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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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sie ging hinter den Thron voraus.
    Die Mauern waren immer noch weiß und konturlos, doch diesmal überholte ich die Imperatorin fast in meiner Aufregung. Aus irgendeinem Grund spürte ich nicht mehr diese Ehrfurcht vor ihr, die ich früher hatte; ob das an meinem Geisteszustand oder den Ereignissen der vergangenen Tage oder einer Kombination aus beidem lag, weiß ich nicht.
    Sie fragte: »Seid Ihr hier, um für Eure Frau zu sprechen oder um Eure Imperatorin für ihre Taten gegen die Ostländer zu rügen?«
    »Beides, Euer Majestät.«
    »Und nichts davon berührt mich, Baronet. Es tut mir leid, weil ich Euch ganz ehrlich mag. Aber das Imperium zu bedrohen ist unverzeihlich, was meine Antwort auf beide Gesuche ist.«
    »Euer Majestät, ich habe auf der einen Seite einen Vorschlag und auf der anderen Informationen.«
    Sie sah mich von der Seite an, anscheinend gleichzeitig belustigt und neugierig. »Fahrt fort«, sagte sie.
    »Gestattet mir, Euer Majestät, mit einigen Fragen zu beginnen. Darf ich?«
    »Ihr dürft.«
    »Wißt Ihr, weshalb die Bürger rebellierten?«
    »Gründe gab es viele, Baronet. Die Preßpatrouillen, ein notwendiges Übel zu Zeiten des Krieges. Die Maßnahmen, die berechtigten Maßnahmen gegen die unverantwortliche Gewalt, derer sie sich bedienten. Gewisse bedauernswerte Zustände, in denen sie leben müssen.«
    »Ja«, sagte ich. »Kommen wir auf die unverantwortliche Gewalt. Wären die Massaker – und ich benutze dieses Wort wohlweislich, Euer Majestät, denn es waren welche – wären die Massaker notwendig gewesen, wenn die Bürger sich nicht der, wie Ihr es nanntet, ›unverantwortlichen Gewalt‹ bedient hätten?«
    Sie überlegte. »Wahrscheinlich nicht«, sagte sie dann.
    »Nun, dann nehmen wir an, es waren nicht die Bürger, welche den Wachposten in Süd-Adrilankha zerstört und, wie ich vermute, ähnliche Taten begangen haben, sondern vielmehr ein bestimmter Jhereg, der diese Ostländer unterdrückt wissen wollte.«
    Sie blieb abrupt stehen und starrte mich an. »Habt Ihr dafür Beweise?«
    »Seine eigenen Worte, daß er es getan hat.«
    »Würdet Ihr es beschwören?«
    »Unter dem Gestirn.«
    Sie ging weiter. »Ich verstehe.« Ich ließ ihr noch etwas Zeit zum Nachdenken. Nach einer Weile fragte sie: »Ist Euch bewußt, daß Ihr, wenn Ihr es beschwört, durch das Gesetz gezwungen seid, dies öffentlich zu tun?«
    »Ja.«
    »Also wird die Organisa-, entschuldigt mich – werden Eure Freunde und Euer Haus wissen, daß Ihr diese Person verraten habt?«
    »Ja.«
    »Und Ihr seid gewillt, es auf Euch zu nehmen?«
    »Ja.«
    »Wann?«
    »Wenn wir in das Thronzimmer zurückkehren, Euer Majestät.«
    »Wohlan. Ich muß aber sagen, daß, so sehr es mich auch rührt, und so zornig es mich auch macht, dies Eure Frau nicht aus der Verantwortung entläßt, eine Rebellion angeführt zu haben.«
    »Und hier, Euer Majestät, kommt mein Vorschlag ins Spiel.«
    »Dann laßt ihn mal hören.«
    »Euer Majestät, ich werde persönlich einen Frieden mit Elde und Grünewehr erreichen, der ohne Kosten für das Imperium und ohne Risiko für Euch geschlossen wird, wenn Ihr meine Frau freilassen wollt.«
    Erneut blieb sie stehen und starrte mich an. Dann ging sie weiter. »Was läßt Euch annehmen, Ihr könntet das schaffen?«
    »Ich kann mir vorstellen, was sie wollen und warum sie den Krieg begonnen haben, und ich glaube, ich kann es in Ordnung bringen.«
    »Erzählt.«
    »Nein, Euer Majestät.«
    Wieder dieser Seitenblick, gefolgt von einem tiefen Lachen. »Könnt Ihr sie überzeugen, daß sie es unterläßt, in Süd-Adrilankha Ärger zu machen, ganz zu schweigen von der restlichen Stadt oder dem restlichen Land?«
    »Wahrscheinlich nicht«, sagte ich.
    Sie nickte und biß sich auf die Unterlippe – eine höchst unimperiale Geste. Dann sagte sie: »Na schön, mein Lord Jhereg. Ja, wenn Ihr tun könnt, was Ihr behauptet, werde ich Eure Frau freilassen.«
    »Und ihre Freunde?«
    Sie zuckte die Achseln. »Ich kann kaum eine freilassen und die anderen nicht. Ja, wenn Ihr öffentlich beschwört, unter dem Gestirn, daß die Gewalt zielgerichtet von einem Jhereg verursacht wurde, und wenn Ihr persönlich einen Frieden mit Grünewehr und den Elde-Inseln schließt, der uns nichts kostet, werde ich Eure Frau und ihre Kameraden freilassen.«
    »Gut. Danke, Euer Majestät.«
    Sie blieb ein drittes Mal stehen und berührte meine Schulter. Das Gestirn über ihr wurde weiß. Sie sah, wie ich es anschaute, und sagte: »Was ich

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