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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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Boß.«
    »Ja. Ich auch.«
    Ich ließ Morrolan und Aliera stehen und lief übers Deck, bis ich Cawti entdeckt hatte. Sie betrachtete das Meer vorne, so wie ich es am Heck getan hatte. Hier gab es sogar noch mehr Gischt, richtig dicke Tropfen, nicht nur diesen feinen Nebel. Die Nacht pirschte sich an den Tag heran, bereit, zuzuschlagen.
    »Anscheinend traust du deinem Freund nicht«, sagte sie.
    »Nein.«
    »Warum hast du ihn dann mitgenommen?«
    »Wenn die nicht doch was im Schilde führen, schulde ich ihm was.«
    »Verstehe. Und du bezahlst deine Schulden immer, nicht wahr, Vlad?«
    »Ich höre eine Spur Ironie aus deiner Stimme.«
    Sie antwortete nicht.
    »Du hast mich gerettet«, sagte ich nach einer Weile.
    »Hast du daran gezweifelt?«
    »Ich wußte nicht, ob ihr es könnt. Ich hatte keine Ahnung, daß Loiosh über so viel Wasser fliegen kann.«
    »Es war bestimmt schwer für dich.«
    »Nicht so schwer wie –«, ich hielt inne, schaute mir auf die Fingernägel und sagte: »Nicht so schlimm.«
    Sie nickte, immer noch ohne mich anzusehen.
    Ich sagte: »Ich bin froh, daß die Revolution ein paar Tage auf dich verzichten konnte.«
    »Sei nicht so schnippisch.«
    Ich biß mir auf die Lippe. »Das sollte eigentlich nicht so klingen.«
    Sie nickte wieder. Von links ertönte ein Platschen. Wahrscheinlich Orcas, aber ich habe sie nicht gesehen. Cawti sprach leise, so daß ich sie durch das Knirschen und den Wind kaum hören konnte.

    »Ich seh, die Stunden ziehn voran
    In ihrem grauen Zwielichtkleid,
    Bin matt und machtlos gegen Zeit,
    Der ich nicht Einhalt bieten kann.
    Nie glaubte ich, die Bitterkeit
    Von alten Wunden träfe mich,
    Trotz mancher Schmerzen glaubte ich,
    Dagegen sei ich wohl gefeit.
    Doch morgen schneiden wir erneut
    Die Vene, die uns Neues sagt:
    Erleuchtung, die gemeinsam klagt
    In ihrem grauen Zwielichtkleid.«

    Nach einer Zeitlang Wellengang und Schiffsgeschaukel sagte ich: »Klingt ostländisch.«
    »Es ist von mir.«
    Ich sah sie entgeistert an. Sie regte sich nicht. Ich sagte: »Ich wußte gar nicht, daß du Gedichte schreibst.«
    »Es gibt eine Menge, was du nicht – nein. Entschuldigung. Es ist mir vor ein paar Nächten eingefallen, als ich mir um dich Sorgen machte. Oder vielleicht habe ich auch überlegt, ob ich mir nicht mehr Sorgen machen müßte, ich weiß nicht, was.«
    »Die Bitterkeit von alten Wunden«, stimmte ich zu. »Was bedeutet es?«
    Sie zuckte die Achseln. »Woher soll ich es wissen?«
    »Du hast es geschrieben.«
    »Ja. Tja, wenn darin etwas verborgen liegt, das ich zu sagen versucht habe, dann weiß ich nicht, was.«
    »Sag mir Bescheid, wenn dir was einfällt.«
    Ihre Mundwinkel zuckten.
    Ich sah dem Meer bei seinem Meeresgetue zu. Auf und nieder, hin und her, aber nirgendwohin. So Zeugs.
    »Ich versuche«, sagte Cawti, »mir etwas Tiefgründiges und Philosophisches über diese Wellen einfallen zu lassen, aber ich habe kein Glück.«
    »Du wirst schon was finden.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich sollte. Etwa so, daß sie irgendwo ihren Anfang haben und immer näher kommen, dann schieben sie dich herum und rollen weiter, aber wir wissen nicht, was sie verursacht oder woher sie kommen oder, na ja, so was eben.«
    »Hmmm.«
    »Du hast einige Wellen gemacht, oder, Vlad?«
    »Meinst du das jetzt allgemein oder im besonderen?«
    »Beides, glaube ich. Nein, im besonderen.«
    »Also die ganze Geschichte der letzten paar Monate mit der Organisation und dem Imperium und deinem Freund Kelly?«
    »Ja.«
    »Tja, ich denke, da habe ich Wellen geschlagen. Ich hatte ja keine große Wahl.«
    »Wohl nicht.«
    »Ich frage mich, was Herth im Schilde führt.«
    »Man sagt, er habe sich zufrieden mit dem zurückgezogen, was du ihm für Süd-Adrilankha gegeben hast.«
    »Süd-Adrilankha«, wiederholte ich. »Das Ostländerghetto.«
    »Ja.«
    »Das ich jetzt leite.«
    »Nicht komplett.«
    »Nein. Nur die illegalen Sachen.«
    »Und du wirst da aufräumen?«
    »Höre ich da eine Spur Ironie in deiner Stimme?«
    »Eine Spur? Nein. Eine Wagenladung vielleicht.«
    »Glaubst du, ich kann es nicht oder ich will nicht?«
    »Ich glaube, du kannst nicht.«
    »Wer soll mich daran hindern?«
    Nach bestimmt einer Minute sagte sie: »Was meinst du mit aufräumen? Welche illegalen Aktivitäten willst du denn weiterführen?«
    »Die, die sie wollen. Ich werde sicherstellen, daß die Spielhöllen gerecht sind, die Hurenhäuser sauber, daß die Dirnen gut behandelt werden, daß die Kredite zu

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