Phön - Tränen der Götter (Die Phön Saga) (German Edition)
begann diese sofort lichterloh zu brennen. Eine Stichflamme schoss empor, tauchte Lucius Gesicht in ein grelles rot und warf bedrohliche Schatten an die Rückwand. Kurze Zeit dachte Cora, eine Art Schwingen in Lucius Schatten zu erkennen.
Das Feuer zitterte durch die Kanäle, die von dem Becken abgingen und schoss links und rechts in die Wände. Was sich den Fünfen nun darbot, hatte seit Ewigkeiten niemand mehr zu Gesicht bekommen. Das Feuer füllte die Wände mit brennenden Ornamenten, seltsamen Figuren und alten Schriften. Es fraß sich haltlos den Gang entlang und enthüllte immer neue Gestalten, kryptische Zeichen und ab und zu einige Türen oder Tore, die symmetrisch in die Wände eingelassen waren. Der Gang selbst bestand aus hellem, weißen Stein, auf dem ein langer roter Teppich lag, der den Weg wies. Mit jedem Meter, den sich das Feuer durch die Dunkelheit bahnte, wurde die wahre Länge des Ganges deutlicher, auf dessen Gestein sich die flammenden Muster der Wände spiegelten. Nur der glatte Teppich verschluckte einige der Licht- und Schattenspiele. An der Hinterwand des Ganges angelangt, explodierte das Feuer mit einem Knall links und rechts des Lichtes, welches Cora bereit bemerkt hatte. Funken sprühten durch die Luft und tanzten zu Boden, während die letzten Flammen einige Treppenstufen hinauf zuckten, die an den Seiten auf eine Empore hinaufführten. Es tauchten zwei riesige Statuen aus der nun verdrängten Dunkelheit auf, die Belias und Elia selbst darstellen sollten. Die Götter hielten ihre Hände schützend über die Tür mit dem gleißenden Licht und gingen nahtlos in die Verzierungen der Empore über. Sie wirkten einerseits symbolisch und wie eine Metapher für sich selbst, jedoch gleichzeitig auch beängstigend lebendig. Das Licht, das aus der Tür hervortrat, schien sich wie ein Vorhang aus durchsichtigem Tüll über die Figuren zu legen. Sie schienen mächtig: Belias' steinerner Kopf sah aus wie eine Mischung aus Löwe und einer Art verwildertem Hund. Die Lefzen waren gebleckt und aus dem weit geöffneten Maul ragten riesige Reißzähne. Aus seinem Hinterkopf wuchsen mächtige Hörner, die sich wie Speere nach vorne krümmten. Das Fell, das seinen Körper zierte, war gekräuselt, teilweise mit Schuppen verwachsen, wild und zerzaust. Mächtige Pranken erinnerten an eine riesige Echse, deren Krallen lange Zeit nicht gestutzt wurden. Fledermausartige Flügel aus schwarzem Gestein ragten aus seinem Hinterleib, der ebenso wild mit Schuppen und Fell überdeckt war, wie der Rest seines Körpers. Der Unterkörper war teilweise mit der Empore verbaut worden, sodass man nicht richtig feststellen konnte, wie der Rest der Gottesstatue aussah. Cora bezweifelte jedoch, dass die Darstellung der Realität entsprach. Niemand hatte Belias oder Elia je erblickt. Sie war sich sicher, dass dies auch nicht möglich war, denn schließlich gaben die Götter ihr Leben für Phön. Taten sie das wirklich?
Die Göttin Elia ragte auf der rechten Seite empor, wirkte beinahe menschlich, hatte engelsartige Flügel, die sie links und rechts von sich warf. Ihr weiblicher Körper war von langen Tüchern umhüllt, die von allen Seiten von ihr flatterten. Der Architekt verstand sein Handwerk, denn die steinernen Tücher wirkten, als ob sie sich sanft im Wind bewegen würden. Elias Kopf ähnelte einer Mischung aus Greifvogel und Leopard und was wie lange, wallende Haare aussah, war ein gewaltiger Federschmuck, der sich vom Kopf aus über den Rücken schmiegte. Die rechte Hand neigte sie schützend über die schimmernde Tür und in der Linken hielt sie einen aufwändig verzierten Stock, der in einer Art Klaue endete, die einen Kristall umklammerte. Einige Zeit verging, bis der Eindruck dieses Raumes verdaut war. So gewaltig...
Lucius ergriff schließlich die Initiative und ging schnellen Schrittes den Gang entlang,
auf die Empore zu. »Los jetzt, wir haben genug Zeit vergeudet!«, rief er den anderen im Gehen zu. Und so war es auch, denn nun waren die Stimmen, die von draußen näher kamen, von allen zu hören. Kahn...
Die schwarze Sonne warf ihre letzten, lilafarbenen Lichtstrahlen auf den großen Platz mit der Statue und tauchte sie in ein geheimnisvolles Licht. Der Bischof lief voraus, Voldho schräg hinter ihm und nachfolgend Azhad, mit gebeugtem Gang. Er wirkte nachdenklich und hatte Angst. Angst, nicht nur vor dem Wahnsinn des Bischofs. Nein, er hatte Angst um die Zukunft von Phön. Er blickte die Statue des bewaffneten
Weitere Kostenlose Bücher