Phönix
Rocza. Ich glaube, sie lernt das Geschäft.«
»Sie hat einen guten Lehrer. Bei dir alles klar?«
»Jedenfalls kommt mir das Essen nicht wieder hoch. Gib mir eine Minute und bleib wachsam.«
»Klaro.«
Als ich mich besser fühlte, ging ich zur Wohnung. Ich hatte Glück: Aibynn war dort und kein Attentäter.
»He, wie geht es dir?«
»Nicht übel. Was hältst du davon, mir zu helfen?«
»Wobei?«
»Den Krieg zu beenden.«
»Das hört sich gut an. Was muß ich machen?«
»Mit mir kommen und jemanden in deinen Gedanken stöbern lassen, während du dich an alles erinnerst, was dir über den Ort auf Grünewehr einfällt, an dem wir uns getroffen haben.«
»Das könnte ich machen.«
»Dabei mußt du deinen Anhänger abnehmen.«
»Was? Oh, den hier?« Er betastete den Phönixstein um seinen Hals und zuckte die Achseln. »Kein Problem.«
»Gut. Komm mit.«
»Augenblick.«
Er nahm seine Trommel und stellte sich neben mich. Ich sah mich in der Wohnung um und überlegte, ob ich sie je wiedersehen würde, dann teleportierten wir uns direkt von dort, weil ich noch immer kein besonders sicheres Gefühl hatte.
Aibynn starrte erstaunt auf das Schwarze Schloß. »Wo sind wir?«
»In der Heimstatt von Morrolan e’Drien, aus dem Haus der Dragon.«
»Schönes Haus.«
»O ja.«
Lady Teldra begrüßte ihn wie einen alten Freund; er grinste von einem Ohr zum anderen. Ich ging wieder in die Bibliothek und stellte ihn vor. Er war freundlich, und entweder wußte er nicht, wer Sethra Lavode war, oder es war ihm egal, ganz zu schweigen von Morrolan und Aliera. Sie behandelten ihn höflich, dann zeigte Lady Teldra ihm sein Zimmer. Ich ging in meins und schlief ungefähr vierzehn Stunden.
Spät am nächsten Morgen sah ich Morrolan in seiner Arbeitsstätte, wo er Noish-pa herumführte. Ich fühlte mich von der Tür angezogen, die zum Turm mit den Fenstern führte. Morrolan bemerkte, wie ich daraufstarrte, fragte aber nicht nach. Statt dessen erwähnte er etwas anderes: »Ich habe einen offiziellen Abgesandten des Hauses Jhereg empfangen.«
»Ach?«
»Man hat mich gebeten, dich auszuliefern.«
»Oh. Machst du es?«
Er grunzte. »Was hast du denen angetan, Vlad?«
»Eigentlich gar nichts. Es geht ihnen eher darum, was sie glauben, das ich tue.«
»Und das wäre?«
»Jemand wichtigen umlegen.«
»Wirst du?«
»Nur, wenn es uns gelingt, von Grünewehr zu verschwinden. Alles der Reihe nach, verstehst du?«
»Natürlich. Was ist mit dem Imperium?«
»Darum kümmere ich mich in ein paar Minuten.«
»Kann ich helfen?«
»Vielleicht. Kannst du ein Treffen mit der Imperatorin arrangieren?«
»Gewiß. Wann?«
»Jetzt.«
Er starrte mich an, und sein Mund bewegte sich einen Moment. Dann konzentrierte er sich und schwieg zwei Minuten lang. Es war interessant, den Inhalt der Unterhaltung an Morrolans Gesichtsausdrücken zu erraten. Er schüttelte zweimal den Kopf, zuckte einmal die Achseln, und einmal verzog er das Gesicht zu einer Grimasse, die ich nicht deuten konnte. Schließlich machte er die Augen auf und sagte: »Sie erwartet dich.«
»Großartig. Kannst du für einen Teleport sorgen?«
»Im Hof.«
»Danke.«
Ich warf einen letzten Blick auf die Tür zum Turm, lächelte Noish-pa zu, der schon in irgendwelcher Arbeit versunken war, und ging den langen Weg nach unten und um die Ecke und wieder rauf und durch die Bibliothek. Ich lächelte Lady Teldra breit an, was sie ein wenig verwirrte, glaube ich, dann ging ich in den Hof, wo einer von Morrolans Zauberern mich respektvoll grüßte und auf den Platz vor den Imperialen Palast sandte, der für jene reserviert ist, die durch Teleportation eintreffen.
Als ich den Palast selbst betrat, hatte mein Magen sich beruhigt, doch ich hatte ihn eh kaum bemerkt, so sehr rasten meine Gedanken. Man führte mich durch Gänge und an Terrassen und unauffälligen Wachposten vorbei und schließlich ins Thronzimmer mit seinem gewaltigen, siebzehnseitigen Dom und den bunten Glasfenstern. Als ich mich näherte, erkannte ich Graf Soffta unter den Höflingen und grinste ihm breit zu. Er zog die Brauen zusammen, aber ansonsten verriet er seinen Gemütszustand nicht.
Mit vor Aufregung hämmerndem Herzen und vor Ideen berstendem Kopf verneigte ich mich vor Ihrer Majestät.
»Ich grüße Euch, Baronet Taltos.«
»Und ich Euch, Euer Majestät. Mögt Ihr spazierengehen?«
Ihre Augen wurden größer, und diesmal hörte ich die Höflinge keuchen. Aber sie sagte: »Wohlan. Kommt mit mir.« Und
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