Philosophie ist wie Kitzeln im Kopf (German Edition)
dürfen, weil sie was Besonderes sind? Sie lässt die Hand unten und kaut auf ihrem Pferdeschwanz. Tja, Lisa, jetzt hast du wieder was zum Denken … und wir haben gewonnen. Willkommen, Medizin!
Der Prof breitet die Arme zufrieden weit aus. »Nun haben wir alle Wissenschaften versammelt und wissen Bescheid. Aber, Freunde, die Mutter aller Wissenschaften, die ganz dicke Mama von allen, das ist … und jetzt möchte ich ein Riesengeschrei hören!«
»Die Philosophie!«, brüllen wir, und am lautesten brüllt der Prof! Er weiß es ja und wir wissen es auch. Weil das ja auch unser Camping-Traum ist, also ist das logisch.
»Denn, Freunde, das müsst ihr wissen.« Und jetzt wird unser Prof richtig aufgeregt und zappelt auf der Wiese herum, beinah wie Lucas. »Alle diese spannenden und interessanten und wichtigen Wissenschaften wären nie entstanden, hätte es nicht die Philosophen gegeben, die gesagt haben, nee, nee, ihr Götter. Wir haben selber ein Hirn, wir können denken. Damals dachte man ja, wie ihr schon wisst, die Götter seien für alles zuständig. Fürs Geheimnis des Wassers, der Erde, Blitz und Donner und so weiter. Alles hat man den Göttern in die Schuhe geschoben, wenn der Vulkan gespuckt hat und alles war futsch oder es hat nicht geregnet und die Ernte war kaputt. Neee, haben sich die Philosophen gedacht, erst mal jeder für sich, da muss mehr dahinterstecken. Und aus dem Sich-Wundern, was da alles passiert, entstand ein Wissen-Wollen und neue Ideen, was wohl der Grund sein kann für das, was passiert. Sie haben also die Götter in den Orkus geschickt, damit kann die Hölle gemeint sein oder auch nicht, jedenfalls weit weg, und haben angefangen zu philosophieren. Was haben wir ein Glück gehabt mit den alten Philosophen, das sage ich euch! Hätte die es nicht gegeben, wüssten wir heute nicht das Spannende, was wir wissen, ist das nicht toll?« Er wischt sich Schweiß von der Glatze und strahlt durch die Sonnenbrille.
Aber was waren denn das für Götter, die die Philosophen weggeschmissen haben?
»Zelte aufbauen!«, drängelt Lucas und ist schon beim Auto.
»Da helfen uns die Götter nicht, Ida!«, ruft er noch zu mir rüber, und »Alle Mann ran an den Speck«, ruft der Prof und wühlt mit Lucas im Kofferraum herum, und Lisa ist auch dabei, ganz nah beim Prof.
»So, und wer räumt hier jetzt unser Mittagessen auf?«, rufe ich und kriege prompt von Lisa richtig spöttisch zurück:
»Vielleicht helfen dir ja die Götter!«
So was! Grad waren wir doch noch so richtig verschwörerische Freundinnen und jetzt so was! Sie zieht zusammen mit dem Prof eine Zeltplane auseinander, ich seh ’ s genau … und hätte der Prof mir jetzt nicht zugezwinkert und gerufen: »Ach, Ida, bitte, sei so gut, ich bin im Aufräumen ziemlich schlecht«, also dann hätte ich das bestimmt nicht sofort gemacht. So aber schon, und zwar sofort. Alles stopf ich rein in einen Plastiksack und hoffentlich sieht er ’ s auch! Jedenfalls, Tim schaut mir zu, na wenigstens das. Er beobachtet aber auch den Zeltaufbau. Der ist ziemlich chaotisch. Der Prof zerrt, Lisa zerrt zurück, Lucas wedelt mit Stangen, die die Zelte halten sollen, und zischelt Kommandos, die der Prof brav befolgt, Lisa nicht. Mitten hinein in das Zelt-Stäbe-Seile-Gezerre sagt Tim richtig laut: »Warum hat es damals bei den Griechen eigentlich bloß Philosophen gegeben und keine Philosophinnen?«
»Weil Frauen zu blöd sind, sogar für so ’ nen simplen Zeltaufbau!«, zischelt Lucas und reißt Lisa einen Zeltstab mit Zelt dran aus der Hand. Die kreischt wütend auf und zack, kriegt Lucas einen Tritt ans Schienbein. Bravo, Lisa, das hat der jetzt aber verdient!
»Mein Papa hätte das wahrscheinlich auch gesagt, Lucas«, brummelt Tim im Gras. »Ich aber nicht. Ich glaub, die Frauen damals waren so wie jetzt die Ida. Die haben aufräumen müssen und dann noch putzen und kochen und Babys wickeln und so was. Ich glaub, die haben einfach keine Zeit gehabt.«
»Tim, das glaube ich auch, wirklich, ein schlüssiger Gedankengang. Die Philosophen damals, nehmen wir an, waren reiche Männer, die mussten nicht auf dem Feld schuften, die hatten Zeit zum Wundern und zum Denken«, sagt der Prof und lässt nachdenklich sein Zeltstück fallen und merkt überhaupt nicht, dass darunter jetzt Lucas und Lisa begraben sind.
»Heute gibt es viele Philosophinnen, weil die heutigen Philosophen längst begriffen haben, die meisten jedenfalls, dass sie auch mal kochen und Babys wickeln
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