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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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wieviele Dragonlords?« fragte ich.
    »Zwei«, antwortete sie. »Warum? Glaubst du, wir brauchen mehr?«
    Sie warf mir einen Dolch zu. Ich fing ihn am Griff und sagte: »Danke.«
    »Keine Ursache.« Sie ging zur Tür hinüber, spielte kurz daran herum, und ich hörte die Eisenstange auf der anderen Seite zu Boden fallen. Ich schaute sie fragend an.
    »Kann sein, daß in diesem Gebäude Sachen sind, die du haben willst«, sagte sie. »Bannbrecher zum Beispiel.«
    »Da ist was dran. Ist, äh, noch alles am Leben?«
    »Vermutlich.«
    Auftritt Aliera: sehr klein für eine Dragaeranerin, kantiges Gesicht, grüne Augen. Sie verneigte sich leicht vor mir.
    Ich nickte.
    »Ich habe das hier gefunden.« Sie überreichte mir eine Goldkette, einen halben Meter lang, die ich nahm und mir ums Handgelenk wickelte.
    »Cawti hat gerade davon gesprochen«, sagte ich. »Danke.«
    Mein Mitbewohner, der von diesen Vorgängen nicht im geringsten beunruhigt schien, erhob sich. »Weißt du noch, was wir über die Philosophie zum Entkommen aus Zellen gesagt haben?«
    Cawti schaute erst ihn an, dann mich. Ich überlegte. Womöglich war er wirklich nur, was er zu sein schien, welchenfalls ich ihm für seine Hilfe eine Menge Ärger eingebrockt hatte. Ich warf einen Blick auf die Zellentür. Aliera stand jetzt drinnen, und es war kein Aufruhr zu hören, der andeutete, daß jemand unsere Flucht bemerkt hatte. Hinter mir klaffte ein grob rundes Loch von zweieinhalb Meter Durchmesser in der Mauer mit nichts auf der anderen Seite außer Inseldunkelheit und der frischen Ozeanbrise.
    Ich sagte: »Also gut, komm mit. Aber eines noch: Falls du auch nur daran denkst, mich zu verraten –« Ich verstummte und hielt den Dolch hoch. »Wir im Imperium nennen das hier ein Messer.«
    »Messer«, wiederholte er. »Verstanden.«
    Loiosh flog herein und landete auf meiner Schulter. Wir traten durch die Mauer in die Nacht hinaus.

 
     
LEKTIONHEIMKEHREN
     
     
    Cawti führte uns, und Aliera bildete die Nachhut. Wir glitten durch die Reihe von Bauten, die die Stadt bildeten. Mir wurde klar, daß ich gleich neben dem Palast gewesen war und wir fast genau denselben Weg nahmen wie ich nach dem Mordanschlag. Nachdem wir die Wälder außerhalb der Stadt betreten hatten, lauschten wir einen Moment auf Geräusche von Verfolgern. Es gab keine. Der Wald tat meinen Füßen nicht eben gut. Kurz überlegte ich, ob ich Loiosh nicht zurückschicken sollte, damit er meine Stiefel suchte, aber das meinte ich nicht ernst. Aibynn, der hinter mir ging, war ebenfalls stiefellos. Ihn schien es nicht zu stören.
    »Schön, wenn man Freunde hat«, bemerkte ich, als wir wieder losliefen.
    Cawti fragte: »Geht es dir gut?«
    »Größtenteils. Wir werden langsam machen müssen.«
    »Haben sie dich, ähm, befragt?«
    »Nicht so wie du meinst. Aber ich habe es geschafft, mich hier und da zu beschädigen.«
    »Es ist schon weit nach Mitternacht. Wenn wir bis zum Morgen da sein wollen, müssen wir uns beeilen, wir müssen schließlich auch an die Gezeiten denken.«
    »Ich weiß nicht recht, ob ich mich beeilen kann.«
    »Was ist passiert?«
    »Ich bin zu alt, auf Bäume zu klettern.«
    »Das hätte ich dir sagen können.«
    »Ja.«
    »Gib dein Bestes«, sagte sie.
    »Mach ich.« Mein Rücken tat schon weh, und jetzt fing es auch im Kopf zu pochen an. Ich sagte: »Wenn wir im Wald einen Trommler treffen, halten wir besser nicht auf ein Schwätzchen an.«
    »Das mußt du mir mal erläutern«, sagte Cawti. Ich hörte Loiosh in meinem Kopf lachen. Aibynn, der jetzt direkt vor mir lief, hatte den Kommentar entweder nicht gehört oder beschlossen, ihn zu ignorieren. Äste schlugen mir ins Gesicht, genau wie beim letzten Mal. Da hatte ich aber Cawti und Aliera nicht bei mir, also bestand Anlaß zu Optimismus. Andererseits taten die Äste trotzdem weh. Billige Philosophie, wenn ihr wollt.
    Nach einer Stunde oder so blieben wir wie verabredet stehen, obwohl niemand etwas gesagt hatte. Ich lehnte mich rücklings gegen einen Baum und fragte: »Was sagt der Plan?«
    Aliera antwortete: »Ein Schiff wartet in einer Bucht ein paar Meilen von hier auf uns.«
    »Ein Schiff? Kannst du so ein Ding steuern?«
    »Die Besatzung sind Orca.«
    »Bist du sicher, daß sie auf uns warten?«
    »Morrolan ist bei ihnen.«
    »Oh.« Und: »Ich bin geschmeichelt. Dankbar auch.«
    Aliera lächelte plötzlich. »Hat mir Spaß gemacht«, sagte sie. Cawti lächelte nicht. Nach ein paar Minuten Pause erhoben wir uns wieder.

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