Physiologie der Ehe (German Edition)
weißt doch, wie ich die Musik anbete!
Die Mausefalle mit Schnappschloß
Die Frau: Warum gehst du denn heute abend so früh fort?
Der Mann (geheimnisvoll): Ach – wegen einer sehr unangenehmen Geschichte ... die mir um so schmerzlicher ist, da ich wirklich nicht weiß, wie ich's anfangen soll, sie beizulegen!
Die Frau: Worum handelt sich's denn, Adolphe? Du bist ein Ungeheuer, wenn du mir nicht sagst, was da los ist ...
Der Mann: Meine Liebe, dieser Hitzkopf, der Prosper Magnan hat ein Duell mit Herrn de Fontanges. Wegen einer von der Oper ... Aber was hast du denn?
Die Frau: Nichts ... Es ist sehr heiß hier. Ich weiß wirklich nicht, wovon das kommen kann ... aber schon den ganzen Tag über ... ist mir alle Augenblicke eine Hitze ins Gesicht gestiegen ...
Der Mann (beiseite): Sie liebt Herrn de Fontanges. (Laut): Celestine! (Noch lauter): Celestine! kommen Sie doch! Der gnädigen Frau ist unwohl! ...
Man begreift: der Ehemann, der ein bißchen Geist hat, muß tausend verschiedene Arten ausfindig machen, um diese drei Arten von Mausefallen aufzustellen.
2. Die Korrespondenz
Einen Brief schreiben und ihn in den Postkasten werfen lassen; die Antwort empfangen, lesen und verbrennen – das ist die Korrespondenz in ihrer allereinfachsten Form.
Nun denke man aber einmal darüber nach, welche unermeßlichen Hilfsmittel die Zivilisation, unsere Gebräuche und die Liebe den Frauen an die Hand gegeben haben, um dem spähenden Blick des Ehemannes die materiellen Urkunden eines Briefwechsels zu entziehen.
Der erbarmungslose Briefkasten, der jedem, der da kommt, seinen offenen Mund hinhält, empfängt sein etatmäßiges Futter aus allen Händen.
Es besteht die unglückselige Einrichtung der postlagernden Sendungen.
Ein Liebhaber findet in der Gesellschaft hundert hilfsbereite Personen, männliche wie weibliche, die in Erwartung ähnlichen Gegendienstes das Liebesbriefchen in die verliebte und verständnisinnige Hand seiner schönen Geliebten gleiten lassen.
Der Briefwechsel ist ein Proteus. Es gibt sympathetische Tinten, und ein junger Hagestolz hat uns anvertraut, er habe einen Brief auf das Vorsatzblatt eines neuerschienenen Buches geschrieben, das der Ehemann selber beim Buchhändler bestellte, so daß es sicher in die Hände der Geliebten gelangte, die am Tage vorher von dieser wundervollen List in Kenntnis gesetzt war.
Die verliebte Frau, die die Eifersucht eines Gatten zu fürchten hat, wird Liebesbriefchen während der jenen geheimnisvollen Beschäftigungen gewidmeten Zeit schreiben, während welcher auch der despotischste Ehemann sie in Ruhe lassen muß.
Endlich verstehen alle Liebenden die Kunst, eine ganz eigenartige Telegraphie einzurichten, deren durch alle möglichen Eingebungen des Augenblicks geschaffene Zeichensprache sehr schwer zu verstehen ist. Auf dem Ball eine mit bizarrem Geschmack ins Haar gesteckte Blume; im Schauspiel ein über die Logenbrüstung ausgebreitetes Taschentuch; ein Kratzen an der Nase; eine besondere Farbe des Gürtels; ein Aufsetzen oder Abnehmen des Hutes, das Tragen eines ganz bestimmten Kleides; das Singen einer Romanze in einem Konzert oder das Anschlagen bestimmter Noten auf dem Klavier; das Hinsehen nach einem bestimmten vereinbarten Punkte – alles: von dem Leierkastenmann, der unter deinem Fenster sich aufstellt und fortgeht, wenn ein bestimmter Fensterladen geöffnet wird, bis zu der Zeitungsanzeige eines Pferdeverkaufs, ja sogar bis zu dir selber – alles wird als Korrespondenz dienen.
Wie oft wird schon eine Frau heimtückischerweise ihren Mann gebeten haben, ihr dies oder jenes zu besorgen in dem und dem Laden, in das und das Haus zu gehen – nachdem sie vorher mit ihrem Liebhaber verabredet hat, daß die Anwesenheit ihres Mannes an dem betreffenden Ort ein Ja oder ein Nein bedeuten solle?
Hier muß nun der Professor zu seiner Schande gestehen, daß man zwei Liebende durch kein Mittel verhindern kann, miteinander zu korrespondieren. Aber wenn auch der Ehemann in dieser Hinsicht machtlos dasteht, so geht doch sein Machiavellismus aus dieser Schwierigkeit stärker hervor, als aus irgendeiner andern Zwangslage.
Ein geheiligtes Übereinkommen zwischen den beiden Ehegatten und ein Übereinkommen, das geheiligt bleiben muß, ist ihr gegenseitiger Schwur, die Siegel ihrer Briefe zu respektieren. Der ist ein geschickter Ehemann, der bei der Eheschließung diesen Grundsatz für heilig erklärt und der gewissenhaft daran festzuhalten weiß.
Indem du deiner Frau
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