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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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dem Kerl heftig auf den Kopf schlug. Er brach zusammen. Ich spürte ein Brennen im Nacken, faßte dorthin und sah Blut. Hoffentlich war seine Klinge nicht vergiftet. Ich merkte, wie ich zitterte.
    »Gute Arbeit«, sagte ich zu Stock. Seine Antwort darauf war, daß er zu Boden sank. Erst da merkte ich, daß das Stilett ihm glatt durch Kehle und Hals geglitten war.
    Da kam Aibynn herein und kniete sich neben Stock, dessen Augen offen und glasig waren. Loiosh landete mir auf der Schulter und leckte mein Ohr. Ich begutachtete den Leichnam meines Vollstreckers und stellte fest, daß sein Rückgrat glatt durchtrennt war. Was man in dem Geschäft einen Glückstreffer nennt.
     
     
    Eine gute Stunde später waren die Leichen weg, und Kragar saß bei mir im Wohnzimmer, während ich allmählich zu zittern aufhörte. »Mitten in meinem Haus, Kragar«, sagte ich wohl zum neuntenmal.
    »Ich weiß, Boß«, erwiderte er.
    »Das tut man nicht.«
    Aibynn saß in seinem Zimmer und trommelte, wie er sagte, um sich wieder zusammenzureißen. Kragar sagte: »Aber ich weiß, warum sie es gemacht haben.«
    »Was meinst du?«
    »Weißt du noch, vor ein paar Wochen? Bist du da nicht bei jemandem hereingeplatzt, um Informationen von ihm zu bekommen?«
    Ich atmete tief durch. »Ja«, sagte ich.
    »Da hast du es. Du hast die Regeln gebrochen, sie haben die Regeln gebrochen. So läuft das, Vlad.«
    »Ich hätte es wissen sollen.«
    »Ja.«
    Weniger als einen Monat zuvor hatte Stock ein Angebot für meinen Kopf abgelehnt. Diese Weigerung hatte aus ihm eine Zielperson gemacht, und ich habe ihm das Leben gerettet, so wie er es vorher bei mir gemacht hatte. Und wozu?
    »Ich finde, du solltest nicht hierbleiben, Vlad.«
    »Werde ich auch nicht, Kragar. Danke. Ich bin wieder in Ordnung.«
    »Ich warte, bis du gehst, wenn es dir nichts ausmacht.«
    »Ja, ist gut.«
    Ich wies Aibynn darauf hin, daß dies heute nacht kein sicherer Ort sein dürfte. Er sagte: »Kein Problem. Ich habe einen Freund, bei dem ich bleiben kann.«
    »Gut. Wir sehen uns irgendwann.«
    Kragar geleitete mich die Treppe hinunter und ließ mich allein, als es sicher aussah.
    »Wo gehen wir hin, Boß?«
    »Ein Gasthaus, das ich kenne, auf der anderen Seite der Stadt.«
    »Warum da?«
    »Es ist gegenüber von Boralinois Arbeitsplatz.«
    »Ah. Was ist mit Toronnan? Er war es, der –«
    »Scheiß auf Toronnan. Scheiß auf Rache. Ich hole Cawti zurück.«
    Der Marsch dauerte gute drei Stunden, aber ich glaube, er tat mir gut.
     
     
    Am nächsten Morgen war ich früh auf den Beinen und wartete direkt vor dem Gasthaus, in dem ich die Nacht verbracht hatte. Ich stand im Schatten des Eingangs. Rocza flog herum, sah harmlos aus und terrorisierte die ansässigen Stadtjheregs, während Loiosh bei mir ausharrte. Ich hatte sechs gute Stunden Schlaf intus, danach drei Tassen Klava und Kornbrot mit Ziegenkäse. Vom Hügel zu meiner Linken wehte mir ein scharfer, beständiger Wind ins Gesicht und ließ in mir Gedanken über das Vergehen des Alten und die unermeßliche Natur des Neuen wachsen.
    Kein schlechter Tag zum Töten, kein schlechter Tag zum Sterben, je nachdem, was kommen sollte.
    Zwar wußte ich nicht, wie Boralinoi aussah, aber ich konnte ihn ohne Schwierigkeiten entdecken, weil ihm zwei Vollstrecker vorausgingen, einer auf jeder Seite, und zwei ihm folgten. Und die waren gut. Müßig ging ich die Alternativen durch, ihn zu erledigen, während er die Straße entlanglief, und kam zum Schluß, daß ich wenigstens zwei, wenn nicht drei dieser Vollstrecker würde bezahlen müssen, um eine aussichtsreiche Chance zu haben. Sie waren echt eifrig bei der Arbeit, und ich mußte mich schnell bewegen, um nicht entdeckt zu werden. Boralinoi war kostspielig gekleidet und bewegte sich entsprechend. Ich konnte mir vorstellen, daß er bei Hofe einen guten Eindruck machte, mit den vollkommen schwarzen Locken, den Ringen an jedem Finger und den delikaten, präzisen Schritten. Er sah aus, als wäre er wohl parfümiert, und bestimmt hatte er ein Dufttuch am Kragen, falls er auf jemanden traf, dessen Atem er nicht leiden konnte.
    Er ging in das Lederwarengeschäft, in dessen Hinterzimmer seine Geschäftsräume lagen. Ich rief mir Rocza auf die Schulter und folgte ihm hinein. Den Geruch von frischem Leder habe ich schon immer gemocht, wenn er auch hier etwas überwältigend wirkte. Vermutlich wegen der Beimischung diverser Duftöle und Salbmittel, die in diesem mysteriösen Handwerk verwendet wurden. Im

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