Phobia: Thriller (German Edition)
zurecht? Ist sie inzwischen clean, oder gibt es noch Rückfälle?«
Simon ging einen Schritt auf ihn zu, baute sich vor ihm auf. »Was, zum Teufel, willst du damit sagen, John?«
»Na ja, sagen wir es mal so: Als Krankenpfleger verdienst du nicht gerade viel, und ich denke, ich könnte dir mit dem Geld helfen. Wenn man seine Schwester so sehr liebt wie du, würde man bestimmt alles tun, damit sie sich ihren täglichen Schuss nicht auf dem Strich verdienen muss.«
Er hatte kaum ausgesprochen, als Simon ihn an den Schultern packte. »Raus, Mann, oder ich schlag dir die Fresse ein!« Er riss die Tür auf.
»Schon gut, schon gut! Wie du willst. Ich werde gehen, aber denk lieber noch einmal nach, bevor du ablehnst. Ich biete dir eine faire Chance, damit du dich für lange Zeit nicht mehr am Medikamentendepot vergreifen musst. Vielleicht sogar nie mehr, wenn Beth es endlich in den Griff bekommt. Und ich würde meinen, das Zeug zu klauen und deine Spuren zu verwischen, ist um einiges riskanter als der kleine Gefallen, um den ich dich bitte.«
Der Griff des jungen Mannes erschlaffte. Er schloss die Tür und lehnte sich dagegen.
»Na schön, John. Wie viel?«
Er griff in seine Jackentasche und reichte Simon einen Umschlag. »Das ist die Hälfte. Die andere bekommst du, sobald ich die Unterlagen habe.«
Simon blätterte durch die Geldscheine und stieß einen erstaunten Pfiff aus. Er sah auf.
»Hey, weißt du, wie viel das ist?«
»Klar.«
»Und die Scheine sind echt?«
»So echt wie die Queen.«
Simon starrte erneut das Geld an. »Willst du mich auch nicht verscheißern?«
»Natürlich nicht. Ich habe dir doch gesagt, dass ich dich mag. Du hast mich immer mit Respekt behandelt. Außerdem solltest du doch wissen, dass Geld für mich keine Bedeutung hat.«
Für einen Moment schien Simon noch zu überlegen, dann stopfte er sich den Umschlag in den Hosenbund. »Okay, Mann. Du kriegst deine verdammte Akte, und ich lösche die Datei.«
»Danke, mein Freund. Wusste ich doch, dass du vernünftig bist.« Er legte die Hand auf den Türgriff. »Ach, und noch was, Simon. Es muss schnell gehen. Wenn ich recht informiert bin, hast du heute Nachtschicht. Da sollte es dir gut möglich sein, einen ungestörten Augenblick zu finden.«
Simon schluckte. »Aber verdammt, ich kapier’s nicht. Warum gehst du nicht mehr in die Klinik? Und warum willst du jetzt aus der Patientendatei verschwinden? Hast du Scheiße gebaut? Ich meine …«
»Nein, Simon.« Er winkte ab und öffnete die Tür. »Glaub mir, die Antwort willst du eigentlich nicht wissen. Besorg mir einfach die Unterlagen. Ich komme morgen wieder. Danach siehst du mich nie mehr, versprochen.«
Während er zurück zur Bushaltestelle ging – und dabei einen weiten Bogen um die spielenden Jugendlichen machte –, konnte er es kaum erwarten, sich wieder umziehen zu können.
Wie Simon ihn angesehen hatte … Genau wie all die anderen in der Klinik. Es war unerträglich gewesen.
Er musste so schnell wie möglich wieder zu Stephen Bridgewater werden, andernfalls würde er durchdrehen.
43.
Mark trat ins Freie und zog den Reißverschluss seiner Jacke hoch. Der nasskalte Wind heulte um das Haus der Bridgewaters und biss ihm ins Gesicht, während er vorbei am Carport zum hinteren Teil des Gartens ging. Dort blieb er stehen und sah sich um.
Die hohe Hecke, die das Grundstück umgab, war ein perfekter Sichtschutz vor den Blicken von Passanten und Nachbarn. Wer sich hier aufhielt, würde von außerhalb nicht bemerkt werden.
Mark ging ein Stück weiter zu drei Büschen, die auf den Frühjahrsschnitt warteten, und sah zu der Eibe am Haus, die bis zum Fenster des Kinderzimmers hochragte.
Ihr Stamm war dick genug, dass sich dahinter ein schlanker Mann verbergen konnte. Der Baum und die Büsche waren ideale Verstecke, ebenso wie das mit einem dichten Netz umspannte Trampolin des Jungen, das neben dem abgedeckten Sandkasten stand. Nachts würde man niemanden hinter dem schwarzen Netz erkennen können.
Mark versuchte sich in den Fremden hineinzuversetzen. Vermutlich war er sich nicht als Eindringling vorgekommen. Alle Voyeure rechtfertigten ihren Beobachtungszwang damit, dass ihr Verhalten ja niemandem schadete.
Du musst dich hier sicher gefühlt haben, wenn du wieder und wieder hierhergekommen bist , dachte Mark . Keiner hat etwas davon mitbekommen. Und wenn einmal jemand aus dem Fenster gesehen hat, musstest du dich einfach nur in einen der vielen Schatten stellen. Dann wurdest du
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