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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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Ich habe erfahren, ich war selbst einer, und ich dachte, das ändert alles, aber so war es nicht. Ich hasse sie immer noch. Jedesmal, wenn ich dich besuchen komme und den Müll in den Straßen rieche und Leute sehe, die blind geworden sind oder Krankheiten haben, die mit einfachster Zauberei geheilt werden könnten, oder die nicht wissen, wie sie ihren eigenen Namen schreiben sollen, hasse ich sie einfach. Und dann will ich nicht alles in Ordnung bringen wie Cawti; ich will sie nur umbringen.«
    »Hast du keine Freunde, Vladimir?«
    »Hmm? Tja, doch, klar. Was hat das damit zu tun?«
    »Wer sind deine Freunde?«
    »Na, da ist – oh, ich verstehe. Ja, sie sind alle Dragaeraner. Aber sie sind anders.«
    »Wirklich?«
    »Ich weiß es nicht, Noish-pa. Ehrlich nicht. Ich weiß, was du sagen willst, aber warum spüre ich trotzdem diesen Haß?«
    »Haß gehört zum Leben, Vladimir. Wenn du nicht hassen kannst, dann kannst du nicht lieben. Und wenn du diese Elefs haßt, dann fühlst du eben das und kannst es nicht leugnen. Aber dümmer als dieser Haß auf Elefs, denen du nie begegnet bist, ist, daß du dich davon leiten läßt. So kann man nicht leben.«
    »Das weiß ich, aber ich –« Ich verstummte, als Ambrus wild miauend auf Noish-pas Schoß sprang. Noish-pa runzelte die Stirn und hörte zu.
    »Stimmt was nicht?« fragte ich.
    »Schweig, Vladimir. Ich weiß es nicht.«
    Loiosh kam wieder auf meine Schulter. Noish-pa stand auf und ging nach vorne in den Laden. Gerade wollte ich ihm folgen, da kam er mit einem Zettel aus weißem Pergament zurück. Er zog eine Feder aus dem Tintenfaß und zeichnete mit ein paar schnellen Strichen ein auf der Seite liegendes Rechteck. Er tauchte die Feder wieder ein, ohne zu klecksen, und malte wäßrige Zeichen in die Ecken. Die Symbole kannte ich nicht.
    »Was ist das?«
    »Jetzt nicht, Vladimir. Nimm das.« Er reichte mir einen kleinen Silberdolch. »Schneide dir in die linke Handfläche.« Das tat ich, und zwar gleich neben der kleinen weißen Narbe, die ich erst zwei Tage vorher gemacht hatte. Es blutete schön. »Laß dir etwas Blut in die rechte Hand tropfen.« Auch das tat ich. »Spritz es auf das Papier.« Er hielt das Pergament etwa einen Meter vor mich. Ich warf das Blut darauf, und es ergab ein interessantes Muster roter Punkte. Dann warf er mir ein Stück sauberen Stoffs zu, mit dem ich mich verbinden sollte. Mit ein wenig Konzentration, um die Blutung zu stoppen und die Heilung anzuregen, tat ich es. Nicht zum erstenmal wünschte ich, daß ich die Grundlagen der Zauberheilerei gelernt hätte.
    Noish-pa studierte die roten Punkte auf dem Pergament und sagte: »Draußen steht ein Mann bei der Tür. Er wartet, daß du rauskommst, damit er dich töten kann.«
    »Oh. Das ist alles? Na schön.«
    »Du weißt, wo die Hintertür ist.«
    »Ja, aber die nimmt Loiosh. Wir machen das auf unsere Weise.«
    Er blickte mich aus glasigen Augen an. »Nun gut, Vladimir. Aber laß dich nicht von Schatten ablenken. Konzentriere dich immer auf das Ziel.«
    »Mach ich«, sagte ich. Ich stand auf und zog mein Rapier. »Ich weiß, wie man Schatten verschwinden läßt.«

 
     
LEKTION
ÜBERLEBENSKÜNSTE FÜR FORTGESCHRITTENE
     
     
    »Alles klar, Loiosh. Du weißt, was du zu tun hast.«
    »Was ist mit Rocza?«
    »Sie kann bei mir warten, für alle Fälle.«
    Wir gingen ins Hinterzimmer, an der Küche vorbei, und ich ließ Loiosh raus, dann kehrte ich zurück und stand wartend am Ausgang, die Klinge in der Hand. Rocza landete auf meiner Schulter. Sie war schwerer als Loiosh, aber ich gewöhnte mich an sie.
    »Ich sehe ihn noch nicht, Boß.«
    »Keine Eile, Kumpel. Da draußen gibt es so viele Verstecke, wo die Sachen so dicht aneinanderste –«
    »Hab ihn!«
    »Laß mal sehen. Hmmm. Den erkenne ich nicht.«
    »Wie sollen wir es anstellen?«
    »Hat er dich gesehen?«
    »Nein.«
    »Gut. Durch die Tür, drei Schritte, ich geh nach links, damit wir ihn von dem Laden wegbekommen. Dann laß ich ihn ein Stück aufholen, du schlägst zu, wenn er loslegen will, und ich komme dazu.«
    »Verstanden.«
    Ich steckte mein Schwert weg, weil ich es nicht sofort benutzen würde, und küßte meinen Großvater zum Abschied. Noch einmal mahnte er mich, vorsichtig zu sein, und ich beteuerte es. Dann ging ich durch die Tür, schaute mich auffällig um und lief nach links.
    »Er folgt dir.«
    »Gut.«
    Ich prüfte die Umgebung und suchte nach einer Ecke mit genügend Leuten, aber nicht zu vielen. Nach gut zweihundert

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