Phobia: Thriller (German Edition)
Situation gewachsen. Es gab keine Angst mehr für sie, keine Phobie, deren Ursprung sie nicht verstand oder nicht verstehen wollte. Beim nächsten Mal würde sie kämpfen und nicht eher ruhen, bis sie gesiegt hatte.
Es erscheint mir wichtig, Dir zunächst noch etwas über mich zu erzählen. Damit Du meine Beweggründe kennst.
Du wirst Dich sicherlich gefragt haben, wieso ich ausgerechnet auf Dich gekommen bin und weshalb es mir so viel bedeutet hat, zumindest während unserer kurzen persönlichen Begegnung für eine Weile in Stephens Rolle zu schlüpfen.
Wie Du Dir gewiss schon gedacht haben wirst, hat es mit der jungen Frau auf dem Foto zu tun, das ich Dir habe zukommen lassen (jedenfalls hoffe ich zu dem Zeitpunkt, da ich dies schreibe, dass Du den Blumenhändler ausmachen wirst – andernfalls bitte ich Dich, Shalimar Flowers aufzusuchen, wo Stephen für gewöhnlich seine Blumen für Dich kauft).
Der Name dieser jungen Frau, der du so ähnlich siehst, war Amy. Ich war unbeschreiblich in sie verliebt. Wir hatten uns kennengelernt, als wir beide neunzehn waren, und fortan gingen wir unseren Weg gemeinsam.
Wir hatten viele Pläne für die Zukunft. Pläne, wie Du sie selbst nur zu gut kennst. Ein gemeinsames Haus, nicht groß, aber gemütlich, und vielleicht einen Garten, in dem eines Tages unsere Kinder spielen würden. Wir hatten uns zwei Kinder gewünscht, einen Jungen und ein Mädchen.
Amy hatte von einer Hochzeit in Weiß geträumt, wie man sie aus diesen Filmen mit Hugh Grant kennt, mit vielen Brautjungfern, die uns mit Reis bewerfen würden, sobald wir aus der Kirche kamen.
Jedes Mal, wenn ich ihr sagte, wie kitschig ich diese Vorstellung fand, hatte sie gelacht. Sie fände es ja ebenfalls kitschig, sagte sie, aber das Bild würde ihr dennoch gefallen. Also hätte ich ihr diesen Wunsch nie abgeschlagen, ob kitschig oder nicht, da ich wirklich alles getan hätte, um sie glücklich zu machen.
Mit der Heirat und den Kindern hatten wir noch warten wollen, bis wir das nötige Startkapital dafür zusammengespart hatten. Kurz nach meinem sechsundzwanzigsten Geburtstag war es dann so weit, und wir begannen konkrete Pläne zu schmieden.
Im selben Jahr starb mein Vater an einem Herzinfarkt. Ihm hatte eine große Firma für Elektronikartikel gehört. Das Geschäft war zuletzt nicht mehr besonders gelaufen, aber er hatte die Firma noch für gutes Geld verkaufen können.
Da ich sein einziger Sohn und meine Mutter schon viele Jahre zuvor gestorben war, hinterließ er mir sein gesamtes Vermögen. Es war eine riesige Summe, verglichen mit dem, was Amy und ich in der Zwischenzeit gespart hatten.
Ich hatte mich mit meinem Vater nie sonderlich gut verstanden. Wir waren sehr unterschiedlich, und er war mir immer wie ein Fremder vorgekommen. Bei unseren letzten Unterhaltungen waren wir jedes Mal im Streit auseinandergegangen. Deshalb hatte mir sein Geld auch nichts bedeutet, und ich wollte das Erbe zunächst nicht einmal annehmen.
Aber ich musste auch an Amy denken. Durch dieses Vermögen standen uns nun ganz andere Möglichkeiten offen. Also nahmen wir uns vor, das Beste daraus zu machen.
Wir bestellten das Aufgebot und machten uns dann auf die Suche nach einem Haus, das unseren Vorstellungen entsprach. Wir wollten uns damit die nötige Zeit lassen, um auch wirklich einen Ort zu finden, an dem wir uns heimisch fühlten.
Bis dahin lebten wir in einem kleinen Apartment in Bloomsbury. Dort war es so eng, dass nur eine Person in die Küche passte. Unser Bett stand unter einer Dachschräge, an der man sich leicht den Kopf stieß (was mir während dieser Zeit bestimmt hundertmal passiert ist), und den Wäscheständer mussten wir zum Trocknen in die Badewanne stellen. Trotzdem fühlten wir uns dort wohl. Aber wahrscheinlich hätten wir uns auch in einer Streichholzschachtel wohlgefühlt. Die Hauptsache war doch, dass wir zusammen waren.
Und dann kam jener Frühsommermorgen, an dem Amy unser Leben perfekt machte. Tags zuvor hatten wir uns ein Haus in Herne Hill unweit des Brockwell-Parks angesehen. (Dort hatte ich übrigens einen Monat zuvor das Foto von Amy aufgenommen, das Du nun hoffentlich erhalten haben wirst.) Das Haus hatte uns sehr gut gefallen, und wir dachten ernsthaft über den Kauf nach.
Als wir an diesem Morgen gemeinsam zur Arbeit gingen und uns über Möbel und unsere Vorstellungen von der Inneneinrichtung unterhielten, lächelte Amy mich plötzlich an und fragte, welche Möbel ich mir denn im Kinderzimmer
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