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Phobia: Thriller (German Edition)

Phobia: Thriller (German Edition)

Titel: Phobia: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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sollten.
    Kurzum, es gab nichts zu tun, und das war Morelands übelster Albtraum. An einem Tag wie diesem kam er sich schrecklich unnütz vor. Schließlich wurde er nicht dafür regelmäßig zum Mitarbeiter des Monats gewählt, dass er die Hände in die Hosentaschen steckte und auf den Feierabend wartete.
    Dann endlich erspähte er einen potenziellen Kunden zwischen den Regalreihen. Moreland aktivierte sein Bei-uns-ist-der-Kunde-noch-König-Lächeln und ging zielstrebig auf ihn zu.
    Der Mann stand mit dem Rücken zu ihm, und als Moreland sich ihm näherte, stutzte er. Er trug einen Trenchcoat, der ihm zu kurz war, ebenso wie die Anzughose, die darunter hervorschaute.
    Moreland behielt sein routiniertes Lächeln bei, aber innerlich stieß er einen Seufzer aus. Wahrscheinlich hatte der Mann die Sachen aus der Kleidersammlung gezogen, und wenn es sich nicht zufällig um die Reinkarnation von Howard Hughes handelte, die sich zu Screwfix verirrt hatte, würde er bestimmt kein großes Geschäft mit ihm machen.
    Als er nur noch wenige Schritte entfernt war, blieb Moreland abrupt stehen. Erst jetzt fiel ihm auf, dass der Mann sich nach vorn krümmte. Dabei hielt er beide Hände auf den Bauch gepresst, als habe er Schmerzen.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein, Sir?«
    Noch immer lächelte Moreland zuvorkommend, während er sich insgeheim schon auf die Frage vorbereitete, wo sich die nächste Toilette befand.
    Der Mann reagierte nicht gleich. Er richtete sich auf und betastete seine Nase. Dann betrachtete er kurz den Finger und zog ein Papiertaschentuch aus der Manteltasche. Er hielt es sich vors Gesicht und sah sich zu Moreland um.
    Schlagartig gefror dem mehrfachen Mitarbeiter des Monats das Lächeln auf den Lippen. Behandle alle Kunden gleich , war stets seine Devise gewesen, aber nun hatte Moreland ernsthafte Zweifel, ob ihm das diesmal glücken würde.
    Es fiel ihm schwer, die freundliche Miene beizubehalten und den Mann nicht anzustarren. Moreland musste an einen Mitschüler aus seiner Kindheit denken, der sich einmal einen Topf mit kochender Milch über die Brust geschüttet hatte. Beim gemeinsamen Duschen nach dem Sportunterricht hatte Moreland die verwucherten Brandnarben stets mit einer Mischung aus Faszination und Ekel betrachtet. Die Haut auf der Brust des Jungen hatte ausgesehen wie dieses Gesicht, auch wenn Moreland es nicht vollständig erkennen konnte, weil es zum großen Teil unter dem Schirm der Arsenal-Kappe und hinter dem Taschentuch verborgen war. Aber was dazwischen hervorlugte, genügte völlig.
    Am meisten jedoch erschreckten ihn die wimpernlosen, graublauen Augen des Mannes, die ihn inmitten all dieser Narben ansahen, als würden sie durch eine Maske schauen.
    Da war so viel Traurigkeit und Zorn in diesem Blick.
    »Ich suche Klebeband«, sagte der Mann durch das Taschentuch hindurch, und Moreland glaubte Blutstropfen daran zu erkennen.
    »Ist Ihnen nicht wohl, Sir?«, fragte er und bemühte sich um einen ungezwungen Ton.
    »Ich suche Klebeband«, wiederholte der Mann, ohne auf ihn einzugehen. »Letzte Woche stand es noch hier.«
    »Klebeband. Natürlich, Sir. Wir haben ein wenig umgeräumt. Wenn Sie mir bitte folgen würden.«
    Hastiger als beabsichtigt wandte Moreland sich um und ging voran. Auf ihrem Weg durch die Regalreihen glaubte er den Blick des Mannes auf seinem Rücken zu spüren. Es war ein unangenehmes Gefühl. Umso größer war seine Erleichterung, als sie ihr Ziel erreicht hatten.
    »Hier, Sir. Das ist unser umfangreiches Sortiment. Beste Qualität zum kleinen Preis. Suchen Sie vielleicht etwas Bestimmtes?«
    »Es muss breit sein«, sagte der Mann und betupfte sich mit dem Taschentuch die Nase. »Außerdem reißfest und luftdicht.«
    Moreland musste dem Drang widerstehen, nicht auf das rote Rinnsal zu starren, das seinem Kunden aus der Nase troff. Er griff in das Regal und reichte ihm eine Rolle doppelt beschichtetes Gewebeisolierband.
    Der Mann betrachtete die Rolle eingehend, schien zufrieden und nahm dann auch alle übrigen Rollen aus dem Fach. Dazu musste er das Taschentuch einstecken. Moreland versuchte ihm nicht direkt ins Gesicht zu sehen.
    Dann nickte der Mann ihm zu, drehte sich um und ging zur Kasse.
    Moreland sah ihm nach und verzichtete auf sein übliches »Vielen Dank für Ihren Einkauf«. Stattdessen atmete er erleichtert auf, als der Mann durch die Glasschiebetür verschwunden war.
    Plötzlich war er froh, allein in seiner Abteilung zu sein.
    Was für ein Tag , dachte er

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