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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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Vorderteil des Geschäfts hingen Westen und Wamse, und als ich mich nach hinten durchschlich, sah ich einen alten Vallista arbeitsam eine schwere Nadel mit einem dicken Faden in den Saum von etwas drücken, das wie ein lederner Trinkbeutel aussah. Warum jemand aus einem ledernen Beutel trinken möchte, weiß ich nicht.
    Bevor er mich bemerkte, war ich schon vorbei und stand vor einer aufwärtsführenden Treppe. Oben standen zwei Jhereg, die nicht freundlich aussahen. Sie beobachteten mich und schienen zu überlegen, ob sie mich herausfordern oder lieber gleich an Ort und Stelle fallenlassen sollten. Ich kam lebendig oben an und sagte: »Vlad Taltos für Lord Boralinoi.«
    Der kleinere der beiden fragte: »Termin?«
    »Nein.«
    »Dann wartet hier.«
    »Ja.«
    Er konzentrierte sich einen Augenblick, nickte wie zu sich selbst und sagte: »Weshalb wollt Ihr ihn sehen?« Er hatte eine Stimme wie eine Metallfeile; sie tat mir in den Zähnen weh.
    »Etwas Persönliches.«
    »Dann bringt ein Opfer.«
    »Wen schlagt Ihr vor?«
    Er lächelte ein wenig. Ich fragte mich, ob er die Zähne absichtlich aufeinanderbiß, nur wegen des Effekts. Er konzentrierte sich erneut und sagte nochmal: »Wartet.«
    Nachdem ich ein oder zwei Minuten dagestanden und die Schläger angestarrt hatte, die mich anstarrten, sagte er: »Hereinspaziert, der Boß gibt Euch fünf Minuten.«
    »Oh, welche Freude«, sagte ich und lief an ihnen vorbei.
    Im nächsten Zimmer standen noch fünf von der Sorte, einer an einem Tisch, die anderen hingen bloß herum. Ich erkannte sie allesamt sofort als Mörder. Der am Tisch nickte mir zu, die anderen musterten mich ganz so, wie ich einen Fasan mustern würde, bevor ich ihm die Haut abzog und ihn mit Pilzen, Knoblauch und Tarragon füllte.
    Es gab drei Türen. Ich deutete auf die mittlere, zog fragend die Brauen hoch, erhielt ein Nicken zur Antwort und ging durch. Sein Tisch war groß, und er saß da, als gehörte er auch dahinter. Außer ihm waren zwei weitere Jhereg im Zimmer, ein schweigsam wirkendes Hemdchen mit eingedrücktem Gesicht und Grübchen, entweder Buchhalter oder Zauberer, und ein anderer Schläger, der einen kalten Blick hatte, als könnte er jeden jederzeit aus jeglichem Grund umbringen. Als ich eintrat, zuckte er mit den Schultern und strich sich mit der Hand übers Kinn, eine Geste, die ich als Prüfung erkannte, ob seine Überraschungen unter dem Umhang auch alle bereit und am Platz saßen. Ich griff mir automatisch in die Haare und richtete die Klammer meines Umhangs. Meine waren bereit.
    In diesem Zimmer gab es keine Fenster und, soweit ich das in der Eile sehen konnte, auch keine weiteren Ausgänge. Ziemlich sicher gab es irgendwo eine verborgene Tür, weil diese Leute nun mal so arbeiten, aber ich konnte sie nicht finden. Loiosh rutschte mir unbehaglich auf der Schulter herum; ihm gefiel der fehlende Fluchtweg auch nicht. Rocza, auf der anderen Schulter, nahm etwas von seiner Nervosität auf. Boralinoi blickte nacheinander auf meine beiden Jheregs, dann sah er mich an.
    »Ich habe von Euch gehört, Lord Taltos«, sagte er.
    »Und ich von Euch, Euer Lordschaft.«
    »Ihr wolltet mich sprechen. Nur los.«
    »Es ist etwas Persönliches, Euer Lordschaft.«
    Ohne den Blick von mir zu nehmen, sagte er: »Cor, N’vaan, sprecht mit niemandem über das hier.«
    Mehr würde ich also nicht bekommen. Ich sagte: »Ich komme zu Euch um Rat für meine Ehe, Euer Lordschaft.«
    »Das tut mir leid. Ich bin nicht verheiratet.«
    »Wie schade, Euer Lordschaft. Die Ehe ist ein Segen, wißt Ihr? Aber ich glaube, Seine Lordschaft kann mir vielleicht dennoch helfen.«
    Er nahm das Dufttuch aus dem Kragen und winkte damit vor seinem Gesicht herum, tupfte die Mundwinkel ab, zerknüllte es in der Hand und lehnte sich im Sessel zurück. »Ihr sprecht von der Frau, die mit diesen Aufrührern in Süd-Adrilankha gearbeitet hat.«
    »Sie ist meine einzige Frau, Euer Lordschaft. Ich würde sie nur sehr ungern verlieren.«
    »Warum kommt Ihr zu mir?«
    »Auf Euren Befehl hin sind diese Leute verhaftet worden. Ich möchte meinen, Ihr könntet eine freilassen.«
    »Was bringt Euch auf die Idee, ich hätte es veranlaßt?«
    »Ein Traum von letzter Nacht, Euer Lordschaft. Wir Ostländer glauben an unsere Träume.«
    »So, so.« Er beugte sich vor und starrte mich an. »Hört mir zu, Baronet Taltos, damit ich mich nicht wiederholen muß. Diese Aufrührer machen Ärger, und das nicht nur in Süd-Adrilankha. Dieser Ärger hat

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