Phönix
Würde uns kein Krieg drohen, vielleicht wäre es nicht von Bedeutung. Aber es kann sein, daß wir größere Effizienz als je zuvor benötigen, und wenn unsere größte Stadt gerade jetzt aus der Bahn geworfen würde, könnte es schreckliche Folgen für das Imperium haben.«
Ich dachte an eine Geschichte, die mir ein Teckla einmal erzählt hatte, und hätte um ein Haar gesagt, wenn die Teckla doch so verflixt glücklich seien, wieso werde sie dann nicht selbst eine, aber ich hatte Angst, sie würde es verstehen, wie ich es meinte. Also fragte ich: »Kann eine ostländische Jhereg überhaupt solche Bedeutung entwickeln?«
»Ist das für Euer Haus wichtig, Baronet?«
»Das weiß ich nicht, Euer Majestät. Aber es wird ihnen nicht so wichtig sein wie mir.«
Wir gingen durch einen Vorhang und standen wieder im Thronzimmer. Ich hörte die Saiten von Thoddis Instrument, das Heulen von Dav-Hoels und das klackernde Summen von Aibynns Trommel. Die Höflinge verneigten sich, und es sah aus, als täten sie es vor mir, was sehr lustig war. Die Imperatorin deutete auf eine Frau in den Farben des Hauses der Iorich. Die Frau näherte sich Zerika, als diese sich auf den Thron setzte. Ich zog mich zurück.
»Hiermit befehle und verlange ich Freilassung und vollständige Freiheit für die Gräfin von Achtlos Kluft und Umland«, sagte sie, und ich mußte wirklich fast heulen.
LEKTION
GRUNDLEGENDE ÜBERLEBENSKÜNSTE
Zwei ausdruckslose Dragon in den goldenen Umhängen der Phönix und Stirnbändern mit einem Iorich darauf lieferten Cawti an den Stufen des Iorich-Flügels des Imperialen Palastes ab, eine halbe Stunde Marsch von dort entfernt, wo ich die Imperatorin verlassen hatte. Als sie aufkreuzten, jeder hielt einen Arm fest, hätte ich sie fast an Ort und Stelle erledigt, aber Loiosh wies mich scharf zurecht. Sie ließen sie auf der untersten Stufe gehen, nahmen Haltung an, verneigten sich einmal vor ihr, machten gleichzeitig kehrt und liefen, ohne sich umzusehen, die Treppe hinauf.
Ich stand einen Meter vor ihr und suchte vergeblich nach Anzeichen dessen, was sie durchgemacht hatte. Ihr Blick war klar und scharf, ihr Ausdruck grimmig, doch sie schien unverletzt zu sein. Einen Augenblick stand sie da, dann schaute sie mich an. »Vlad«, sagte sie. »Bist du hierfür verantwortlich?« Sie hob die rechte Hand, in der sie ein zusammengerolltes Pergament hielt.
»Nehme ich an«, sagte ich. »Was ist das? Eine Begnadigung?«
»Ein Entlassungsbefehl. Er besagt, wir bescheinigen Eure Unschuld und macht es nicht wieder.«
»Wenigstens bist du draußen.«
»Ich hätte schon draußen sein können, wenn ich gewollt hätte.«
»Ich würde mich ja entschuldigen, aber es tut mir nicht leid.«
Sie lächelte und nickte mit mehr Verständnis, als ich erwartet hätte. »Vielleicht ist es so am besten.«
Ich zuckte die Achseln. »Das dachte ich, als du mich befreit hast.«
»Wohl kaum das gleiche«, fand sie.
»Mag sein. Wie war es?«
»Anstrengend.«
»Ich bin froh, daß es nicht schlimmer war. Möchtest du nach Hause kommen?«
»Ja. Sehr. Ich würde gerne mal baden und dann was Warmes essen und –«
Ich wartete. »Und was?« fragte ich nach einer Weile.
»Und dann wieder an die Arbeit.«
»Ah. Natürlich. Sollen wir gehen oder soll uns übel werden?«
Sie überlegte. »Weißt du, vor dem Interregnum, als Teleportationen noch schwieriger waren, gab es Teckla, die ihren Lebensunterhalt damit verdienten, die Leute auf Gespannen mit Pferden und Eseln durch die Stadt zu fahren. Oder manchmal haben sie es auch zu Fuß gemacht und kleine Karren gezogen. Sie trugen ein Geschirr, als wären sie selbst Pferde oder Esel.«
»Ich mag Pferde nicht. Was sind Esel?«
»Ich bin mir nicht sicher. Eine Art Pferd, glaube ich.«
»Dann mag ich die auch nicht. Wie ich sehe hast du Geschichtsbücher gelesen.«
»Ja. Die Zauberei hat unsere ganze Welt verändert und tut es weiter.«
»So ist es, ja.«
»Gehen wir.«
»In Ordnung.«
Und wir gingen.
Ich fand ein paar getrocknete schwarze Pilze, übergoß sie mit kochendem Wasser und ließ sie ziehen. Nach ungefähr zwanzig Minuten schnitt ich sie klein mit Schalotten, Lauch, etwas Dill, verschiedenen Paprikasorten und dünnen Kethnastreifen. Die Mischung würzte ich mit Knoblauch und Ingwer und briet sie kurz an, während Cawti auf dem Küchenstuhl mir beim Kochen zusah. Keiner von uns sagte etwas, bis das Essen fertig war. Wir gaben es über Nudeln, die mein Großvater
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