Phön - Tränen der Götter (Die Phön Saga) (German Edition)
Bewohner des Dorfes, welches hier einst stand, vom ehemaligen Herrscher von Archadis, das damals nichts mehr als eine Kolonie war, grausam hingerichtet worden sein.«
Iselia fröstelte und lauschte gebannt Coras Worten. »Ihr Dorf wurde niedergebrannt! Kinder und Frauen wurden bei lebendigem Leibe gegrillt und die Männer wurden in einer Reihe am Galgen aufgeknüpft… Nachdem sie zusahen, wie ihr Dorf und ihre Familien in Flammen aufgingen«, erzählte Cora weiter.
Munzheim rieb sich die Hände, auch ihm war kalt. Diese Geschichte war ihm wohl bekannt, sie wurde oft am Tisch des Königs erzählt, als grausames Beispiel aus der Vergangenheit, das sich niemals wiederholen sollte. Anscheinend wollten die Menschen, die hier einst lebten, ihre Abgaben an den damaligen neuen König nicht abtreten. Damals wurden solche Streitigkeiten nicht lange ausdiskutiert. Man sagt, nach dem schrecklichen Gemetzel nahm der Boden die Asche der Leichen auf und dieser Wald, genährt von den Gebeinen der Bewohner, überwucherte das niedergebrannte Dorf. Seither hat niemand einen Fuß in diesen Wald gesetzt oder er ist nie wieder gekehrt. Bisher hielt Munzheim dies alles für eine Legende.
»König Longdoms Gebeinfeuer!«, flüsterte er. Das war der Name der Legende. Iselia rieb sich die dicken Oberarme. »Es wird immer kälter!« Ihr Atem wurde sichtbar und sie zitterte.
»Sie sind hier!«, sagte Cora plötzlich. Ihre Augen weiteten sich. Sie hatte viel über Whisps gehört, aber selbst begegnet war sie noch niemals Einem. Die meisten Menschen würden sich sowieso lieber die Augen ausstechen, als jemals in die Fratze eines Whisp zu blicken.
Verschwindet... eine kalte, flüsternde Stimme hallte durch die Büsche.Es schien eher wie ein Hauchen. Ein Hauchen, das die Luft erstarren ließ.
»Ihr dürft ihnen nicht in die Augen sehen!« Cora versuchte mutig und selbstbewusst zu wirken, aber in diesem Moment wurde mehr als je zuvor klar, dass sie noch ein junges Mädchen war. Von Minute zu Minute wurde die Luft kälter. Nebelschwaden zogen auf. Gamadas, der seine Augen sowieso meistens geschlossen hatte und die Welt anders wahr nahm als andere, sah schemenhafte Gestalten hinter den Büschen auftauchen. Er konnte weder ein Gesicht der Figur, noch irgendeine Art Emotionsregung erkennen. Es waren große, schlaksige und bläulich schimmernde Gestalten, deren Extremitäten im Vergleich zum restlichen Körper extrem lang und dünn waren. Spinnenartig, fast unsichtbar und mit Sicherheit tödlich!
»Haltet euch dicht zusammen!«, sagte er und wich einen Schritt zurück. Rücken an Rücken standen sie da. Die Luft war eisig geworden. Der Atem schien zu gefrieren, sobald er die Luft berührte. »Schließt eure Augen, wie Cora gesagt hat! Öffnet sie unter keinen Umständen!«
Die Legende besagt, dass derjenige, der einem Whisp in die Augen schaut, ein Leben in ewiger Qual durchwandern und seine Seele im wispernden Wald gefangen sein wird. Munzheim presste seine Augenlider so fest aufeinander, dass es fast schmerzte. Er spürte, wie etwas über den Boden huschte. Die Blätter raschelten und der eisige Wind nahm stetig zu.
»Das ist nicht lustig!«, sagte Iselia, zitterte am ganzen Leib und hob sich die Hände vor die geschlossenen Augen. Gamadas war der Einzige, der die Gestalten erkennen konnte, die sich mittlerweile aus allen Himmelsrichtungen aus den Büschen erhoben. Manchmal war es doch nicht von Vorteil, die Welt auch mit geschlossenen Augen wahrnehmen zu können. Eine der Gestalten stand nun dicht vor ihm. Ihr Gesicht war nichts weiter als eine verschwommene, fluoreszierende Masse. Nur die Augen waren sichtbar: milchig weiß und in den Pupillen der Gestalt konnte man ein brennendes Dorf sehen. Menschen die um ihr Leben bettelten und andere, deren Kleidung und Haare bereits in Flammen standen.
Verschwindet... hauchte es immer wieder.
Die Gestalt umschlang den Kopf von Gamadas mit ihren riesigen Gliedern, richtete ihren Blick auf seine geschlossenen Augen. Trotz seiner enormen Willenskraft, schien sie ihm direkt ins Herz zu blicken und ihm die Seele aus dem Leib zu saugen. Seine Glieder wurden schwer, kalter Schweiß tropfte ihm aus allen Poren.
»Du musst ihrem Blick ausweichen!!«, schrie Cora lauthals, denn das Hauchen und Pfeifen des Windes wurde mittlerweile so stark, dass man sein eigenes Wort kaum mehr verstehen konnte.Ihre langen, blonden Haare wurden durch die Luft geweht. Es fühlte sich an, als würden dutzende kleiner, kalter
Weitere Kostenlose Bücher