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Physiologie der Ehe (German Edition)

Physiologie der Ehe (German Edition)

Titel: Physiologie der Ehe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Liebe ... (Ehefrau A. zuckt die Achseln.)
    Ehemann A. (fortfahrend): Da ferner ihre Gewohnheit, Ideenverbindungen herzustellen, ihnen das ganze mechanische Getriebe der Gefühle bloßlegt, so wird für sie die Liebe etwas rein Physisches haben, und bekanntlich glänzen sie nicht gerade durch ...
    Ehefrau B. (beißt sich auf die Lippen und unterbricht ihn): Mir scheint, mein Herr, in diesem Prozeß sind wir Frauen allein Richterinnen. Aber ich kann's begreifen, daß Weltmänner von Schriftstellern nicht viel wissen wollen! Gehen Sie mir doch! Sie können sie leichter kritisieren, als es ihnen gleichtun!
    Ehemann A. (verächtlich): O Madame – wir Männer von Welt können die Schriftsteller unserer Zeit wohl angreifen, ohne daß man uns Neid vorzuwerfen braucht! Es gibt so manchen Salonmenschen, der, wenn er schriebe ...
    Ehefrau B. (voll Wärme): Zum Unglück für Sie, mein Herr, haben einige Ihrer Freunde von der Kammer Romane geschrieben ... Haben Sie sie lesen können? Nein, wahrhaftig – heutzutage müssen für die geringste literarische Arbeit historische Studien gemacht werden, muß ...
    Ehemann B. (antwortet seiner Nachbarin, mit der er im Gespräch war, nicht mehr und sagt für sich): Oho! sollte meine Frau etwa Herrn de L. lieben? (Dies ist der Verfasser der ›Mädchenträume‹). Das ist ja sonderbar! Ich glaubte, es sei der Doktor M. Da wollen wir doch mal sehen! (Laut): Wissen Sie auch, meine Liebe, daß Sie mit dem, was Sie da eben sagen, vollkommen recht haben? (Man lacht.) Wahrhaftig, ich will in meinem Salon viel lieber Künstler und Schriftsteller empfangen ... (beiseite: wenn wir überhaupt mal jemanden empfangen!) ..., als Leute von andern Berufen! Die Künstler sprechen doch wenigstens von Dingen, die dem allgemeinen Verständnis zugänglich sind; denn wer glaubt nicht von sich selber, daß er Geschmack besitze? Aber die Richter, die Advokaten und besonders die Ärzte ...! Ah! ich gestehe, wenn man sie so fortwährend von Prozessen und Krankheiten sprechen hört, also gerade von jenen beiden Gebrechen der Menschheit, die ...
    Ehefrau B. (unterbricht ihr Gespräch mit ihrer Nachbarin, um ihrem Mann zu antworten): Ach ja, die Ärzte sind unausstehlich! ...
    Ehefrau A. (Nachbarin des Ehemanns B., ruft gleichzeitig): Aber was sagen Sie denn da, Herr Nachbar? Da sind Sie in einem ganz merkwürdigen Irrtum befangen! Heutzutage will niemand mehr nach dem aussehen, was er ist: die Ärzte – da Sie gerade von Ärzten sprechen –, die Ärzte geben sich stets die größte Mühe, niemals ein Wörtchen über ihren Beruf in die Unterhaltung einfließen zu lassen! Sie sprechen über Politik, Theater, neueste Moden, erzählen Geschichten, schreiben bessere Bücher als die Berufsschriftsteller selbst, und es ist ein ganz gewaltiger Abstand zwischen einem Arzt von heute und den Ärzten aus Molières Komödien.
    Ehemann A. (beiseite): Ei potztausend! Meine Frau sollte den Doktor M. lieben? Das ist sonderbar! (Laut): Das kann wohl sein, meine Liebe; aber ich würde einem schriftstellernden Arzt nicht mal meinen Hund zur Behandlung anvertrauen.
    Ehefrau A. (unterbricht ihren Mann): Das ist ungerecht; ich kenne Leute, die fünf oder sechs Ämter bekleiden, und in die die Regierung ein recht großes Vertrauen zu setzen scheint. Übrigens ist es ja recht komisch, daß Sie so etwas sagen, Herr A.! Sie halten ja doch die größten Stücke auf den Doktor M.
    Ehemann A.: Kein Zweifel mehr!
Die unschuldig aussehende Mausefalle
    Ein Ehemann (nach Hause kommend): Meine Liebe, wir sind bei Madame de Fischtaminel zu ihrem Konzert auf nächsten Dienstag eingeladen. Ich gedachte hinzugehen, weil der junge Neffe des Ministers dort singen sollte und ich gerne mit ihm sprechen wollte; aber er ist nach Frouville zu seiner Tante gereist. Was gedenkst du nun zu tun?
    Die Frau: Aber in diesen Konzerten langweile ich mich zu Tode! Da sitzt man ganze Stunden lang wie angenagelt auf einem Stuhl und darf kein Wort sagen ... Außerdem weißt du ja doch, daß wir Dienstags bei meiner Mutter speisen und daß wir unmöglich es verabsäumen dürfen, ihr zu ihrem Namenstag Glück zu wünschen.
    Der Mann (nachlässig): Ach so! Ja, da hast du recht.
    (Drei Tage später.)
    Der Mann (beim Zubettegehen): Weißt du was, mein Engel? Morgen werde ich dich bei deiner Mutter allein lassen, denn der Graf ist von Frouville zurückgekehrt und wird nun doch bei Madame de Fischtaminel sein.
    Die Frau (lebhaft): Aber warum willst du denn allein hingehen? Du

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