Physiologie der Ehe (German Edition)
also nichts ein, sondern wartete. Von der ersten Poststation fuhren wir sofort weiter, nachdem mit Blitzesschnelligkeit die Pferde gewechselt waren. Die Geschichte wurde ernst. Ich fragte dringend, wohin mich dieser Scherz führen würde.
»Wohin?« sagte sie lachend. »An den schönsten Ort der Welt; aber raten Sie nur! Oder zerbrechen Sie sich lieber nicht den Kopf, denn Sie würden es doch niemals erraten. Ich führe Sie zu meinem Mann. Kennen Sie ihn?«
»Keine Ahnung!«
»Ah! um so besser – ich fürchtete schon das Gegenteil. Aber ich hoffe, Sie werden mit ihm zufrieden sein. Man ist dabei, uns miteinander auszusöhnen. Seit sechs Monaten spielen schon die Verhandlungen darüber; und seit einem Monat schreiben wir uns wieder. Es ist, meine ich, recht freundlich von mir, daß ich den Herrn aufsuche!«
»Zugegeben. Aber ich? Was soll denn ich da machen? Was kann ich bei einer solchen Aussöhnung tun?«
»Oh! Das ist meine Sache! Sie sind jung, liebenswürdig und nicht abgelebt; Sie sind mir gerade recht, und Sie werden mich vor der Langeweile des Zusammenseins unter vier Augen bewahren!«
»Aber daß man gerade den Tag oder die Nacht einer Aussöhnung wählt, um Bekanntschaft zu schließen, das kommt mir doch recht sonderbar vor – bedenken Sie die Verlegenheit eines ersten Zusammenseins, und dann: was für eine Figur werden wir alle drei machen? In alledem sehe ich nicht viel Amüsantes!«
»Ich habe Sie mitgenommen, um mich zu amüsieren!« sagte sie mit ziemlich gebieterischer Miene. »Also halten Sie keine Predigten!«
Da ich sie in so entschlossener Stimmung sah, so fügte ich mich in die Umstände. Ich lachte über die Rolle, die ich spielte, und wir wurden sehr lustig. Wir hatten abermals die Pferde gewechselt. Die geheimnisvolle Silberfackel der Nacht beleuchtete einen Himmel von außerordentlicher Reinheit und verbreitete ein wollüstiges Halbdunkel. Wir näherten uns dem Ort, wo unser Tete-a-tete ein Ende nehmen mußte. Ab und zu ließ sie mich die Schönheit der Landschaft, die Stille der Nacht, das durchdringende Schweigen der Natur bewundern. Um zusammen bewundern zu können, beugten wir uns natürlich aus demselben Wagenfenster heraus, und unsere Wangen streiften sich. Als es unvermutet einen Stoß gab, drückte sie mir die Hand, und infolge eines Zufalles, der mir recht merkwürdig vorkam – denn der Stein, an den unser Wagen anstieß, war nicht sehr groß – lag plötzlich Frau von T. in meinen Armen. Ich weiß nicht, was wir eigentlich zu sehen suchten; so viel ist aber gewiß, daß trotz dem klaren Mondenschein die Gegenstände vor meinen Augen zu verschwimmen begannen, als sie sich plötzlich mit einem Ruck von mir losmachte und sich in den Hintergrund des Wagens zurückwarf.
»Gehen etwa«, sagte sie, nachdem sie eine Zeitlang in recht tiefem Träumen verbracht hatte, »Ihre Absichten dahin, mich von der Unvorsichtigkeit meines Schrittes zu überzeugen? Denken Sie sich meine Verlegenheit!«
»Absichten?« antwortete ich; »auf Sie? Das wäre eine schöne Narrheit! So etwas würden Sie ja schon aus weitester Ferne merken! Aber eine Überraschung, ein Zufall – dergleichen läßt sich wohl verzeihen.«
»Darauf haben Sie wohl gerechnet, wie mir scheint?«
Über diesem Gespräch merkten wir gar nicht, daß wir in den Schloßhof einfuhren. Alles war hell erleuchtet und sprach von Lust und Freude, nur nicht das Gesicht des Schloßherrn, das sich bei meinem Anblick augenscheinlich gegen jeden Ausdruck von Freude sträubte. Herr von T. erschien am Wagenschlag, indem er eine zweideutige Zärtlichkeit bekundete, die durch das Bedürfnis nach Aussöhnung geboten war. Ich erfuhr später, daß diese Wiederherstellung der Einigkeit aus Familienrücksichten dringend notwendig war. Ich werde vorgestellt – er macht mir eine leichte Verbeugung. Er bietet seiner Frau den Arm, und ich folge dem Ehepaar, indem ich träumerisch an die Rolle denke, die ich gespielt habe, spiele und spielen werde. Ich durchschritt Gemächer, die mit auserlesenem Geschmack eingerichtet waren. Der Schloßherr hatte in den feinsten Luxus noch ein besonderes Raffinement gelegt, um durch eine Umgebung, die die Sinne kitzelte, seinen abgenutzten Körper wieder zu beleben. Da ich nicht wußte, was ich sonst sagen sollte, griff ich zu dem Aushilfsmittel lauter Bewunderung. Die Göttin des Tempels, die mit größter Gewandtheit mir alle Schätze desselben zeigte, empfing meine Komplimente.
»Was Sie hier sehen,« sagte
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