Phön - Tränen der Götter (Die Phön Saga) (German Edition)
schockiert war. Er wusste, dass es unter diesen Umständen ein sinnloses Unterfangen war, Eloriel zu suchen, aber was sollte er tun? Er konnte nicht nach Hause zurückkehren und behaupten, die Königin sei einfach so verschwunden. Was nun? Sein Kopf fühlte sich an wie ein Glas Zitrubeerengelee.
»Ja, grausam aber wahr!«, sagte Cora in abfälligem Ton und war noch immer sehr aufgebracht. »Wir müssen aus diesem Wald raus, so schnell wie möglich!«
Sie sah sich um, als erwarte sie jeden Moment ein wildes Tier, das aus den Büschen gesprungen kam. Iselia rieb sich die Oberarme, um sie etwas zu wärmen. Es war kalt. »Es wird schon langsam dunkel!«, bemerkte sie. »Uru liegt etwa einen Tagesmarsch von hier entfernt, wir müssen die Grenze zum Wald der Urugai so schnell wie möglich finden!«
Cora fürchtete den Wispernden Wald, was auch Iselia und Munzheim nicht verborgen blieb. Gamadas behielt lieber für sich, was für Dinge er vor seinem inneren Auge sah. Doch eins war klar: die Bewohner dieses Waldes hielten nicht viel von unerwünschtem Besuch.
Tag 15, Jahresende 347 n. E.
Bergfestung von Mhyra, Kapelle der Elia
»Ich kann diese verdammten, magischen Schriftzeichen nicht entziffern!« Kahn schlug mit der Faust auf den hölzernen Tisch, sodass einige Kerzen, die darauf standen, in die Höhe hüpften. Voldho, der gerade an der offenen Tür des Leseraums vorbeiging, kam nicht umhin den Ausruf des Bischofs wahrzunehmen. Er klopfte an die offene Tür, um sich bemerkbar zu machen und schlürfte schweren Schrittes über den kalten Boden in den schummrig beleuchteten Raum.
»Mein Bisssschof?!« Voldho verbeugte sich kurz und wischte sich etwas Sabber aus dem Mundwinkel. »Ich hörte, dassss Volk von Dünen solle etwas von magischen Schriften versssstehen!«, sagte er und rieb sich die knochigen Hände.
»Dünen... hm?«, entgegnete Kahn, drehte sich auf seinem kleinen Holzhocker und sah Voldho an. »Du bist gar nicht so dumm wie du hässlich bist, Voldho!« Er überlegte kurz und griff sich ans faltige Kinn. »Die Einwohner Dünens sind nicht besonders gläubig, einige Heiden beten dort gar Belias an!« Er stockte kurz und führte seine Überlegungen weiter. »Aber die Händler sind wohl leicht mit einigen Silberlingen zu überzeugen.«
Die Händler waren eine Art Organisation, die den Menschenhandel in der Wüste vorantrieben. Sie fingen ihre 'Waren' auf der Straße der Stadt Dünen ein und verkauften sie dann auf dem Markt an den Meistbietenden. Sollten die gefangenen Menschen schon jemandem gehört haben, wird derjenige entweder mit einigen Silberlingen 'überzeugt', oder zum Schweigen gebracht.
Voldho beförderte einige Sekrete aus seiner Nase ans Tageslicht und wischte sich mit der flachen Hand über das Gesicht. Kahn drehte sich, um dieses Schauspiel nicht mit ansehen zu müssen.
»Wir fliegen nach Dünen! Mach den Engelssegler bereit!«, beschloss er.
Wispernder Wald
Mit der eintretenden Dunkelheit konnte auch Cora ihre Ungewissheit nicht mehr verbergen. »Wir sollten die nächsten Stunden hier rasten!«, sagte sie, rieb sich fröstelnd die Arme und blickte sich andauernd ruckartig um. Sie waren mittlerweile auf einer kleinen Lichtung angekommen. Der nächtliche Schein der schwarzen Sonne trat durch das dichte Blätterdach und warf seltsame Schatten auf den moosig duftenden Boden. »Bei Nacht ist es noch gefährlicher durch den Wald zu laufen, als tagsüber!«, ergänzte sie.
»Bisher habe ich nicht ein Tier erspähen können, ich finde diesen Wald gar nicht so schrecklich!« In dem Moment als Munzheim den Mund schloss, spürte er einen kalten Hauch im Nacken. Er drehte sich ruckartig um, sah aber nichts und niemanden. Langsam rieb er sich das Genick, es war eisig kalt und die Haare standen ihm zu Berge. Er sagte jedoch nichts.
Verschwindet... hauchte der Wind.
»Die meisten Tiere fürchten diesen Wald, Herr General! Die Whisps verfolgen uns schon seit wir hier angekommen sind!«, erzählte Cora mit angsterfüllter Stimme.
»Whisps?«, fragte Munzheim und sah Cora ungläubig an.
»Die Geister der ehemaligen Bewohner dieses Tals!« Cora redete leiser als sonst, als hätte sie Angst, dass jemand lauschen könnte. »Man sagt, einst gab es nur den angrenzenden Wald der Urugai«, begann sie, stoppte jedoch kurzzeitig, um sich abermals umzusehen. So als erwarte sie jeden Moment, dass etwas aus den Büschen auf sie zuspringen würde. Dann fuhr sie fort. »Doch vor etwa zweihundert Jahren sollen die
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