? Ich mag Pizza beinahe genauso wie dich.«
    »Ich glaube, ich gehe jetzt«, fauchte Geli Bauer, während das Wasser weiterhin beständig in den Kaffeefilter blubberte. »Ich nehme an, das ist die Dame mit dem Nachthemd, zu der du keinerlei Beziehung unterhältst. Ich möchte eure Harmonie nicht stören und euch beim Pizzaessen allein lassen.«
    »So bleiben Sie doch«, summte Julia, während sie mit den Pizzen ins Wohnzimmer trabte. »Sie stören niemanden.«
    »Warte, Geli. Das ist Julia Leichtfried, eine ehemalige Schülerin von mir. Sie braucht dringend ein Quartier für ein paar Tage. Es handelt sich um einen Notfall«, versuchte Korber zu retten, was zu retten war.
    »Eine ehemalige Schülerin! Das wird ja immer schlimmer«, ereiferte sich Geli wutentbrannt. »Geh in dich, Thomas! Ich meine es ernst.«
    »Ich habe nichts mit Julia, glaube mir. Deine Verdächtigungen sind geradezu lächerlich.«
    »Ich finde es lächerlich, wie du dich benimmst. Und wenn du glaubst, dass ich unter diesen Umständen Silvester gemeinsam mit dir verbringe, wie ich es vorgehabt habe, hast du dich getäuscht. Aber gewaltig.« Hastig in ihre Jacke schlüpfend und ohne sich umzudrehen, stürmte Geli zur Tür hinaus.
    »So ein Scheiß!«, fluchte Korber.
    Nur Julia Leichtfried blieb die Ruhe in Person. »Jetzt komm schon, Thomas, die Pizza wird kalt«, hörte er sie wie aus weiter Ferne aus dem Wohnzimmer rufen.
     
    *
     
    Er musste jetzt auf der Hut sein. Warum hatte er es auch so weit kommen lassen? Jetzt war er vogelfrei, ein Steckbrief mit seinem Phantombild befand sich vermutlich bald in jeder Polizeiwachstube. Er hatte sich hinreißen lassen. Normalerweise hätte nichts schiefgehen dürfen. Er hatte in einem Hauseingang neben dem Kaffeehaus auf sie gewartet, dann war er ihr nachgegangen. Leider war dieser aufdringliche andere Mann bei ihr gewesen. Eine Zumutung! Gott sei Dank hatte sie ihn gleich richtig abserviert, wie es sich gehörte.
    Wo sie dann hingehen würde, hatte er geahnt. Er hatte sie einmal dabei beobachtet, wie sie gemeinsam mit dem älteren Mann in der großen Wohnhausanlage gegenüber der Schule verschwunden war. Unbemerkt hatte er sich einen guten Platz ausgesucht, von dem aus er sie

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