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Picasso kann jeder

Picasso kann jeder

Titel: Picasso kann jeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schuster
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danach – dann sind die Gedanken noch ganz unverbogen von den Denkverboten der Experten. Nachdem man im Physikunterricht lange viel über den Urknall gelernt hat, kommt man schon fast nicht mehr auf den trivialsten Gedanken, der da lautet: Was war eigentlich davor? Das verrät die Urknalltheorie nämlich nicht (vgl. Lem 1984; s. o.). Vielleicht ist die Idee vom Anfang durch einen Urknall für viele so plausibel, weil sie in ihrem geschichtslosen Beginn der christlichen Auffassung von der Erschaffung der Welt ähnelt.
    Es kann auch gar nichts schaden, sich mit Menschen zu unterhalten, die wenig oder gar nichts von der Sache verstehen. Welche Einfälle haben sie dazu?
    Andererseits: Wenn man ein neues Medikament entwickeln will, muss man viel über Pharma-Chemie wissen. Ein Laie kann dazu gar nichts beitragen. Bei vielen Erfindungen und Entdeckungen ist es gerade der unbändige Wissensdrang, der später eine Integration von brauchbaren Wissenselementen ermöglicht. Man kann auch nur dann entscheiden, ob eine Idee sinnvoll ist, wenn man allerlei über den Gegenstandsbereich weiß.
    Was das Wissen betrifft, ist also eine doppelte Strategie sinnvoll. So viel wie möglich über einen Gegenstand zu wissen ist wichtig. Erste Vermutungen, erste Hypothesen, wie eine Innovation aussehen könnte, sollten aber schon ganz früh im Prozess des Wissenserwerbs aufgestellt werden.
    Wir finden neben Dilettanten und fachfremden Personen auch den Musterschüler, der das gesamte Wissen seines Fachgebiets begierig aufsaugt und der später zu bedeutenden Erfindungen gelangt. So ein Musterschüler war Rudolf Diesel, der Erfinder des Dieselmotors. Er machte seinerzeit das beste Ingenieurexamen seiner Hochschule. Nur weil er wegen seiner guten Leistungen Stipendien bekam, konnte er überhaupt studieren.
    Aber: Es ist nicht unbedingt der Musterschüler, der auf eine gute Idee kommt.
Die Idee beschützen
    Einen guten Einfall kann man durch vorschnelle kritische Gedanken leicht abwürgen. Manche Menschen, die besonders selbstkritisch sind, geraten verstärkt in diese Gefahr. Daher muss man sich angewöhnen, einen Einfall einfach zunächst mal bestehen zu lassen, ihn ein wenig hin und her zu wenden und weiterzuspinnen. Natürlich ist später zu überprüfen, ob sich der Einfall realisieren lässt und was daran noch zu kritisieren ist. Wenn man das aber alles gleichzeitig macht, hat der Einfall gar keine Chance, sich in Ruhe zu entwickeln. Walt Disney (1901 – 1966) (nach Reitberger 1979) hat zu diesem Zweck die Technik entwickelt, die Rollen des Fantasten, Erfinders, des realistischen Machers und des Kritikers getrennt einzunehmen. Man kann das tun, indem man sich für jede Rolle jeweils auf einen anderen Stuhl setzt, in verschiedenen Räumen aufhält oder indem man die Rollen einfach im Kopf trennt. Nehmen Sie sich für die Rollen ein Vorbild oder versetzen Sie sich in die Zeit Ihres Lebens zurück, als Sie selber diese Rolle in ganz besonderem Maße ausgeübt haben.
Für den Erfinder eignen sich die Vorbilder »Daniel Düsentrieb«, Pablo Picasso, Albert Einstein, Friedrich Merz (Steuern auf dem Bierdeckel erklären), geisteskranke Künstler, Goethe (Farbenlehre), Stanislav Lem und Douglas Adams (der erwähnte Science-Fiction-Autor).
Für den realistischen Macher eignen sich Menschen wie die Gebrüder Daimler, der Manager Hartmut Mehdorn, Ex-Kanzler Schröder.
Für den Kritiker eignen sich Menschen wie Marcel Reich-Ranicki, ein Ihnen bekannter Lehrer oder Günter Grass (als Moralist).

    Stimmen Sie sich in die Rollen ein. Zuerst ist natürlich der Spinner dran. Lassen Sie auch ganz verrückte Ideen zu. Es ist gut, diese Rolle eine Weile beizubehalten und so viele Ideen wie möglich zu suchen. Erst kommen einem immer die üblichen und die weniger originellen Assoziationen in den Sinn, und erst wenn sie abgearbeitet sind, können auch die weniger »festen« Assoziationen an die Oberfläche kommen.
    Dann nehmen Sie die Rolle des Tatmenschen ein: Wie könnte man die Idee realisieren? Und schließlich ist der Kritiker an der Reihe: Was würde ein missgelaunter und übelwollender Kritiker an der Idee und den Möglichkeiten, sie umzusetzen, kritisieren?
    In Bezug auf die Kritik an einer neuen Idee gibt es eine merkwürdige Schwierigkeit: die »Intelligenzfalle«. Je intelligenter man argumentiert, desto leichter kann man das Urteil: »Das geht auf keinen Fall« begründen. Was wurde schon alles für unmöglich erklärt: das schnelle Fahren mit der

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