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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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dem ich die Lage erklärt hatte, schlug vor, daß Daymar mal in seinen Gedanken stöbern sollte. Aber die Vorstellung behagte mir nicht, und ich wußte nicht einmal, ob es überhaupt funktionieren würde. Wir besprachen diverse Alternativen, als Kragar plötzlich sagte: »Lassen wir das. Es gibt momentan sowieso dringlichere Probleme.«
    »Zum Beispiel?« fragte ich, woraufhin er dann sagte: »Die Leute fangen langsam an, Fragen über dich zu stellen, Vlad.«
    »Was für Leute?« wollte ich wissen.
    »Keine Ahnung, aber es ist jemand, der in der Organisation über dir steht.«
    »Was will er denn wissen?«
    »Etwas über diese Ostländergruppe und deine Verbindung zu ihnen.«
    »Kellys Leute?«
    »Genau. Jemand befürchtet, du gehörst dazu.«
    »Kannst du herausfinden – Was war das? Hast du gerade was gehört?«
    »Ich glaube ja.«
    »Melestav, was ist da los?«
    »Irgendein Aufruhr unten, Boß. Soll ich mal nachsehen?«
    »Nein, bleib erstmal wachsam.«
    »Geht klar, Boß. Ich sag Bescheid, wenn –« Er brach die Verbindung ab oder jemand anders tat es für ihn. Ich spürte einen kurzen Schmerz, als hätte man mich geschlagen.
    Mit rechts zog ich einen Dolch und hielt ihn außer Sicht unter dem Tisch fest. Dann ertönte ein Rumpeln, und Loiosh schrie mir ins Gehirn, und die Tür flog uns um die Ohren. Sechs Jhereg standen im Eingang, allesamt bewaffnet. Zwischen ihnen hing Melestav. Blut klebte ihm an der Stirn. Seine Augen flackerten auf, wie eine Kerze, die nicht sicher ist, ob sie Feuer fangen soll, aber dann konzentrierte er den Blick. Er sah mich an, drehte sich zu den Vollstreckern um, die ihn hielten, und bedachte jeden mit einem langen, festen Blick, dann schaute er wieder zu mir. Mit einem schwachen Grinsen sagte er: »Besuch für dich, Boß.«
    Während ich die Eindringlinge begutachtete, hielt ich die Hände unter der Tischplatte. Sie mußten davon ausgehen, daß ich bewaffnet war, aber sie waren viele und ich einer. Ich war verwirrt. Zwar wußte ich, daß sie nicht hergekommen waren, um mich zu töten, weil es dafür zu viele waren. Andererseits bezweifelte ich, daß ihre Absichten freundlicher Natur waren.
    Einer, ein recht kleiner Jhereg mit roten Locken und hervortretenden Pupillen, sagte: »Nehmt die Hände hoch, damit wir sie sehen können.«
    Ich ließ mir einen zweiten Dolch in die Linke fallen und sagte: »Das möchte ich eher nicht, danke.«
    Er sah Melestav bedeutungsvoll an. Ich zuckte bedeutungsvoll die Achseln. Er sagte: »Jemand will Euch sehen.«
    Ich: »Sagt ihm, seine Art, Einladungen zu verschicken, gefällt mir nicht.«
    Die hervortretenden Pupillen glotzten eine Weile, dann sagte er: »Wir haben keinen Eurer Leute getötet – bisher. Und der Herr, der Euch sehen möchte, ist in Eile. Wahrscheinlich ist es ganz in Eurem Sinne, wenn ich Eure Hände sehen kann.« Er hörte sich an, als habe er was im Hals stecken.
    »Na schön«, sagte ich und nahm die Hände hoch. Mit den Dolchen. Ich glaube, das hatten sie nicht erwartet.
    Der Kerl räusperte sich, aber das half auch nicht. Er sagte: »Die solltet Ihr wohl ablegen, oder sollen wir die Sache gleich hier beenden?«
    Die waren sechs, ich einer. Na gut. Bedächtig drehte ich mich um und warf die Dolche nacheinander mitten in die Zielscheibe an der Wand. Dann drehte ich mich wieder zu ihnen, faltete die Hände und fragte: »Und jetzt?«
    »Kommt mit uns«, sagte er und nickte einem hageren Jhereg zu, der aussah, als bestünde er aus verknoteten Seilen. Dieser gestikulierte sparsam herum, und ich spürte, wie der Teleport wirkte. Gegen die Übelkeit biß ich die Zähne zusammen und fragte mich dabei, wer sich mal eben einen Zauberer leisten konnte, der sieben Leute auf einmal teleportierte. Oder vielleicht war es ja gar nicht so beiläufig. Vielleicht – doch für solche Spekulationen war es zu spät.
    Körper und Geist rieselten durchs Sieb und tauchten, mehr oder weniger unverändert, in einem mir bekannten Stadtteil auf, vor dem Geschäft eines Edelsteinschleifers, das ich ebenfalls kannte. Ich sagte: »Toronnan.« Sie hielten es nicht für nötig, darauf zu antworten, aber ich hatte es auch nicht als Frage formuliert.
    Wir marschierten in Reih und Glied in den Laden, wo ein Kerl, dem Aussehen und den Klamotten nach aus dem Haus der Chreotha, langfingrige Dinge mit dünnem Silberdraht und einer gebogenen Zange anstellte. Aus gutunterrichteter Quelle wußte ich, daß dieser »Chreotha« mindestens drei Morde auf der Habenseite

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