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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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Problem.«
    »Denk dran«, sagte ich. »Dies ist –«
    »Ja. Ein Messer.«
    Er ging voraus. Wir bewegten uns langsam, aber stetig, und stießen auf niemanden, der nach uns suchte. Anscheinend lief Aibynn ziellos umher, ohne darauf zu achten, wohin er ging, und ohne anzuhalten, um sich umzuschauen. Ich blieb unmittelbar hinter ihm, bereit, ihm beim ersten Anzeichen von Verrat ein Messer in die Nieren zu rammen. Falls er das wußte, zeigte er es nicht, und mitten am Nachmittag sahen wir dann die kleine Bucht, in der ein kleines Schiff lag.
    Wir warteten im Wald, der bis an den Strand reichte, auf das Boot, das sie schickten. Cawti hatte bis jetzt kaum mit mir gesprochen.

    Er stand am Bug des Schiffes, groß, teilnahmslos, dragaeranisch und trocken. Die Orca an Bord halfen uns, ohne Fragen zu stellen, und einige sahen ihn finster an. Ich nahm an, das hatte mit Schwarzstab zu tun, das in der Scheide an seiner Hüfte hing. Keiner möchte einer Morgantiwaffe so nah kommen, und Schwarzstab war eine von jenen Klingen, die von Überlebenden in Trauerklagen besungen wird.
    Er und Aliera waren Cousin und Cousine, beide aus dem Haus der Dragon, was bedeutete, daß sie eine gute Schlacht lieber mochten als ein gutes Essen – quasi meine Definition von verrückt. Für Dragaeraner waren sie jung, jünger als fünfhundert Jahre. Ich würde mein gesamtes Leben hinter mich bringen, während sie noch jung waren, aber es war vergebens, darüber nachzusinnen. Beide trugen das Schwarz und Silber des Hauses der Dragon, er hauptsächlich schwarz, sie vor allem Silber. Sie war klein und schnell; er groß und genausoschnell. Wir drei lernten uns eines Tages auf den Pfaden der Toten kennen. Obwohl, das stimmt nicht so ganz, aber es ist jetzt nicht wichtig. Bestimmte Dinge machten uns zu Freunden, trotz der Unterschiede in Rasse, Haus, Klasse und der Einschätzung der Bedeutung von Essen, aber auch das ist im Augenblick nicht wichtig. Er stand wartend dort, als das Boot mit zwei gesichtslosen Orca uns zum Schiff übersetzte.
    Aibynn bedachte er mit einem neugierigen kurzen Blick, sprach ihn aber nicht an. Er stieß einen knappen Befehl aus, und das Schiff drehte sich leicht, wankte, wendete, beruhigte sich und fuhr los. Wir segelten geradewegs weg von der Insel, als wäre die Flucht ganz und gar keine große Sache gewesen. Was, glaube ich, auch stimmte, trotz meiner Nervosität.
    Ich sah zu, wie der Fleck, der Grünewehr war, gegen den rötlichen Horizont kleiner wurde, und der Druck auf meinem Brustkorb, den ich gar nicht bemerkt hatte, ließ allmählich nach. Ich sah mir die Besatzung an und war ein wenig enttäuscht, daß ich sie nicht kannte; aus irgendeinem Grund wäre ich gerne auf Yinta gestoßen oder auf jemand anderen von der Stolz des Chorba. Andererseits war ich nicht seekrank, obwohl ich den Glücksbringer nicht mehr hatte, mit dem ich hergekommen war.
    Gischt schlug mir ins Gesicht und stach mir in den Augen, als die Segel über mir sich voll aufblähten und das Schiff mit sich zogen. Morrolan stand neben mir, Aliera neben ihm. Aibynn hockte irgendwo vorne, am Bug oder Steven oder wie sie es nennen, und beschäftigte sich mit seiner Trommel. Cawti war nicht zu sehen. Ich sagte: »Ich schulde dir was, Morrolan.«
    Er sagte: »Ich bin beunruhigt.«
    »Weil ich dir was schulde?«
    »Daymar hat gesagt, er könne die Verbindung zu dir nicht aufrechterhalten.«
    »Ja. Das hat mich auch stutzig gemacht.«
    »Ich spüre etwas auf dieser Insel.«
    Aliera sagte: »Es gibt einen Grund, warum unsere Verbindungen zum Gestirn getrennt wurden. Und es liegt nicht an der Entfernung.«
    »Es mißgefällt mir«, sagte Morrolan.
    »Hä?« machte ich.
    »Es gefällt ihm nicht«, erklärte Aliera.
    »Oh.«
    Morrolan rührte sich ein bißchen, ohne die Augen von der Insel zu lassen. Mit seinen langen Fingern rieb er über den großen Rubin an seinem silbernen Hemd. Ich schaute zurück. Jetzt war die Insel fast nicht mehr zu erkennen. Loiosh hockte mir auf der Schulter. Ich fragte: »Wo ist Rocza?«
    »Zu Hause geblieben.«
    »Sie ist keine Seefahrerin?«
    »Wohl nicht. Aber sie hat sich um dich Sorgen gemacht.«
    »Freut mich zu hören. Das muß ja ein ordentlicher Flug für dich gewesen sein, bis du wieder am Festland warst.«
    Er antwortete nicht sofort. Mir gingen Bilder durch den Kopf, die mich sehr an einen Traum erinnerten, den ich kürzlich hatte. Davon taten mir noch meine imaginären Flügel weh. Er sagte: »Ich habe mir auch Sorgen gemacht,

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