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Philosophie ist wie Kitzeln im Kopf (German Edition)

Philosophie ist wie Kitzeln im Kopf (German Edition)

Titel: Philosophie ist wie Kitzeln im Kopf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrun Mebs , Harald Lesch
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sollten, damit ihre Frauen Zeit zum Denken haben. Ein solches Denken passiert aber nicht von heute auf morgen. Man kann schon das Gefühl haben, dass die Menschheit sich so langsam aus einem dunklen Nebel aufmachte in Richtung Licht der Erkenntnis. Wisst ihr, ich glaube ja, dass Wissen so etwas ist wie gespeicherte Erfahrung. Unterschiedliche Menschen machen unterschiedliche Erfahrungen, ganz klar. Aber es gibt auch eine gemeinschaftliche Erfahrung, so wie hier jetzt bei uns beim Zeltaufbau mit Lisa und Lucas … Oh!« Er schaut sich um und ich muss kichern. Jetzt sieht er wirklich aus wie einer der griechischen Philosophen, die sich dauernd gewundert haben. Bloß ohne Sonnenbrille.
    Eine zornrote Lisa und ein wütender Lucas kommen aus ihrem Zeltgefängnis gekrochen. Haben die sich da etwa gekloppt? Während der Rede vom Prof hat sich nämlich das schlappe Zelt dauernd so komisch gebuckelt, hat er gar nicht mitgekriegt … und auch nicht, dass Celia inzwischen mit Baby im Kofferraum herumkriecht, und wer weiß, was die da machen.
    Mein Prof ist halt ein wirklicher Philosoph, nicht nur einer, der davon erzählt, sondern einer, der auch dauernd denkt und seine Gedanken fest am Wickel hat. Es ist ihm nämlich ziemlich egal, ob und warum sich Lisa und Lucas vielleicht gestritten haben und warum ausgerechnet unterm Zelt, das hat er ja auch gar nicht kapiert. Vielleicht ist das aber auch wirklich nicht wichtig, weil, die zwei vertragen sich ja grad wieder.
    Doch, das hat mein Prof schon kapiert, er freut sich nämlich.
    »Lisa, Lucas, wieder an Bord? Prächtig! Also weiter im Text, Freunde. Wir waren bei der gemeinschaftlichen Erfahrung, die zu mehr Wissen führen kann und soll. Und deswegen haben Menschen durch Versuch und Irrtum ganz langsam, aber beständig angefangen, Wissen durch Erfahrung zu speichern, leuchtet euch das ein? Dann haben sie versucht, diese Erfahrungen zu wiederholen, oder erst mal versucht, diese Erfahrungen zu erklären, am Anfang mit den Göttern, später dann mit ihrer Vernunft.«
    »Aber diese gemeinschaftliche Erfahrung hat jetzt überhaupt nicht funktioniert!«, beschwert sich Lucas und ruckelt an seiner Zahnspange. »Die hat ’ s nicht gekonnt!« Er zeigt auf Lisa, die streckt ihm die Zunge raus.
    »Du aber auch nicht!«
    Lucas zeigt auf den Prof. »Einfach Zelt fallen lassen ist blöd!«
    »Versuch und Irrtum, lieber Freund«, grinst der Prof. Er ist kein bisschen beleidigt, weil Lucas jetzt ziemlich unhöflich war. So redet man doch nicht mit einem Prof … doch, mit unserem geht ’ s. Er zuckt die Schultern: »Ehrlich gesagt habe ich null Ahnung, wie man ein Zelt aufbaut.«
    Das, guter Prof, war deutlich zu sehen.
    »Aber Freund, nach dem Irrtum kommt wieder ein neuer Versuch.« Er greift tapfer wieder nach einer Zeltstange, wedelt damit herum. »Seid ihr bereit? Damit ich zu meinem neuen Wissen kommen kann?«
    Klar, Prof, sind wir. Auf geht ’ s zur gemeinschaftlichen Erfahrung. Da lässt er die Zeltstange wieder sinken und ruckelt nachdenklich an seiner Sonnenbrille: »Da fallen mir gerade drei Fragen ein, die wunderbar passen zur Situation. Wichtigste Fragen überhaupt, merkt sie euch gut. Von mir stammen die nicht, sondern von Immanuel Kant, ein überaus kluger Philosoph aus dem 18. Jahrhundert, also kein alter Grieche, sondern ein Deutscher. Übrigens äußerlich ein kleiner Mann, nicht größer als Lucas heute, aber im Hirn riesengroß. Er hat überlegt, was denn wichtig sei für den Menschen, damit er ein vernünftig Denkender in der Gemeinschaft sein kann. Drei Fragen sind ihm eingefallen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? So, diese Menschen-Fragen stelle ich mir jetzt und hole mir Tim ins Boot und bitte ihn, mir diese Fragen zu beantworten.«
    Tim im Gras zieht seine Kappe bis zur Nase und brummelt zu seinen Turnschuhen: »Du weißt, dass du nicht weißt, wie man ein Zelt aufbaut. Du kannst es ausprobieren. Und jetzt darfst du hoffen, das Zelt ist feste aufgebaut und du hast was kapiert für die Ewigkeit. Dann biste froh.«
    »Und wie!«, ruft der Prof fröhlich und schwenkt wieder seine Zeltstange. »Kann mir jetzt endlich mal jemand helfen?«

Mittagsschlaf oder was? Nee, Prof, wir philosophieren
    Also, ohne mich wär das aber nix geworden mit dem Zeltaufbau. Die haben ja alle linke Hände, besonders der Prof.
    Da bin ich mal eine Bestimmerin geworden und alle haben mir ziemlich brav gefolgt. Nur der Prof nicht. Der stand immer bloß im Weg, ist über

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