Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Physiologie der Ehe (German Edition)

Physiologie der Ehe (German Edition)

Titel: Physiologie der Ehe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
Vom Netzwerk:
Diese Mittel werden uns die Kapitel ›Über die Polizei‹, ›Die Kunst des Nachhausekommens‹, und ›Die Peripetien‹ enthüllen.

Über die Polizei
    Die Ehepolizei umfaßt alle Mittel, die die Gesetze, die Sitten, die Stärke und die List dir an die Hand geben, um deine Frau an den drei Handlungen zu verhindern, die gewissermaßen das Leben der Liebe ausmachen: sich schreiben, sich sehen, sich sprechen.
    Die Polizei wird in höherem oder geringerem Grade mit mehreren der in den vorhergehenden Betrachtungen aufgeführten Mittel zusammen angewandt. Nur der Instinkt kann anzeigen, in welchen Verhältnissen und bei welchen Gelegenheiten diese verschiedenen Elemente benutzt werden dürfen. Das ganze System hat etwas Dehnbares: ein gewandter Ehemann wird leicht erraten, wie man es abändern, ausdehnen, einschränken muß. Mit Hilfe der Polizei kann ein Mann seine Frau bis zum vierzigsten Jahr rein und makellos erhalten.
    Wir wollen diese Abhandlung über die Polizei in fünf Paragraphen teilen.
Die Mausefallen,
Die Korrespondenz,
Die Spione,
Der Index,
Die Haushaltungskosten.
1. Die Mausefallen
    Obwohl wir annehmen können, daß unser Ehemann in einer sehr ernsten und kritischen Lage sich befindet, wollen wir doch nicht annehmen, daß der Liebhaber im ehelichen Burgfrieden völliges Bürgerrecht erlangt hat. Gar viele Ehemänner vermuten oft, daß ihre Frauen einen Liebhaber haben, sie wissen aber nicht, auf wen von den vier oder fünf Auserwählten, von denen wir vorhin sprachen, sie einen bestimmten Verdacht lenken sollen. Dieses Schwanken hat ohne Zweifel seinen Grund in einer moralischen Unvollkommenheit, der der Professor zu Hilfe kommen muß.
    Fouché verfügte in Paris über mehrere Häuser, die von Leuten in den höchsten und vornehmsten Stellungen besucht wurden; die Besitzerinnen dieser Häuser waren ihm ergeben. Diese Ergebenheit kostete dem Staat recht hübsche runde Summen. Der Minister nannte diese Gesellschaften, gegen die damals kein Mensch auch nur das geringste Mißtrauen hatte, seine ›Mausefallen‹. Mehr als eine Person wurde unmittelbar nach dem Verlassen eines Balles verhaftet, bei welchem die glänzendste Gesellschaft von Paris den Helfershelfer des ehemaligen Oratorianers gemacht hatte.
    Die Kunst, als Köder einige Stückchen gebratener Nuß darzubieten, damit die Frau ihre weiße Hand in die Falle stecke, ist sehr eng umschrieben; denn eine Frau ist ganz gewiß stets auf ihrer Hut; trotzdem zählen wir mindestens drei Arten von Mausefallen: die unwiderstehliche, die unschuldig aussehende und die Mausefalle mit Schnappschloß.
Die unwiderstehliche Mausefalle
    Gegeben seien zwei Ehemänner, die wir A. und B. nennen wollen; wir nehmen an, sie wollen herausbringen, wer die Liebhaber ihrer Frauen sind. Wir setzen den Ehemann A. auf den Mittelplatz an einen Tisch, der mit den schönsten Fruchtpyramiden, mit Kristallgeschirr, mit Zuckerwerk, mit Likören besetzt ist. Ehemann B. möge an irgendeinem Punkte dieses glänzenden Kreises sich befinden, je nach dem Belieben des Lesers. Es ist Champagner herumgereicht worden, alle Augen glänzen, und alle Zungen sind in Bewegung.
    Ehemann A. (eine Kastanie schälend): Na, ich für mein Teil, ich bewundere die Schriftsteller, aber nur von fern; ich finde sie unerträglich; bei einem Gespräch sind sie Despoten; ich weiß nicht, ob ihre Fehler mehr verletzen oder ihre guten Eigenschaften, denn es scheint wirklich, daß die geistige Überlegenheit nur dazu dient, ihre Mängel und ihre Vorzüge mehr hervortreten zu lassen. Kurz ... (er schluckt seine Kastanie hinunter) ... geniale Menschen sind meinetwegen Elixiere, aber man muß vorsichtig damit umgehen.
    Ehefrau B. (die aufmerksam zugehört hatte): Aber, Herr A., Sie sind recht anspruchsvoll! (Sie lächelt boshaft.) Mir scheint, die Dummköpfe haben ebensoviel Fehler wie talentvolle Leute, nur mit dem Unterschied, daß sie es nicht verstehen, sie sich verzeihen zu lassen!
    Ehemann A. (gereizt): Sie werden aber doch wenigstens zugeben, Madame, daß diese Leute durchaus nicht liebenswürdig gegen Sie sind.
    Ehefrau B. (lebhaft): Wer hat Ihnen das gesagt?
    Ehemann A. (lächelnd): Drücken sie Sie nicht in jedem Augenblick mit ihrer Überlegenheit zu Boden? Die Eitelkeit ist so sehr die alles beherrschende Eigenschaft ihrer Seelen, daß sie Sie nichts werden sagen lassen, was nicht einfach eine Wiederholung ihrer Worte ist.
    Die Dame des Hauses (beiseite zur Ehefrau A.): Das hast du wirklich verdient, meine

Weitere Kostenlose Bücher