Phönix
Geschäftsessen anberaumte und nichts aß. Ich war mir nicht sicher, worauf das hindeutete, aber gut war es nicht. Ich lehnte mich zurück und sagte: »Dann mal los.«
»Diese Sache ist bis zum Rat hoch gegangen. Ihr habt dort mächtige Freunde, aber ich glaube nicht, daß sie Euch diesmal helfen können.«
»Ich höre zu.«
»Es tut uns leid, daß Eure Frau in die Angelegenheit verwickelt wurde, aber Geschäft ist Geschäft.«
»Ich höre zu.«
Er nickte. »Ich stand heute vor dem Rat. Sie haben mich gefragt, ob man Euch ohne Kampf erledigen könnte. Ich habe gesagt, da müßten sie erst Mario finden. Was nicht bedeutet, daß sie es nicht versuchen, aber wahrscheinlich habt Ihr damit einen Aufschub. Versteht Ihr das?«
»Nicht ganz. Sprecht weiter.«
»Wir hatten gerade einen gehörigen Hickhack zwischen Euch und diesem Herth, und davor hattet Ihr Zank mit irgendeinem Tecklakerl, der damit endete, daß das Imperium einschritt, und dazwischen lag ein riesiges, blutiges Schlamassel in den Hügeln zwischen Bi’er und Frynaan.«
»Davon habe ich gehört. Ich war nicht daran beteiligt.«
»Darum geht es nicht. Die Organisation hat viel zuviel Aufmerksamkeit auf sich gelenkt, und der Rat hat die Nase voll. Und nur das hält Euch am Leben.«
»Ich nehme an, ich habe jemanden gegen mich aufgebracht.«
»Ihr habt jeden gegen Euch aufgebracht, Idiot. Man läuft nicht herum und droht dem Repräsentanten der Organisation im Imperialen Palast. Könnt Ihr das verstehen?«
»Drohen? Ich?«
»Stell dich nicht dumm, Milchbart. Ich sage dir, laß es sein. Ich sage dir –«
»Warum habt Ihr die Verhaftung dieser Ostländer arrangiert?«
»Du stellst mir keine Fragen, Milchbart. Die Fragen stelle ich, du antwortest, dann sage ich dir etwas, und du tust es. So stellt sich unsere Beziehung dar. Ist das klar oder muß ich es noch deutlicher machen?«
»Warum habt Ihr die Verhaftung dieser Ostländer arrangiert?«
Auf seinem Gesicht erschien ein höhnischer Ausdruck, doch er schob ihn weg. »Gibt es einen Grund, warum ich antworten sollte?«
»Ich töte Euch, wenn nicht.«
»Du würdest hier nie lebendig herauskommen.«
»Ich weiß.«
Er starrte mich an. Schließlich sagte er: »Du lügst.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Ich lüge nicht. Ich baue mir einen gewissen Ruf für Ehrlichkeit auf, damit ich ihn ruinieren kann, wenn mal was Großes passiert. Das ist es noch nicht.«
Er grunzte. »Wieviel größer soll es denn bitte werden?«
»Wartet es ab.«
Er biß sich auf die Zähne. Dann sagte er: »Der Befehl kam vom Rat. Ich weiß nicht, von wem genau.«
»Wahrscheinlich könntet Ihr eine ziemlich genaue Vermutung abgeben, wenn Ihr Euch anstrengt.«
Wir hielten dem Blick des anderen stand, dann sagte er: »Mein Boß. Boralinoi.«
»Boralinoi«, wiederholte ich langsam. »Das würde einen Sinn ergeben. Mein Gebiet ist Euer Gebiet ist sein Gebiet, und mir gehört jetzt Süd-Adrilankha, also liegt es in seiner Verantwortung.«
»So ist es. Und wenn du glaubst, du könntest dich mit ihm anlegen –«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich will meine Frau wiederhaben, Lord Toronnan. Darauf läuft es hinaus, mehr nicht. Ich werde sie keinesfalls in den Imperialen Kerkern verrotten lassen, also laßt Euch besser etwas einfallen, wie Ihr mir helfen könnt, oder bleibt mir aus dem Weg, oder gebt Euer Bestes, um mich fertigzumachen, denn ich werde etwas unternehmen.«
Er stand auf. »Ich werde daran denken, Lord Taltos. Ich werde daran denken.«
Als er fort war, rutschte ich auf die andere Seite des Tischs, damit ich den Musikern zuschauen konnte, die sich gerade auf die Bühne begaben. Es dauerte ein bißchen, bis ich einen Kellner fand, aber dann bestellte ich Nudeln mit Paprika und Wurst. Er wirkte überrascht, daß ich tatsächlich essen wollte; ich vermute, die meisten kommen nur zum Trinken her. Und als er sich abwenden wollte, rief Kragar ihn zurück und bestellte das gleiche, was ihn noch mehr verwirrte, obwohl er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
»Was ist passiert?« fragte er.
»Anscheinend habe ich mir einen weiteren Feind gemacht.«
»Oh? Toronnan?«
»Nein. Den Jhereg.«
Kragar legte den Kopf zur Seite. »Sag mir doch mal, Vlad: Warum bleibe ich eigentlich bei dir?«
»Keine Ahnung. Vielleicht tust du es ja gar nicht. Vielleicht wartest du nur darauf, mich abzustechen.«
»Jetzt werde mal nicht paranoid.«
»Tja, wenn du noch nicht darauf wartest, mich abzustechen, vielleicht solltest du
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