Phön - Tränen der Götter (Die Phön Saga) (German Edition)
wollte Kahn seine Seele nicht durch eine direkte Berührung des Zepters belasten. Er wusste, dass auch nur ein kleiner Fehler, gar ein falscher Gedanke, seinen Tod bedeuten konnte. Also wickelte er das Zepter mit spitzen Fingern, ohne es zu berühren, in ein seidenes Tuch und schob es in eine Tasche seiner Kutte. Kurz darauf betrat Azhad den Raum und salutierte missmutig.
»Die Soldaten sind bereit, euer Hochwürden!«, murmelte er.
»Sssteh stramm, du Wurm!«, zischte Voldho und drehte sich ruckartig zu Azhad, um ihm einen vernichtenden Blick zuzuwerfen. »Eure Exxzellenzzz?« Er machte eine einladende Handbewegung Richtung Tür, um dem Bischof den Weg zu weisen. Jedoch nicht, ohne Azhad mit einem seiner runden, blutunterlaufenen Augen zu beobachten.
Im Korridor des Seglers standen schon ungefähr zehn Soldaten in ihren Rüstungen mit den schakalartigen Kopfbedeckungen parat. Sie salutierten, als der Bischof, gefolgt von Azhad und Voldho, durch die Tür in den Korridor eintrat. Kahn stellte sich vor seine Männer und hob die Hände.
»Elitesoldaten der Elia, wir werden heute den Beginn einer neuen Ära einläuten! Wenn es nötig ist, so tötet jeden, der sich uns in den Weg stellt, jedoch beschädigt nicht die wertvollen Güter, die sie bei sich tragen!«, wies er an und holte kurz Luft, sein Blick verfinsterte sich. »Und diesen Lucius: Verwundet ihn, foltert ihn,... doch letztendlich möchte ich es sein, der ihn in Belias' Höllenloch zurückschickt! Niemand beraubt die Stadt der Engel ungestraft!«
Stadt der Engel, Kerkereingang
Tageslicht ... seit 7 Tagen hatte Barthas es nicht mehr erblickt.
»Überall Wachen, Pyra«, flüsterte der merkwürdige Gaukler, dessen Namen Barthas noch immer nicht erfahren hatte. Er blinzelte einer der untergehenden Sonnen entgegen, die ein rotes Licht auf den großen Platz warf, den er vom Ausgang des Kerkers schon erblicken konnte. »Hey! Nicht da raus!«, sagte der Gaukler leise und drückte den König vom Ausgang weg. Dann spähte er kurz um die Ecke und deutete auf eine Wand, in der in ungefähr zwei Metern Höhe eine Nische eingelassen war. Groß genug für einen normal beleibten Menschen.
»Öhm« Barthas blickte den Mann an, der nur nickte und ihm neckisch zuzwinkerte. »Für mein Alter habe ich zwar eine gute Figur«, begann Barthas, rieb sich seinen Bauch, der nicht riesig groß, aber dennoch nicht zu übersehen war, »aber da komme ich doch niemals durch.« Gerade als Barthas seine Worte zu Ende gesprochen hatte, war der Gaukler schon mitten im Sprung und hechtete sich mit tierischem Elan in die schmale Öffnung. Sowas... Barthas war verblüfft von solcher Geschicklichkeit. Dieser Mann war mehr Akrobat als Gaukler!
»Worauf warten Sie?«, fragte Pyra hinter ihm und hatte sich bereits etwas gebückt und ihre Hände zu einer Räuberleiter geformt. Oben wartete der Mann in den bunten Kleidern und streckte seine Hand aus, um Barthas hinauf zu helfen. Er seufzte, blickte noch einmal kurz nach draußen Richtung Ausgang und stieg auf Pyras Hände. Sie ächzte kurz. Von wegen gute Figur!
»Nur schwere Knochen!«, betonte Barthas, der das Ächzen und Zähneknirschen nicht überhört hatte. Er ergriff die Hand des Gauklers und ließ sich nach oben ziehen. Ein bisschen putzig sah es von unten ja schon aus, als nur noch der Unterleib des Königs aus der Nische hing und seine Füße in der Luft zappelten. Als auch der letzte Rest des Königs verschwunden war, streckte der Gaukler wieder seinen Kopf durch die Nische, nickte Pyra zu und streckte auch ihr die Hand entgegen. Sie hüpfte nach oben, packte seine Hand, stieß sich an der Wand ab und wurde kopfüber hineingezogen. Sie landete auf dem Bauch des Gauklers, sodass sich ihre Gesichter direkt gegenüber waren. Sie grinsten sich kurz an, als sich Pyra von seinem Körper rollte.
»Hättste wohl gern, Süßer?«, sagte sie neckisch und zwinkerte ihm zu. Der Gang, in dem sie sich nun befanden war verwunderlich groß, viel größer als die kleine Nische durch die sie eingedrungen waren. Er war etwa einen Meter hoch, aber breit genug, um nebeneinander her krabbeln zu können.
»Das ist ein alter Luftschacht«, warf Pyra ein, als sie Barthas' Verwunderung bemerkte.
»Dort vorne ist eine Kammer!« Der Gaukler presste sich an Barthas vorbei und krabbelte voraus. Es war ihm sichtlich unangenehm, sich in solch engen Gefilden zu bewegen. Barthas hatte etliche Spinnweben und Getier erwartet, aber es hielt sich in Grenzen. Ab und zu
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