Phönix
König.
Buschbraue nahm die Axt, aber gerade als er sich zu mir drehte, bevor sie mich in die richtige Stellung bringen konnten, erschien ein schwaches blaues Leuchten im Raum. Es wurde heller, während wir zusahen.
»Hat zu lange gedauert«, sagte ich.
»Vorbereiten zum Angriff«, sagte der König.
Ich überlegte, ob ich helfen sollte, damit meine Freunde nicht niedergemetzelt wurden, oder ob ich ihnen meine Rettung ausreden sollte. Ich war noch unentschlossen, als Aliera plötzlich da war, Wegfinder blank in der Hand, und ausgerechnet Aibynn, mit der Trommel im Arm, der unschuldig und dümmlich dastand.
»Zum Angriff!« rief der König.
»Wartet!« rief Aliera.
Irgendwie hielt ihre Stimme sie auf, und alle standen sie da, blanke Schwerter in der Luft, die grausame Macht der Großen Waffe um uns herum, und wie sie so dastanden, erblickte ich noch jemanden auf dem Boden, direkt vor Alieras Füßen. Als ich ihn erkannte, gefesselt und geknebelt, mußte ich fast loslachen.
»Was ist das?« rief der König.
»Ich bin Aliera e’Kieron aus dem Haus der Dragon. Ich werde mit Euch sprechen oder Euch hinschlachten. Laßt Ihr mich reden?«
Wäre es ihnen gelungen, alle drei oder wenigstens zwei herzuschicken, wäre die Angelegenheit entschieden gewesen. So aber, wo Aliera keine Zauberei anwenden konnte, konnte es häßlich werden. Falls sie sie angriffen, gäbe es jede Menge Tote, und mir wurde klar, Versprechen hin oder her, daß ich nicht einfach dastehen und sie sie töten lassen konnte. Ein paar Waffen hatte ich noch, und mein Vertrauter war ja auch da. »Loiosh, mach dich bereit. Und Rocza auch. Wenn sie anfangen –«
»Wir sind soweit, Boß.«
Der König stand nun vor seinem erhobenen Thron, und er sah mich an, dann wieder auf den Beinahe-Konflikt und sagte: »Sagt, was Ihr sagen wollt.«
»Ich biete Euch einen Handel«, sagte sie und steckte ihre Waffe ein. »Gebt uns den Mörder, und wir geben Euch den Mann, der ihn angeheuert hat. Was sagt Ihr?«
Der König stand da. »Tatsächlich? Ich hatte gerade gesagt … entfernt seinen Knebel. Ich will hören, was er zu seiner Verteidigung vorzubringen hat.«
Sie richteten ihn auf und gehorchten, und ihr möchtet bestimmt nicht hören, was er mir alles an den Kopf warf. Es war wirklich eine Schande. Mein Gesicht blieb ausdruckslos. Schließlich unterbrach ihn der König und sagte: »Ihr braucht nicht den zu hassen, den Ihr für Übeltaten bezahltet, für deren Ausführung Ihr selbst zu feige wart. Er hat Euren Namen nicht verraten.«
Er richtete sich, so gut er es mit gefesselten Händen und Füßen konnte, auf und sagte: »Ich leugne, irgend etwas mit diesem oder einem anderen Mord zu tun zu haben.«
Der König tippte sich mit den Fingernägeln gegen die Zähne und fragte Aliera: »Woher soll ich wissen, daß dies der Schuldige ist?«
Sie verneigte sich, trat vor und überreichte ihm zwei große gelbe Pergamente, die in ihrem Gürtel ein wenig zerknüllt worden waren. Eines erkannte ich am Pergament als den Vertrag, den der König soeben unterzeichnet hatte. Das andere –
»Es trägt Euer Imperiales Siegel«, sagte er. »Ich erkenne es wieder. Und es ist von Zerika persönlich unterzeichnet.« Er nickte. »Das reicht.« Er wandte sich an Boralinoi. »Weshalb wolltet Ihr den Tod meines Vaters?« wollte er wissen.
»Das wollte ich nicht. Es ist alles Lüge. Ich habe nie –«
»Tötet ihn«, sagte der König.
»Das mache ich«, sagte ich.
»Was?« fragte der König.
»Nun«, sagte ich, »Ihr habt doch gehört, wie er mich beschimpft hat.«
Der König sah mich an, dann lächelte er. »Na schön, tut es. Gebt ihm die Axt.«
Ich wollte laut auflachen, hielt mich aber im Zaum. Ich sagte: »Von Äxten verstehe ich nicht viel. Darf ich ein Messer benutzen?«
Boralinoi brüllte vor Zorn und fing an, wild an den Fesseln zu zerren und mich und jeden anderen in Sichtweite zu verfluchen. Ich wollte wieder lachen. Der König nickte. Ich zog ein Messer aus der Scheide zwischen meinen Schulterblättern, während sie Boralinoi in die Knie zwangen.
»Haltet seinen Kopf fest«, sagte ich, und zwei von ihnen traten dafür vor. Er hörte nicht auf, vor Zorn zu brüllen, bis sie ihm den Mund zuhielten.
Manchmal verspürte ich im Verlauf meines Lebens Bedauern, daß ich jemanden umgebracht habe. Andere Male wiederum nicht. Ich sagte ganz deutlich: »Tut mir leid, Boß, Auftrag ist Auftrag«, und stieß ihm meine Klinge sauber ins linke Auge. Er kreischte, zuckte,
Weitere Kostenlose Bücher