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Phobia: Thriller (German Edition)

Phobia: Thriller (German Edition)

Titel: Phobia: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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wünschen würde.
    »Im Kinderzimmer?«, fragte ich, und sie sagte: »Ja, im Kinderzimmer«, und ihr Lächeln war noch breiter geworden.
    Dann verriet sie mir, dass sie bereits im dritten Monat schwanger war.
    Sarah, das Gefühl, das ich in jenem Moment empfand, ist nicht in Worte zu fassen.
    Oder nein, ich muss mich korrigieren, vielleicht gibt es ja doch ein Wort dafür. Es scheint mir jetzt ganz einfach, wo ich Dir darüber schreibe.
    Es war Glück.
    Tiefes, reines Glück.
    In diesem Moment hätte ich die ganze Welt umarmen können. Stellvertretend dafür umarmte ich die Urheberin meines Glücks, und wir tanzten gemeinsam die Straße entlang wie zwei verliebte Teenager.
    Sarah lehnte den Kopf zurück und atmete tief durch. Was war nur los mit ihr? Auf einmal begann sie für diesen Mann Sympathie zu hegen.
    Dies waren nicht die Worte eines Verrückten. Es waren die Worte eines Mannes, der sie an seinem Leben teilhaben ließ. Er legte seine Vergangenheit mit derselben Ehrlichkeit offen, wie sie ihre Vergangenheit in den Tagebüchern offengelegt hatte. Es war, als wollte er sein Eindringen in ihre persönlichsten Gedanken wiedergutmachen. Quid pro quo, oder wie sagte man? Ich gebe, damit du gibst …
    Vielleicht hatte sie es sich bisher zu leicht gemacht, ihn einfach nur als verrückt abzustempeln. Es war immer bequemer, Menschen in Schubladen zu stecken, als nach den Gründen für ihr Handeln und ihre Wesensart zu fragen. Zwar entschuldigte dieser Brief nichts von dem, was er ihr und ihrer Familie angetan hatte, aber der Unbekannte wollte ihr helfen, damit sie ihn verstand. Denn Verstehen war der erste Schritt zur Bewältigung eines Erlebnisses.
    Verrückt wäre eine zu einfache Erklärung , sagte dieser Brief. Die Wahrheit ging viel tiefer.
    Wir waren so sehr mit uns selbst beschäftigt, dass uns die ältere Dame fast nicht aufgefallen wäre, die mit einem kleinen Mädchen an der Hand an uns vorbeihastete. (Im Nachhinein weiß ich jetzt, dass sie Großmutter und Enkelin gewesen sind.)
    Es war Amy, die die beiden zuerst sah, und sie sah auch die Puppe, die das Mädchen in der Eile verloren hatte. Die Puppe hatte in ihrem pinkfarbenen Rucksack gesteckt und war ihr beim Laufen herausgerutscht.
    Amy hob die Puppe vom Boden auf, und ich kann mich noch erinnern, wie ich beim Anblick des offensichtlich schon alten Spielzeugs dachte, dass es sich vielleicht um ein vorzeitiges Erbstück an das kleine Mädchen handelte. Die Lieblingspuppe der Großmutter oder vielleicht auch ihrer Mutter, die nun zur Lieblingspuppe des Mädchens geworden war, auch wenn die Farben ihres bunten Kleidchens längst ausgeblichen waren. Oder die Kleine hatte sich einfach nur auf irgendeinem Flohmarkt in sie verliebt, wer weiß?
    Amy rief den beiden hinterher, doch die Frau hörte sie nicht. Sie schien ganz darauf konzentriert, noch den Bus zu erreichen, der bereits an der Haltestelle wartete. Also lief Amy ihnen mit der Puppe nach, und ich folgte ihr. Nun riefen wir beide, bis wir bei dem Bus angekommen waren, doch der übliche Morgenverkehr schien uns zu übertönen.
    Die Frau und das Mädchen waren bereits eingestiegen, und Amy folgte ihnen in den Bus, die Puppe vor sich haltend.
    Ich selbst blieb draußen stehen, und es war mir, als hielten mich unsichtbare Hände zurück, ebenfalls in den Bus zu steigen. Für einen Augenblick verstand ich nicht, was da in mir vor sich ging, ehe ich einen jungen Mann mit dunkelbraunen, ja, fast schwarzen Augen und dunklen kurzen Haaren bemerkte. Er stand inmitten des allmorgendlichen Gedränges, hielt sich an einer der Deckenschlaufen fest und murmelte etwas Unhörbares vor sich hin.
    Ich sah die Sturzbäche von Schweiß, die ihm übers Gesicht rannen und funkelnde Perlen auf seinem säuberlich geschnittenen Vollbart bildeten.
    Ihm musste aufgefallen sein, dass ich ihn anstarrte, denn er lächelte mich an und fasste nach seinem Rucksack. Abermals bewegte er dabei seine Lippen, und schließlich konnte ich seine Worte verstehen.
    Allahu akbar.
    Gott ist groß.
    Dann verwandelte sich die Welt in ein Inferno.
    Der Name dieses jungen Mannes war Hasib Mir Hussain, und dies alles geschah am Donnerstag, den 7. Juli 2005, morgens um 9 Uhr 47 im Bus Nummer 30 nach Hackney am Tavistock Square.
    Es geschah an derselben Bushaltestelle, an der Amy und ich Tag für Tag vorbei zur Arbeit gegangen waren. Sie hatte nur wenige Hundert Meter davon entfernt in einer Buchhandlung gearbeitet und ich in einem Fachgeschäft für

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